Das helle Gesicht
sie in der Prärie, die ein Traum für sie gewesen war, Hunderten von Rindern, die Indianern gehörten, prächtigen Pferden, die Indianern gehörten, stolzen Männern und stolzen Frauen, die Indianer waren und viele Kinder satt machen konnten wie einst in den alten Zeiten, von denen Untschida erzählt hatte. Auch wenn Hanska von seinem Tipi sprach, das er nun verloren hatte, so war es ein großes Tipi gewesen mit bequemen Sitz- und Lagerstätten, mit Bärenfell, Büffelhaut, Büffelhörnern, selbst erbeuteten Adlerfedern und einem Elchgeweih; mit viel Fleisch am Spieß, wenn Gäste kamen; auf der Weide befanden sich schwarze, kraftstrotzende Rinder und übermütige Pferde. Mutter Queenie Tashina war eine berühmte Malerin, und wenn sie wollte, vermochte sie Bilder teuer zu verkaufen. Auch hier konnten viele Kinder wohnen und satt werden, eigene Kinder und Wahlkinder. Die stolzen Männer und Frauen aber waren nicht wie die reichen Indianer in der Stadt. Sie hatten Ite-ska-wih, die ein armes Kind war, wie ihre Tochter begrüßt und Hanska, der alles verloren hatte, wie ihren Sohn.
Inya-he-yukan stand für Ite-ska-wih außerhalb dieses Kreises. Sie sah ihn immer wieder so, wie sie ihn zum erstenmal gesehen hatte, als den Häuptling der Prärie, der die Söhne und Töchter zum Kampf aufrief, und sie sah ihn als den unvergänglichen Toten und Bruder der Großen Bärin, dem Hanska und sie für immer verpflichtet waren. Zu ihm gehörten Queenie Tashina, die die Killer getötet hatten, gehörten seine verwaisten Kinder, der ermordete Kri, Inya-he-yukans kämpfende Freunde, die Bewohner der hungrigen Tipi der Prärie. Sie alle, Tote und Lebende, waren Teil seines Zeltes. So träumte, fühlte und dachte Ite-ska-wih, aber sie spürte auch, daß sich eine Kluft geöffnet hatte zwischen diesen und jenen Indianern. Hanska schaute finster und verbissen drein wie ein Mann, der einen wütenden Bullen auf sich zukommen sieht und dessen Füße von aufgeweichtem Morast festgehalten werden.
Im Hause Collins war gut sein. Schon nach den ersten Worten, mit denen Hanska das Wichtigste mitteilte, wurde er, der Siebzehnjährige, wie ein Mann behandelt, der Verantwortung für sich und andere trägt und Entscheidungen treffen muß. Als man des Abends zusammen saß, zögerte er nicht, seine Aussprache mit Vater Beaver ausführlich und sehr ernst wiederzugeben.
Collins rauchte. Seine Frau Evelyn, aus altem Häuptlingsgeschlecht, klug und auch ihrem Mann gegenüber sehr selbstbewußt, hatte Ite-ska-wih zu sich herangeholt, damit sie dem Gespräch zuhören konnte.
»Was erwartest du von uns, Hanska?« fragte Collins nach einer gemessenen Pause.
»Ich weiß, was ich tun werde, Vater Collins; Joe Inya-he-yukan hat gesprochen. Aber ich möchte verschiedene Ratschläge anhören, damit ich verschiedene Menschen für unseren Kampf gewinnen kann.«
Collins lächelte. »Nicht schlecht. Ich denke, euer Kampf findet im Land der Dakota-Oglala statt; ihr habt einen Killerchief gewählt und müßt alles tun, um ihn abzusetzen oder abzuwählen. Die Verträge mit euch sind gebrochen. Ihr habt schlechtes Land als Reservation erhalten; die Hälfte davon hat man euch später noch abgenommen, und auf der Hälfte hiervon sitzen weiße Rancher ohne Zustimmung der Ratsversammlung. Washington haßt euch, das Volk von Little Bighorn und von Crazy Horse. Am liebsten würden sie von euch nicht einmal den Namen übrig lassen. Ich denke also, hier wird ein Kampf eures Stammes gekämpft. Wir aber, obgleich die Tiger der Prärie genannt, haben keine Schlachten gegen die Weißen geschlagen, wir können uns nicht rühmen, sie besiegt zu haben. Wir haben die Lehre aus den Niederlagen gezogen, mit denen euer Kampf und der der Apachen endete; wir haben nachgegeben, wenn auch unsere Jugend zornig über uns war. Aber wir haben unsere Traditionen gewahrt, unsere alten Häuptlingsgeschlechter und unsere klugen Berater erhalten. Wir haben einige große Ranches, Land für unsere Jugend, und wir sorgen für unsere Alten. Wir können auch in dem nahen Städtchen verdienen, ohne unser Reservationsland zu verlassen. Wir führen einen stillen Kampf. Unsere Lage ist nicht die eure. Darum kann ich dir nicht raten, Hanska, Inya-he-yukans Wahlsohn.«
Hanska senkte die Augen.
Evelyn Collins schaute auf Ite-ska-wih, deren magere Wangen brannten. Sie bedeutete ihrem Mann, daß sie auch sprechen wolle.
»Evelyn hat stets ihre eigene Meinung«, sagte Collins.
»Hanska, willst du nicht mit
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