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Das Heerlager der Heiligen

Das Heerlager der Heiligen

Titel: Das Heerlager der Heiligen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Raspail
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Vergangenheit war der Faden gerissen. Alles hat ein Ende und alles einen Anfang. Er lief wie ein Verrückter, als ob er von zwanzig vollendeten Jahrhunderten verfolgt werden würde und fürchten mußte, daß sie ihn einholen würden. Die Straße ging zum Meer hinunter. Bei den ersten Villen an der Küste hielt er erschöpft. Gleich darauf war er von einer Schar junger Leute umgeben, die ihn mit spöttischen Augen betrachtete. Etliche verzogen die Nase wie ein Hund, der einen neuen Geruch wittert. Sie gehörten zu einer Theatergruppe. Statt mit klassischen Worten, drückten sie ihre Verwunderung nur noch banal aus. »So wie du, hübscher Mönch, angezogen bist«, sagte ein dunkelbraunes Mädchen mit langen über den Rücken hängenden Haaren und mit Schatten um die Augen, die ihn verschlangen, »hast du sicher einen alten Rosenkranz mit groben Holzperlen.« Er hatte einen bei sich und zeigte ihn mechanisch. »Pfundig!« sagte das Mädchen. Sie nahm ihn als Halsband an sich. Ein großer junger Mann kam lächelnd aus der Menge herbei.
    »Panama«, sagte ein Junge, »hast du gesehen, was wir erleben? Ein Pfarrer.«
    »Verdammt noch mal!« sagte Panama Ranger. »Das fehlt uns gerade noch! Sie sind nicht in Uniform. Sind Sie ein richtiger Priester? Halten Sie keinen Beischlaf zwischen zwei Messen? Was wollen Sie hier?«
    »Was Sie auch tun«, antwortete Dom Pinet. »Ich warte auf die, welche hier landen. Nicht weit von hier, wo ich herkomme, liegt eine große leere Abtei mit riesigen Feldern ringsum. Ich werde die Ausgehungerten dorthin führen.«
    Man jubelte ihm zu. Aber diese Freude schien ihn traurig zu stimmen. Das braune Mädchen nahm ihn an der Hand und sagte: »Ich weiß genau, mein Mönch, was dir fehlt. Du bist noch nicht zu alt und mit deinen dunklen Augen hübsch. Alle meine Halsketten sind Rosenkränze. Wenn ich mich hingebe, sind wir zu dritt und der Junge kann das Kreuz zwischen meinen Brüsten küssen. Ich heiße Lydia und liebe alle Pfarrer. Wir haben nicht mehr viel Zeit. Komm, lieb mich. Du hast es verdient.«
    Die Meute machte den Weg für die beiden frei, und alle lachten freundlich und brüderlich. »Vielleicht ist das nötig«, dachte Dom Pinet. »Alles hat ein Ende und einen Anfang.« Lydia drückte zärtlich seine Hand. Es lag eigentlich in allem nichts Gemeines. Dennoch fand er auf dieses Lächeln keine Antwort. Seine Lippen erstarrten. Es kam keine Freude und keine Erregung in ihm auf.
    »Was ist los, Pfarrer?« fragte Panama Ranger. »Du bist so unruhig? Wir sind deine Kumpels. Wir lassen dich in Ruhe. Wenn du noch unschuldig bist, mache dir nichts daraus. Lydia bringt dir‘s bei. Stört dich deine Kutte? Hänge das Geschäft an den Nagel, Pfarrer! Sobald der Tag anbricht, hat diese Kutte keinen Wert mehr.«
    Dom Pinet wurde rot.
    »Das ist es nicht«, sagte er mühsam… »Aber in wenigen Minuten kommt ein Dutzend alter Mönche mit dem heiligen Sakrament. Der an der Spitze trägt eine Bischofsmütze.«
    »Was wollen Sie hier?«
    »Sie sagen, die Hostie wird die Landung verhindern.«
    Die Jungen und Mädchen brachen in ein schallendes Gelächter aus. Dieser Gedanke belustigte sie ungemein.
    »Hört auf, wie Blödel zu lachen«, sagte Panama Ranger. »Diese Geschichte ist hübsch. Da braucht man sich nicht schief zu lachen. Und du, Pfarrer glaubst du daran?«
    »Nein.«
    »Und jene? Glauben sie daran?«
    »Auch nicht.«
    »Jetzt verstehe ich nichts mehr«, sagte Panama Ranger, »aber wenn niemand daran glaubt, so lasse sie laufen und kümmere dich um Lydia. Wir haben nichts mit der Sache zu tun. Was drückt dich noch?«
    »Man muß sie festhalten. Sie dürfen nicht zum Strand.«
    »Jetzt glaube ich, habe ich verstanden«, sagte Panama Ranger. »Du bist nicht immun. Du hast getan, was du tun konntest. Aber es ist fast ein wenig zu spät für dich. Wir werden dir helfen, Du willst, daß ich den Weg derer, die dein Gewissen belasten, sperre. Gut! Es wird geschehen. Deine alten Trottel werden nicht durchkommen. Hau jetzt ab. Ins Bett, Pfarrer! Wenn du zurechtkommst, so wirst du sehen, daß die Hindus und dein Sperma zur gleichen Zeit in Bewegung geraten werden. Heute ist der Tag deiner Geburt. Ich sehe dich schon mit Lydia und einem Haufen Typen vom Ganges in der Abtei. Wir werden dir Jungs schicken, die dir helfen werden …«
    Vom nahen Ufer hörte man eine harte metallische Stimme durch ein Megaphon rufen:
    »Ihr geht mir auf die Nerven!«
    »Das ist Dragasès«, sagte Panama Ranger. »Möge er

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