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Das Heerlager der Heiligen

Das Heerlager der Heiligen

Titel: Das Heerlager der Heiligen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Raspail
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ihrer Anhängerschaft verlassen, dahinvegetiert, weil diese schamlos mit allen Schichten der Gesellschaft zusammenarbeitet.
    Politisch gesehen vermengte Dio alles miteinander und wirbelte seine Verleger mit Utopien hoch. Da war er unschlagbar und besonders gefährlich. Das war der Blütensumpf bei der Oberschicht der zeitgenössischen französischen Gesellschaft. Hier streute er überall Samen aus. Auf besonders geniale Weise machte er die noch gesunden Räume ausfindig und stopfte sie mit mörderischem Sprengmaterial voll, das massenhaft aus seinem Denken floß.
    Herr Jean Orelle las ihn übrigens jede Woche gläubig und ruhte sich dabei mit seiner alternden Einbildungskraft wie in einer Zufluchtsstätte aus. Den ihm nahe Stehenden gestand er, »daß der kleine Dio mit seinen Nerven, seiner Dreistigkeit, seinen neuen Ideen und als vielseitig besorgter Mensch« ihn oft an den alten Kampfgefährten erinnerte. Indessen war doch dieser kleine Dio nur ein düsteres, abstoßendes Tier. Mit seiner Feder griff er alles an. Besonders lehnte er sich ständig gegen den westlichen Menschen und den nationalen Franzosen auf. Diese Ablehnung sah er in einer Art Jeanne d‘Arc im gegensätzlichen Sinn verkörpert, die von König Dio mit dem stets aktuellen Auftrag betraut war, den mit Schande und Gewissensbissen beladenen kleinen Infanteristen des Westens, den Macher aller Schlachten zu vernichten, der zwar von seinen Generalen im Stich gelassen wurde, zahlenmäßig aber immer noch stark ist. Diese Anti-Jeanne d‘Arc-Figur war im Zug der Leitartikel bald ein verachteter arabischer Arbeiter, bald ein verfolgter Verleger von Schundliteratur, ein ausgebeuteter schwarzer Maurer, ein zensierter Regisseur, eine rote heilige Jungfrau aus dem Elendsviertel, ein verprügelter Einbrecher, ein ermordeter Kneipentyrann, ein Studententerrorist, eine pillenschluckende Schülerin, ein verdienter Direktor eines Kulturhauses, ein Marihuanaprophet, der Staatsanwalt eines Volksgerichtshofs, ein verheirateter Pfarrer, ein fünfzehnjähriger Beischläfer, ein blutschänderischer Schriftsteller, ein Popmagier, ein nicht mehr liebesfähiges Weib, ein geprellter Ägypter, ein eingesperrter Grieche, ein erschossener Spanier, ein niedergeschlagener Journalist, ein unbekannter Kacker von einem Soldaten, ein Neurotiker im Hungerstreik, ein Deserteur, ein Bandenführer, ein durch Pornobilder erkrankter Lüstling, ein aus gutem Grund Eingesperrter, ein durch erbliche Belastung oder durch soziale Verhältnisse rückfällig gewordener Täter, einer, der Kinder mißhandelt und nach Menschenwürde schreit, eine Brasilianerin, die in die Salons von Sao Paulo verkauft wurde, ein Inder, der an den Masern eines Touristen starb, ein Mörder, der Mustergefängnisse fordert, ein Bischof, der marxistische Hirtenbriefe verbreitet, ein von der Geschwindigkeit des Fahrzeugs begeisterter Autodieb, ein vom Reklameluxus begeisterter Bankräuber, einer der, von der sexuellen Freiheit angefeuert, Mädchen entjungfert, ein verhungerter Bengali und viele andere. Sie sind alle Kreuzzugshelden und manchmal geschickt ausgewählt. Vieles gefiel und überzeugte und warum nicht? Ein offenes Herz ist nicht mehr als eine Karawanserei, und die Freiheit ist nicht teilbar. Dio wußte nur zu genau, daß mit Hilfe dieser falsches Mitleid und abartige Zuneigung erregenden Methode, die als Rammbär diente, früher oder später die Tore aufbrechen würden. Die auf der Grundlage der Instinkte und der antisozialen Konzessionen verbreitete Freiheit ist eine tote Freiheit. Auf ihrer Leiche verwandeln sich alle Dios aus klebrigen Raupen in schwarze Schmetterlinge, die Erzengel einer Gegenwelt.
    Hallo! Hallo! Hört den Lärm des Rammbärs am Südtor!
    In den Pressesaal des Elyséepalastes, mitten unter die fünfhundert Journalisten, die vom Wort mehr begeistert waren als von der Wahrheit, drang jetzt der letzte Stoß des Rammbärs: das Wort vom hungrigen Passagier der tragischen Flotte. Die Frage war sehr geschickt gestellt, wie eine zweitrangige Frage, die das Problem nicht unmittelbar ansprach und die ängstlichen Gemüter nicht erschreckte, aber dann, scheinbar nebenbei, den empfindlichsten Punkt traf: »Wird die französische Regierung Maßnahmen ergreifen, um den Passagieren zu helfen und ihre Leiden in den Grenzen des Erträglichen zu halten?« Denn für den Westen ist nichts mehr erträglich. Dies muß man wie eine Neurose in die Gehirne eintrichtern. Wenn unter Milliarden Menschen ein einzelner

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