Das helle Gesicht
eilte hinter einem Wesen her, das zwischen den Hütten hindurch flüchtete, erkannte Harry, kam ihm näher und erreichte ihn schließlich mit einem mächtigen Satz. Er packte ihn; alles Winden und Wehren Harrys war vergeblich, der große Bruder war noch gewandter und stärker.
Harry gab den Widerstand auf und spuckte vor Hanska aus.
In der Hütte hatte Margret das Fenster wieder geschlossen. Hanska setzte sich auf die Bettstatt und zog Harry neben sich.
»Harry – mit deinem wahren Namen Kte Ohitaka, Tapferes Herz, und das bist du –, du brauchst nicht zurück zu Wyman, nie mehr. Das haben Wakiya, der Anwalt Rencho und Ball geschafft, sogar Miss Bilkins war auf deiner und Marys Seite. Du kannst hier bleiben. Mary ist schon wieder bei uns. Außerdem: du könntest mir helfen, vielleicht, wir müssen das besprechen. Erst frühstücken wir aber, und denk nie wieder, daß du schneller seiest als Hanska. Dazu gehört etwas mehr, so weit bist du noch nicht. In ein paar Jahren, ja, dann kannst du so weit sein.«
Ite-ska-wih hatte aus dem mitgebrachten Proviant Geeignetes auf dem Tisch ausgebreitet; Margret und die Kinder taten sich gütlich, Hanska und Ite-ska-wih machten mit, endlich griff auch Harry stillschweigend zu. Man ließ sich Zeit. Es wurde nicht hastig gegessen.
Harry betrachtete verstohlen Ite-ska-wih.
»Meine Frau, deine Tante«, erklärte Hanska. »In Chicago haben wir beide unsern Vater Inya-he-yukan getroffen. Es ist unterdessen viel geschehen, viel Unheimliches und einiges Gute. Um dir das zu erzählen und mit dir zu beraten, brauchen wir wenigstens vier Abende im Blockhaus. Deine Hände sind zwar noch kleiner und schwächer als die meinen, aber dein Kopf und mein Kopf sind gleich groß und gleich hart.«
Harry überlegte. Es arbeitete in ihm. Hanska war kein Betrüger. Das war er nicht.
»Wie soll ich dir helfen, Hanska?«
»Es ist wegen eines Pferdes. Rappe, drei Jahre alt, Hengst. Hat Percival gehörte, Percival war mit uns im Aufstand. Die Killer haben ihn niedergeschlagen, ihm das Gesicht zerschnitten und ihn halb skalpiert. Sein Vater hat ihm das Pferd weggenommen und es gegen Brandy vertauscht. Vielleicht ist der Rappe hier im Rodeo-Leihstall. Ich kann nicht hinein, sonst heißt es, ich will eine Schiebung in Gang bringen. Nächsten Sonntag reite ich nämlich, mit und ohne Sattel. Mit Leihpferden. Kannst du herausbringen, ob der Rappe im Stall ist? Percival will ihn wiederhaben. Er lebt jetzt bei uns im Blockhaus.«
»Hanska! Du reitest. Kann ich dabei sein?«
»Alle kommen. Du auch.«
»Gut. Spätestens bis morgen, denke ich, weißt du, ob der Rappe im Stall ist. Einen Cowboyhut brauche ich.«
Auf Harrys kahl geschorenem Schädel waren die ersten schwarzen Stoppeln nachgewachsen.
»Hut kriegst du von uns«, versprach Margret. »Einen zünftigen.« Sie suchte und fand den passenden aus den Beständen ihrer Söhne.
»Wir treffen uns bei Tante Margret wieder?« schlug Harry vor.
»Tun wir. Auf der Polizei sag’ ich Bescheid. Du bist wieder daheim. Den Entlassungsschein für dich haben sie schon gesehen.«
Die heimliche Abrede mit Hanska, die Aufgabe, den Rappen auszukundschaften, damit auch einem geschundenen Menschen wie Percival beizustehen, endlich die Freiheit, die er damit auch weiterhin genoß, taten Harry wohl. Er war schon seit einigen Tagen bei Margret untergeschlüpft; sie hatte ihn verborgen.
»Du hast früher meinen Vater vor der Polizei versteckt, also mach es auch mit mir«, hatte er gesagt. Sie hatte geschwiegen. Eine gute Frau war sie. Den Weg von der Boardingschool bis zu Margrets Hütte hatte Harry als Bettler, Dieb und mit gelegentlichen Dienstleistungen überstanden, auch bei Krause hatte er einmal übernachtet. Der Polizei war er immer wieder entwischt. Er hatte erbärmlich gehungert, aber er hatte es geschafft. Der entführte Wagen war zu Harrys eigenem Bedauern sehr schnell zu einem Unfallwagen geworden.
In langen abgenutzten Jeans, mit guten Reitstiefeln, die Joe Inya-he-yukan einmal seinem Neffen geschenkt hatte, im karierten Hemd, den zünftigen Cowboyhut auf dem Kopf, trieb Harry sich nun im Rodeogelände umher. Es wurde schon sehr warm. Die Stunden vergingen. Da und dort arbeiteten ein paar Leute oder liefen zur Arbeit. Der Zaun um die Arena und die Boxen wurde aufgestellt. Die Korrals für die Rinder waren bereits fertig, ebenso das Podium für die Musik und ein Teil der Tribünen. Ein paar Buden für den Verkauf von Hamburgern, Hot dogs und
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