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Das Heerlager der Heiligen

Das Heerlager der Heiligen

Titel: Das Heerlager der Heiligen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Raspail
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Und wer weiß, ob nicht die Wahrheit aus dem Mund dieses Unschuldigen kommt.
    Die Mutter wird in ihr Taschentuch schluchzen, das feuchte Auge voll mütterlicher Liebe. Wenn wirklich eines Morgens die Ausgehungerten vom Ganges vor ihrer Türe stehen würden, dann wäre die ganze Familie ruiniert! Vielleicht würde sie, statt ihre Arme zu öffnen, trotz der rührenden Worte des kleinen vom Fernsehen manipulierten Engels vorher fliehen. Das westliche Herz ist ja voll Illusionen und hat weder die Kraft noch den Willen, nein zu sagen. Eine Million einfältiger Aufsätze, die von einer Million weicher Vaterherzen gutgeheißen werden, können insgesamt ein völlig zerrüttetes Klima erzeugen. Vielleicht ist dies eine Erklärung …
    Siebentausendzweihundertzwölf Oberschullehrer wollen am folgenden Tag den Unterricht mit einer Aussprache über Rassismus beginnen. Ob sie Mathematiklehrer oder Lehrer für Englisch, Chemie, Geographie oder sogar für Latein sind, tut nichts zur Sache. Ist es nicht unabhängig vom Fach Aufgabe eines Lehrers, die Gehirne zu ermuntern und das Denken anzuregen? Da man so ausgezeichneten idealen Stoff hat, wird man also über die Fahrt dieser Flotte zum kapitalistischen Westen sprechen! Ein gutes, sehr politisches Thema, wo jeder etwas sagen kann. Ein unerschöpfliches Drehbuch dieses ewigen Kollektivkinos, wo bei der Verschwommenheit der immer wiedergekäuten Dinge der Sinn für Wirklichkeit und Verantwortung verlorengegangen ist. Auch hier müßte man einmal die negative Seite all dieser schwammigen Debatten festhalten. Schließlich wird der Eroberer vom Ganges an der Côte d‘Azur erscheinen. Abgesehen von den Irregeführten, die wir zum Süden ziehen sehen werden, so wie es Brandstifter zum Feuer zieht, werden die kleinen Schreihälse wie Papa alles verlieren. Sie werden nach ihrer stupiden Logik brüllen, weil sie den Tritt in den Hintern bekommen, der schon längst fällig war und den sie ehrlich verdient haben! Mit diesem Ergebnis haben die Diener des Tiers gerechnet … Es ist überflüssig, noch länger die Millionen Zuhörer Durforts zu zählen. Ganz Frankreich hat die betäubende Droge geschluckt. Wenn der Augenblick gekommen ist, wo man ihm beide Beine absägt, wird es dazu bereit sein …
    »Offensichtlich«, ertönte die Stimme Durforts im Radio, eine schneidende, klare, nie zweifelnde Stimme, »offensichtlich ist diese im Gang befindliche Deportation eine freiwillige. Dieser Justizirrtum ist nicht die Tat irgendeines Gerichts. Diese Deportation ist das Kind des Elends und der Hilflosigkeit. Bezüglich des Justizirrtums bitte ich um Nachsicht, wenn ich Ihnen sagen muß, daß wir alle verantwortlich sind. Die reiche Welt hat die Dritte Welt verdammt. Sie hat Schranken aller Art errichtet, moralische, wirtschaftliche und politische Schranken, hinter denen sie gegenwärtiges und zukünftiges Leben von Dreiviertel der Weltbevölkerung eingesperrt hat. Nun revoltiert dieses ungeheuere Gef ängnis auf friedliche Weise. Verdammte sind entkommen. Ich glaube, daß diese Millionenzahl, ohne Waffen und ohne Haß, nur kommt, um Gerechtigkeit zu verlangen. Ich komme nicht von dem Gedanken los, daß, wenn auf unserer Erde ein seit hundert Jahren ansteigender Fortschritt besteht und nur fünf Flugstunden entfernt Menschen leben, deren durchschnittliches Jahreseinkommen nicht mehr als 50 Dollar beträgt gegenüber 2500 Dollar bei uns, daß man dann, nehmen Sie es mir nicht übel, von Ausbeutern und Ausgebeuteten sprechen kann …«
    »Ausbeuter!« sagte Marcel zu Josiane. »Er geht etwas zu weit! Was essen wir heute Abend? (Er schielte auf das Wachstuch auf dem Tisch, dem proletarischen Thron in der Wohnung) Nudeln, Preßkopf, Omelette aus vier Eiern. Nichts Erregendes. Und die Rate für das Fernsehgerät? Und die Rate für das Auto? Und meine Schuhe? Hast Du sie gesehen? Völlig futsch.«
    »Er spricht Dich nicht an«, sagte sie. »Es geht die an, die was haben.«
    »Und? Es wäre besser, mir ihre Moneten zu geben. Ich gehe nicht barfuß. Ich arbeite, ich …«
    Da schleicht sich eine falsche Note ein. Die gesunde Volksweisheit muckt auf. Beinahe könnte sie alles retten. Marcel ist kein Gangesflüchtling; er arbeitet und trägt Schuhe. Er ist ein ganzer Mann und darf nicht mit den andern in einen Topf geworfen werden. Wenn noch etwas nachgeholfen wird, könnte man ihn dazu bringen, daß er bekennt, einem zivilisierten Land anzugehören, und daß er stolz darauf ist. Und warum nicht? Zum Kuckuck,

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