Das Herz der Drachen (Eiswandlerin) (German Edition)

unmöglich dazu gekommen, alleine
zu gehen. Was die Prophezeiung auch gesagt hatte, es wäre ihm
egal gewesen und er hätte es nie zugelassen. Rückblickend
betrachtet, hatte es viele Hinweise gegeben, die er dank seiner Wut
übersehen hatte. Sie war nicht nur seinem Blick ausgewichen. Sie
hatte ihn kein einziges Mal angelächelt und kaum auf ihn
reagiert. Es hätte ihm spätestens auffallen müssen,
als sie nicht auf seine schlechte Laune eingegangen war, denn
normaler Weise erkannte sie diese und versuchte es zu verstehen.
    „ In der Tat,
das wollte ich.“, unterbrach Kuma seine Gedanken. „Ich
fühle es. Meine Zeit ist gekommen, doch bevor ich gehe, möchte
ich dir noch ein paar Dinge erklären.
    Zuerst, es tut mir
leid, was ich dir bei unserem letzten Gespräch gesagt habe. Es
war weder freundlich, noch besonders weise.“ Er senkte den
Kopf.
    „ Ich bin froh,
das zu hören.“, antwortete Alessio und verschränkte
die Arme.
    „ Aber du
solltest wissen, dass ich dir diesen Vorschlag nie gemacht hätte,
wenn ich die Prophezeiung nicht gekannt hätte...“
    „ Warte mal.
Ihr wusstet es? Ihr habt es allen Ernstes gewusst. IHR WUSSTET, SIE
WÜRDE STERBEN UND HABT ES MIR NICHT GESAGT?“, brüllte
er den Drachen an. Er wollte auf ihn losgehen, doch Cassy hielt ihn
mit unglaublich viel Kraft zurück. Er hatte nicht einmal
bemerkt, dass sie noch neben ihm gestanden hatte.
    „ Ja, wir
wussten es.“, antwortete Kuma beschämt und sah ihn nicht
an. Alessio machte auf dem Absatz kehrt. Tränen verschleierten
seinen Blick. Er wollte die Höhle bereits verlassen, als der
Drache ihn zurückrief.
    „ Bitte,
Wächterjunge. Eines noch.“
    „ Habt ihr etwa
noch mehr zu beichten?“, fuhr Alessio ihn wütend an.
    „ Nein, das
nicht, aber ich wollte euch dabei haben, wenn ich Cassy beauftrage,
einen neuen Drachenwächter zu ernennen.“ Er streifte sich
die Kette vom Hals und legte sie Cassy in die Hände.
    „ Beschütze
es, bis sich ein neuer Wächterdrache findet.“, sagte er
und schloss die Augen.
    Er war sofort tot.
    Dunkelheit. Schmerz.
Brennen...
    Sie sah nichts, als
Schwärze, fühlte nur die Schmerzen und konnte an nichts
denken, abgesehen von dem Feuer, auf ihrer Haut…
    Atmen tat weh. Etwas
Schweres lastete auf ihrem Brustkorb. Sie spürte es deutlich,
war aber zu schwach, um nachzusehen. Mit verschlossenen Augen
versuchte sie herauszufinden, wo ihre Arme waren. Ein Stechen und
Brennen in der rechten Seite verriet es ihr...
    Ihre Finger zuckten.
Sie versuchte sich irgendwie aufzurichten, doch etwas lag auf ihr und
drückte sie nach unten, kalt und schwer. Wo war sie nur? Sie
wollte um Hilfe rufen, doch sie hatte vergessen, wie man sprach.
Hatte sie es nicht vor langer Zeit gekonnt? Vielleicht würde es
ihr wieder einfallen, wenn sie versuchte sich an ihren Namen zu
erinnern.
    Sie wusste ihn nicht
mehr. Alles an das sie sich erinnerte, waren Schmerzen, große
Schmerzen und Angst, oder war es Wut? Wie unterschied man diese
Gefühle voneinander, wenn sie immer gleichzeitig auftraten...
    Sie fühlte
sich, als würde ihre Haut verbrennen. Doch nicht nur ihre Haut
schien in Flammen zu baden, sondern ihr ganzer Körper. Ein
weiteres Gefühl kehrte zurück. Sie erkannte es rasch.
Trauer, verbunden mit Schmerzen, die noch schlimmer waren, als die,
die sie kurz zuvor empfunden hatte...
    Wieso nur, erinnerte
sie sich nicht mehr an ihren Namen? Er war in Dunkelheit getaucht, so
tief, dass sie ihn nicht erreichen konnte. Ein Anderer schwebte durch
ihren Kopf. Alessio. Es klang vertraut, doch sie wusste kein Gesicht
dazu. Da war nichts, als ein Gefühl. Es schien die Schmerzen zu
vertreiben und zu ihrer Überraschung, schien auch die Last, auf
ihrem Körper, mit ihnen zu verschwinden...
    Kühles Wasser
tropfte plötzlich auf ihre Haut und löschte sacht das
lodernde Feuer. Sie erinnerte sich wieder daran, eine Fähigkeit
gehabt zu haben. Das was sie zu Boden drückte, waren Scherben
aus Eis. Sie wusste, wie sie diese geschmolzen hatte und genau das
tat ihr Körper gerade ganz von alleine. Er befreite sie von der
Last auf ihrer Lunge...
    Kate. Stimmen
drangen zu ihr vor, unklar aber wirklicher, als ihre Gedanken. Kate.
Sie erinnerte sich daran, etwas zu hören. Kate. Das war ihr
Name, oder...
    Der Geruch von Rauch
und Blut erinnerte sie, eine Nase zu haben. Fast gleichzeitig, konnte
sie wieder schmecken. Ein bitterer, saurer Geschmack lag auf ihrer
Zunge...
    Weißes Licht
zwang sie dazu, ihre gerade entdeckten Augen wieder