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Das Heerlager der Heiligen

Das Heerlager der Heiligen

Titel: Das Heerlager der Heiligen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Raspail
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Grunde genommen verehrte Marcel die Lederkleiderzivilisation, zumal ihn niemand hinderte, darüber zu denken, was er wollte. Sie bei sich bietender Gelegenheit zerschlagen? Nein, niemals. Oder vielmehr ohne ihn! Sie verteidigen? Auch nicht. Soziale Ungerechtigkeit verteidigt man nicht, selbst wenn man dabei besser lebt als andere bei sozialer Gerechtigkeit. Vielleicht ist dies eine Erklärung?
    Marcel verkörpert das Volk, und das Volk denkt wie er, halb Durfort, halb Lederkleiderzivilisation. Beide vertragen sich gut wie der eiserne und der irdene Topf. Das Volk wird keinen Finger rühren, weder nach der einen noch nach der anderen Richtung. Wir sind nicht mehr im Mittelalter, wo die ausgebeuteten Leibeigenen hinter die schützenden Mauern ihrer Herrschaft flüchteten, wenn die Sturmglocke des Bergfrieds läutete und plündernde Banden ankündigte. Wenn die Wachmannschaft des Arbeitgebers – Verzeihung, des Herrn – zahlenmäßig zu gering war, besetzten die Proletarier – Verzeihung, die Leibeigenen – die Schießscharten und ihre Frauen betätigten sich an den Kesseln, in denen das Pech erhitzt wurde. Im Dienst des Schlosses lebte man schlecht, aber man lebte, während man nach einer Plünderung einfach vor Hunger starb.
    Marcel ist nicht dümmer als sein Vorfahre, der Leibeigene. Aber die Mißgeburt hat ihn verrückt gemacht, ohne daß er es merkte. Im Kampf gegen die Emigranten vom Ganges, die modernen Plünderer der Festung des Westens wird Marcel nicht zu den Schießscharten eilen. Mögen sich die Soldaten darum kümmern. Es ist ihr Handwerk. Und wenn sie weichen oder gar flüchten, so wird Marcel keineswegs Verstärkung spielen. Die Schlösser unserer Zeit, mit Mauern aus Stahl und Beton, mit Kellern voller Lebensmittel, mit übervollen Lagern von Waren, leistungsfähigen Arbeitsstätten und mit Wehrgängen und Zugbrücken, über die ein toller Verkehr rollt, mit fruchtbaren Böden und Bergfrieden aus Gold und Silber, wird Marcel der Plünderung anheimgeben. Er kann nicht mehr nachdenken. Man hat ihn seines Selbsterhaltungstriebs beraubt.
    An diesem Abend schlief Marcel, nachdem er Durfort gehört hatte, dennoch gut ein. »Du siehst doch«, sagte Josiane, »für diese Typen, die da im Schiff kommen, werden die Arbeitgeber bezahlen. Selbst wenn man sich ein wenig fürchten muß, so ist diese Million guter Menschen, die sich selbst einladen, doch nicht schon heute da? Ich wette, daß die Armada nie bis hierher kommt. Aber trotzdem, wenn sie so unglücklich sind, wie man sagte … Ach was! Papperlapapp!«
    Der Fisch ist ertrunken, danke, Durfort!
    Eine kleine Chance hätte immerhin bestanden, damit Durfort am Mikrophon verschwunden wäre. Es war offensichtlich eine verpaßte Gelegenheit. Nach seinem Ausspruch »Wir sind alle eins mit den Menschen vom Ganges« rief der Direktor von Radio-Ost das Studio der Nachrichtenabteilung an und verlangte Durfort.
    »Glauben Sie nicht, lieber Freund, daß Sie ein wenig zu weit gegangen sind? Ich schätze Ihre Beredsamkeit und achte Ihre Großzügigkeit (»Hunderttausend Franc Einkommen im Monat für ein tägliches Fünfminutengespräch«, dachte der Direktor, »ist ja wirklich großzügig«). Aber diesmal handelt es sich nicht um etwas Nebensächliches. Wenn Sie eine Million Hindus bei uns unterbringen wollen, nachdem Sie dafür waren, daß diese Flotte überhaupt unser Land erreicht, und ich entziehe Ihnen auf solches Gerede nicht meine Antenne, dann wird man hinterher dieses Land nicht mehr wiedererkennen.«
    »Das hoffe ich. Glauben Sie, ich spreche nur, um meinen Lebensunterhalt zu verdienen, und rede, um nichts zu sagen?«
    »Sicher nicht, lieber Freund! (›Ah, der saubere Apostel!‹ dachte der Direktor. ›Und er glaubt sogar noch das Geschwätz! Haben Sie aber auch die Folgen bedacht? Die Vermischung der Rassen, der Kulturen, des Lebensrhythmus? Die Ungleichheit der Leistungsfähigkeiten? Das Ende unserer nationalen, ethischen Identität?«
    »Der neue Mensch!«
    »Reden Sie keinen Unsinn. Glauben Sie an einen neuen Menschen? Es sind jetzt zwei Jahre her, seit ich Ihnen die Sendung um 19 Uhr 30 übertragen habe. Glauben Sie allen Ernstes, daß im Verlauf dieser Zeit Ihre hehren Gefühle einen Einfluß auf die Natur des Menschen gehabt hätten? Sicher nicht!«
    »Warum setzen Sie mich dann ein?«
    »Ich will es Ihnen offen sagen. Ich verwende Sie, um die Tapete zu amüsieren. Nach den Themen über Hellseher, Heilpraktiker, Bekenner, Psychiater und Ratgeber fürs

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