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Das Heerlager der Heiligen

Das Heerlager der Heiligen

Titel: Das Heerlager der Heiligen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Raspail
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es, die erste multirassische, proletarische Kommune zu bilden. In Roman besetzte ein Rätehaufen aus Studenten, Arbeitern und Soldaten die Unterpräfektur. All dies ganz friedlich, verstehen Sie, ganz friedlich! Für die meisten war es ein nach Hause Gehen, eine vorweggenommene Entlassung, meist solidarisch. Sprechen Sie mir also nicht mehr von in Marsch befindlichen Regimentern, als ob Sie in der Götterdämmerung der Nation noch an Ihre eigene Bedeutung glauben würden und, wer weiß, sogar noch an Ihre Laufbahn. Ich enthebe Sie Ihren Verpflichtungen. Auf Vorschlag von Herrn Jean Perret habe ich Oberst Dragasès zum Oberbefehlshaber der Ordnungsstreitkräfte im gesamten Südbereich ernannt und zum Generalstabschef dessen, was von der Armee noch übrig geblieben ist. Es steht Ihnen frei, wenn Sie den Mut dazu haben, zu ihm zu stoßen und mit einer Maschinenpistole in der Hand sich seinem Befehl zu unterstellen. Denn wir brauchen nur noch Soldaten, sonst nichts …!
    Sie, meine Herren Minister, die Sie mich aus Gründen tadeln, die mir klar geworden sind, Sie ertränken Ihren Ehrgeiz oder Ihre Furcht in einer Flut steriler Worte. Ich weiß, daß etliche unter Ihnen bereits ihre Koffer gepackt und ihr Gewissen mit ihrem Bankkonto in der Schweiz in Einklang gebracht haben. Diese zeigen damit, daß sie sehr kurzsichtig sind. Ich kenne auch welche, die konspirieren, die sich schon umstellen und zahlreiche Verbindungen aufgenommen haben. Es geht bereits die Bildung einer provisorischen Regierung um. Sie, meine Herren, meinen, und da haben Sie nicht unrecht, daß gegebenenfalls irgendeine Ordnung wiederhergestellt werden muß. Und dann denken Sie, daß man Sie als rettende Praktiker mit offenen Armen aufnehmen wird und Sie sich beim Übergang wenigstens Ihren Platz sichern können. Der Inhalt dieser neuen Machtbefugnis kümmert Sie nicht, wenn Sie nur die Ausübung erhalten können. Vielleicht gelingt es Ihnen. Andere haben vor Ihnen auch schon ihr Glück gemacht, manchmal zum Nutzen aller. Sie retteten aus dem von ihnen entfachten Brand, was gerettet werden konnte. Aber da trennen wir uns. Diese Auffassung von einem mißgestalteten Frankreich ist nicht die meinige, denn zum Unterschied von Ihnen habe ich keinen Ehrgeiz. Für Oberst Dragasès, Herrn Jean Perret und die Trümmer unserer Armee halte ich gegenwärtig noch die legitime Macht in den Händen, denn alles spielt sich im Süden ab. Ihre Demission wird bis morgen angenommen …
    Nun zu Ihnen, meine Herren Botschafter aus den westlichen Ländern. Ich vermerke, daß Sie unnötig traurig sind. Nach den wenig zuversichtlichen Nachrichten aus Ihren Hauptstädten, werden Ihre Chefs etwas zum Nachdenken haben. Ich weiß, daß alle auf Frankreich schauen, in der Hoffnung, daß ein von diesem Land begangenes Gemetzel, nachdem es doch die Menschenrechte verkündet hat, von vornherein alle notwendigen repressiven Maßnahmen straflos machen wird. Nun wohl, meine Ihnen! Sie müssen, wie wir alle, bis morgen früh warten, um das einmalige Weltproblem der Gegenwart zu lösen, nämlich: Können die Menschenrechte, auf die wir soviel Wert legen, auf Kosten der Rechte anderer geschützt werden? Darüber mögen Sie nachdenken …
    Was Sie betrifft, Herr Apostolischer Nuntius, so stelle ich fest, daß Stalin nicht recht hatte, als er vor einiger Zeit höhnisch lächelnd nach der Zahl der Divisionen fragte, über die der Papst verfügen würde. Ihr Oberhaupt hat unzählige Divisionen. Und außerdem hat Ihre Heiligkeit noch Ergänzungseinheiten verpflichtet …«
    Um elf Uhr abends hörte man im Rundfunk nach der Zweiten Symphonie erneut die Stimme des Reporters.
    »An Bord der Einwandererflotte scheint sich immer noch nichts zu rühren. Nach einer Meldung des Generalstabs der Armee haben an der Küste bereits zwei Divisionen Stellung bezogen. Drei weitere sind trotz Schwierigkeiten auf den Zumarschstraßen unterwegs nach Süden. Vor fünf Minuten teilte Oberst Dragasès, der Chef des Generalstabs mit, daß die Truppen soeben an der Küste zwanzig riesige Scheiterhaufen in Brand gesetzt haben, auf denen Tausende von Leichen verbrannt werden, die von den Schiffen ins Wasser geworfen worden waren. Schließlich hat die Regierung ihr Befremden über den Abzug der Bevölkerung im Süden zum Ausdruck gebracht. Sie weist bedauernd auf die entstehenden Folgen hin, sieht sich aber angesichts der völlig neuen Lage nicht ermächtigt, andere Ratschläge zu erteilen. Gendarmerie und Armee erhielten

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