Das Herz der Drachen (Eiswandlerin) (German Edition)

unfreundlich.
    „ Bist du dir
sicher?“, fragte Alessio, ohne auf sie zu achten und stand auf.
Er klang enttäuscht. Jeremie nickte.
    „ Ich habe noch
andere Dinge zu erledigen und außerdem hatten wir eine
Abmachung, an die ich mich halten will.“, erinnerte er ihn.
    „ Wir werden
uns nicht so bald wiedersehen.“, fügte er hinzu und
klopfte Alessio auf die Schulter. „Danke für alles.“
Er hob die Hand zum Abschied, nickte Kate kurz zu und verschwand dann
lautlos zwischen den Bäumen.
    „ Wir werden
uns nicht so bald wiedersehen.“, äffte Claire ihn nach.
„Der tut ja gerade so, als würden wir ihn vermissen.“
    „ Du hast ihn
also wirklich fortgeschickt.“, stellte Kate fest. Mai sah sie
nicht an. Ihr Blick war starr nach oben gerichtet.
    „ Ich hatte gar
keine andere Wahl, außerdem will ich ihn nicht unbedingt hier
haben. Es wird auch so schon schwer genug.“
    „ Was meinst du
damit?“, fragte Kate.
    „ Manchmal ist
er genau so dickköpfig wie ich und es war äußerst
schwierig ihn davon zu überzeugen, dass es besser ist, wenn er
geht und nie wieder hier herkommt. Ich bereue schon jetzt, dass ich
seinen Kompromiss eingegangen bin.“
    „ Und ich hatte
gedacht, du wolltest nur mit ihm reden und ihn davon überzeugen,
niemanden umzubringen.“, sagte Kate trocken. Mai lachte bitter.
    „ Ja, das habe
ich auch gemacht und er hat mir sogar sein Wort gegeben, uns nicht
länger zu folgen.“
    „ Aber das ist
doch gut, oder?“, versuchte Kate, die das Problem nicht sah,
sie aufzuheitern.
    „ Das ist ganz
und gar nicht gut! Ich musste ihm im Gegenzug auch etwas versprechen.
Wenn wir wieder in Brion sind, wird er es wissen und dann möchte
er mich besuchen kommen. Natürlich habe ich nicht viel
nachgedacht. In dem Moment war mir nur wichtig, dass er fürs
Erste verschwindet und niemandem mehr schaden kann. Ich habe einfach
zugestimmt und darüber hinaus vergessen...“ Sie brach
mitten im Satz ab.
    „ Du hast
vergessen, dass es dich selbst verletzten wird, ihn öfter zu
sehen.“, beendete Kate Mais Gedanken.
    „ Es ist zu
kompliziert. Einerseits möchte ich ihn sogar wiedersehen, aber
auf der anderen Seite weiß ich auch wie unvernünftig es
wäre. Dann gibt es noch die Momente, in denen ich mir sicher
bin, dass ich ihn zu Unrecht verurteile.“
    „ Unrecht?“,
fragte Kate aufgebracht. „Ich dachte, er hätte dich
geschlagen. Nur weil er einmal nett ist, heißt das noch lange
nicht, dass er ein Recht dazu hat dich zu verletzen.“ Zu Kates
Überraschung schüttelte Mai den Kopf.
    „ Nein, nein.
So kann man das nicht sagen. Tatsächlich hat er mich nur dieses
eine Mal geschlagen. Er war nie gewalttätig. Wir haben oft
gestritten und ich weiß schon seit langem nicht mehr aus
welchen Gründen, aber körperlich hat er mich nie verletzt.
Manchmal habe ich es ganz deutlich in seinen Augen gesehen. Wenn er
wütend war, war es so als würde er nicht selbst handeln.
Bisher habe ich keine Erklärung für sein Verhalten
gefunden.“ Kate sah sie eine Weile sprachlos an.
    „ Du willst
also sagen, dass er besessen ist, wie von einem Zauber?“,
zweifelte Kate.
    „ Ich weiß
zwar nicht was ein Zauber ist, aber ja, dass will ich damit ungefähr
sagen.“
    „ Mal im Ernst,
wenn du versucht hättest mir das vor drei Tagen zu versichern,
dann hätte ich dir kein Wort geglaubt. Ich bin mir auch jetzt
noch nicht sicher, aber ich muss zugeben, dass er anders war, in der
kurzen Zeit, die er hier verbracht hat.“
    „ In wie fern,
anders?“, fragte Mai.
    „ Er hat
niemanden bedroht, war eher ruhig und hat so getan, als würde er
dazu gehören. Einmal hat er sogar für alle gekocht. Das ist
schon ein bisschen unheimlich, wenn ich überlege, was ich vorher
für ein Bild von ihm hatte. Je mehr ich darüber nachdenke,
glaube ich, dass du recht haben könntest. Es ist fast so, als
hätte er zwei Persönlichkeiten. Fragt sich nur, welche
davon stärker ist.“ Nachdenklich betrachtete Kate die
Zeltwand, so als stünde die richtige Antwort dort geschrieben.
Sie konnte nicht leugnen, dass er nett gewesen war, doch ebenso
konnte sie nicht die Angst verdrängen, die bei seinem Namen in
ihr auftauchte. Dank ihm hatten sie mehr als einmal fliehen müssen.
Er hatte ihr Lager verbrannt und nur durch seinen Angriff war Claire
verletzt worden. Nein, eigentlich war das Ilonas Schuld, ebenso wie
sie es ihr verdankten, dass Mai verletzt worden war.
    „ Kannst du
dich an das erinnern, was passiert ist?“, fragte Kate,