Das Hausbuch der Legenden
nur seine Gegner vertreten waren. Er verlangte eine allgemeine Synode und erschien auch nicht, als man ihn viermal gerufen hatte. Darauf verbannten sie ihn. Das Volk murrte gegen diese Entscheidung, einige riefen zum offenen Aufstand, alle forderten, daß die Sache vor ein großes Konzil gebracht werden müsse. Da ließ der Kaiser den Patriarchen heimlich in die Verbannung bringen. Einer seiner Gegner schmähte ihn von der Kanzel, da erschütterte ein Erdbeben die Stadt, und das Volk stand auf und verlangte seinen Bischof zurück. Die Kaiserin und der Kaiser ließen ihn rufen. Aber er kam nicht. Seine Gemeinde schickte ihm Boten über Boten.
Aber er weigerte sich, zurückzukommen und verlangte, daß seine Sache zuvor von einer allgemeinen Synode entschieden werde, daß der Bannspruch zurückgenommen und die
Wiedereinsetzung von allen gebilligt werden müsse. Da holten ihn die Leute mit Gewalt zurück, setzten ihn wieder auf seinen bischöflichen Stuhl und zwangen ihn, zu predigen. Theophilus aber floh nach Kleinasien.
Lange Zeit konnte Johannes jetzt in Ruhe arbeiten. Da wurde eines Tages auf dem Platz neben der großen Sophienkirche ein Standbild der Kaiserin Eudoxia errichtet und mit lauten und prächtigen öffentlichen Spielen der Ritter und der Edlen eingeweiht. Johannes erklärte, daß dadurch der Friede der Kirche gestört worden sei, und wetterte in einer scharfen Predigt gegen die Veranstalter. Das kränkte die Kaiserin, und sie betrieb die Einberufung einer zweiten Synode gegen Johannes. Der Patriarch aber rief von der Kanzel: »Wieder tobt und wütet eine Herodias, zum andernmal will sie das Haupt des Johannes auf der Schüssel sehen.« Der Zorn der Kaiserin war nach dieser Predigt nicht geringer. Zwei Mordanschläge scheiterten. Das Volk bewachte daraufhin das Haus des Patriarchen Tag und Nacht. Wieder war die Synode aus Gegnern zusammengesetzt. Trotzdem konnte sie ihm nichts anderes vorwerfen, als, daß er nach seiner Absetzung ohne einen Beschluß der Synode zurückgekommen war. Der Kaiser ließ den erneut Verbannten aus der Stadt treiben und in einen kleinen Ort am Schwarzen Meer am äußersten Ende des
Römischen Reiches bringen. Kaum hatte der Patriarch seine Kirche verlassen, brach unter dem bischöflichen Stuhl Feuer aus, das schnell um sich griff und den bischöflichen Palast und die Kirche mit allen Nebengebäuden vernichtete.
Wunderbarerweise schlugen die von einem heftigen Ostwind getriebenen Flammen einen großen Bogen, übersprangen Häuser, die unmittelbar neben der Kirche lagen und ergriffen den herrlichen Palast des Senats, der in drei Stunden völlig zerstört wurde. Nur die Sakristei mit den kostbarsten heiligen Gefäßen wurde verschont, um den Verleumdern des Heiligen jeden Vorwand für ihre Lügen zu nehmen. Sie hatten nämlich behauptet, Johannes habe sich die heiligen Gefäße angeeignet, um sie zu verkaufen. Papst Innozenz verbot dem Episkopat in Konstantinopel, einen neuen Patriarchen zu wählen. Er wollte ein Konzil einberufen und dieses über Johannes entscheiden lassen. Den Bischof aber rief er zu sich. Johannes starb auf dem Weg, denn er war den Anstrengungen in der mitleidlosen Sonne nicht gewachsen. Als er verschied, ging über
Konstantinopel ein schweres Hagelwetter nieder, und alle sagten, das sei Gottes Zorn. Die Kaiserin Eudoxia starb vierzehn Tage nach dem Hagel. Sie büßte schwer für die Verfolgungen und für die Leiden, denen sie den heiligen Chrysostomus und seine Anhänger ausgesetzt hatte. Als die Zeit ihrer Entbindung gekommen war, konnte sie nicht gebären. Auch die übrigen Feinde des heiligen Patriarchen traf die rächende Hand Gottes. Sie, die den Arzt der Seelen vertrieben hatten, mußten nun in ihrer körperlichen Not den Ärzten übergeben werden. Ihre Schmerzen wurden durch die gewöhnlichen Mittel nur vermehrt. Keine Arznei vermochte sie zu heilen; denn wer kann den heilen, den Gott bestraft hat?
Erst unter Theodosius, dem frommen Sohn des Kaisers
Arcadius, wurden die Überreste des heiligen Chrysostomus nach Konstantinopel gebracht. Das Volk zog ihnen mit Kerzen und Lampen entgegen und holte sie feierlich ein in die Stadt.
Ambrosius, der singende Bischof
ABROSIUS WAR der erste lateinische Kirchenvater, der in einer christlichen Familie aufwuchs, der erste Bischof, der am kaiserlichen Hof in Mailand eine entscheidende Rolle spielte, und der Prediger, dem Augustinus seine endgültige Bekehrung verdankt. Sein Vater war kaiserlicher Präfekt in
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