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Das helle Gesicht

Das helle Gesicht

Titel: Das helle Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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ihnen auf einmal vor, als ob sie eben dieses letzte Stück nicht mehr hätten gehen können. Hanska begann einen Dauerlauf, nicht langsamer als die bald trabenden, bald galoppierenden Pferde.
    Der Empfang im Blockhaus erfüllte alle mit Freude, Mensch und Tier. Vom Herd her duftete es. Die alte Dorothy hatte angeschürt und einen Kessel Fleischbrühe aufgesetzt. Diese Schüssel miteinander auszulöffeln, waren alle noch imstande. Dann schliefen Hetkala und Ite-ska-wih auf der Wandbank sofort ein, während Hanska für Ray und Dorothy noch einen kurzen Bericht von den Ereignissen gab.
    Ray hatte sein Radio leise angestellt, um keine Nachricht zu versäumen.
    »Die werden euch übers Ohr hauen«, meinte er voller Unglauben gegenüber den Watschitschun und ihrem Großen Vater in Washington, voller Unsicherheit, ob die indianischen Führer allen Ränken gewachsen sein würden.
    »Es kommen unsere besten Männer«, wehrte Hanska-Mahto ab.
    Das Gespräch wollte nicht weiterlaufen. Hanska ließ sich auf den Boden gleiten, die Augen fielen ihm zu.
    In den folgenden Tagen stellte sich das Warten wieder ein, diese schlecht riechende Sphäre inmitten der kaltfrischen Vorfrühlingsluft. Man konnte darüber schweigen, aber man konnte sie nicht vertreiben. Sie schlich sich in die Ohren ein und trübte das Gehör, das nichts anderem mehr offen blieb als der Frage: »Was werden sie erreichen?«; sie legte sich wie Schleier vor die Augen, deren Kraft, in die Weite zu sehen, wie in einem Nebel stecken blieb, der jede andere Frage ausschloß.
    Dabei waren jedoch alle tätig und das mit voller Absicht. Hanska ritt die Pferde der Reihe nach, spielend gewandt, mit der Leichtigkeit eines Reiters, der als Kind gelernt hatte, auf einem elastischen Pferderücken oben zu bleiben. Ray machte unter Hanskas Anleitung die ersten ernsthaften Versuche, sich von dem braven Braunen tragen zu lassen. Ite-ska-wih sah zu, und wenn sie sich in diesen Tagen überhaupt freuen konnte, dann beim Anblick von Hanskas Reitkunst und den prächtigen Pferden. Hetkala und Dorothy arbeiteten im Blockhaus. In der Hundemeute bekläfften sich die Tiere gegenseitig.
    Eines Abends kam der Augenblick, in dem alle Blockhausbewohner zusammensaßen und auf die heisere Stimme des Radios hörten.
    Draußen fiel Nieselregen, windlos, lautlos. Über der Prärie lagerte Dunkelheit. Der letzte gelbe Schimmer am Horizont war schon geschwunden, die Nacht war grenzenlos geworden.
    Die Nachricht hieß: Ein Abkommen ist geschlossen worden. Die Aufständischen ziehen ab.
    Das war alles. Eine verschwommene Nachricht.
    Keiner sagte etwas dazu.
    Ite-ska-wih fühlte, wie ihr Herz gegen die Rippen schlug. Sie vermied es, Hanska-Mahto drängend anzuschauen, denn sie wußte, wie es in ihm aussah, als er die ungewisse, schleimige Mitteilung vernahm.
    Alle Gedanken richteten sich darauf, wann Rote Krähe zurückkommen und Genaues berichten würde.
    Hanska mochte nicht länger warten. Noch in der Nacht machte er sich auf zu dem Hügel und dem Großen Grabe, zu seinen Freunden, die dort noch ausgeharrt hatten und nun abzogen. Falls Rote Krähe schon auf dem Rückweg war, mußte er ihm begegnen.
    In dem versteckten Kieferngrund trafen sich die beiden.
    Hanska fragte zunächst nicht, und Rote Krähe begann nicht gleich zu sprechen. Sie setzten sich auf eine sturmentwurzelte Kiefer, um etwas zu rasten, und sie warteten beide wiederum, Hanska auf das, was er hören werde, Rote Krähe darauf, daß er selbst ein Wort hervorbringen könne.
    Sie saßen da mit gebeugtem Nacken, die Arme auf die Knie gestützt, die Hände zusammengelegt. Die feuchte Nebelluft atmeten sie in langsamen Zügen ein und aus.
    »Also sprich«, bat Hanska endlich.
    Rote Krähe entschloß sich dazu.
    »Eure Regierung hat zugesagt, daß sie eure Forderungen aufgrund der hundertjährigen Verträge, eure Rechtsansprüche auf viel Land und auf viel Freiheit prüfen werde. Wann sie eure Vertragsrechte geprüft haben und wie sie dann entscheiden wird, das steht in den Sternen geschrieben, nicht in dem Dokument.«
    Hanska quittierte die Mitteilung mit einem neuen langen Schweigen.
    »Das haben sie gegengezeichnet«, sagte er dann, »und jetzt sind sie abgezogen. Alle? Auch Wasescha?«
    »Ja. Es war nichts mehr zu machen.«
    Eine zweite Frage stand in der Dunkelheit, bis Rote Krähe sie beantwortete, ohne daß sie ausgesprochen worden war.
    »Der Killerchief bleibt bis zur nächsten Wahl. Dann könnt ihr ihn abwählen – falls euch das

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