Das Herz der Drachen (Eiswandlerin) (German Edition)
ist, desto schläfriger werden sie.“, sagte Mai,
während sie den Hals eines Drachen streichelte.
„ Komm, ich
stell dich Taja vor.“, sagte sie und schob das Gatter auf.
„Keine Angst, sie wird dich schon nicht fressen. Diese Drachen
leben nur von der Kraft der Sonnen.“
Vorsichtig streckte
Kate eine Hand nach dem Drachen aus. Seine Schnauze war weich und
rund. Sie passte genau in ihre Handfläche. Die glatten Schuppen,
blank geputzt, waren dünn wie Papier und lagen dicht
übereinander.
„ Ist das dein
Drache?“, fragte Kate fasziniert. Mai schüttelte den Kopf.
„ Ein Drache
kann dir nicht gehören. Sie gehören nur den Sonnen. Taja
folgt mir, das ist etwas anderes. Ich kann ihr nichts befehlen, aber
sie hilft mir, weil sie mich ausgewählt hat.“, erklärte
sie.
„ Was bedeutet
das?“
Mai lächelte
und kletterte auf Tajas schuppigen Rücken. Gespannt hob diese
den Kopf.
„ Ich darf auf
ihr reiten und sie würde mich gegen meine Feinde verteidigen.“
Kate setzte sich auf
das Gatter.
„ Du hast
Feinde? Das kann ich mir gar nicht vorstellen.“, sagte Kate,
der wieder eingefallen war, worüber sie eigentlich mit Mai hatte
reden wollen.
„ Jeder hat
irgendwo Feinde, oder nicht?“, sagte sie abwesend.
„ Was wolltest
du mir erzählen?“, fragte Kate.
„ Jill meinte,
ich solle es dir nicht erzählen, noch nicht. Diese Welt ist
kompliziert und sie glaubt, du solltest eines nach dem Anderen
lernen. Ich bin da anderer Meinung. Besonders wenn man überlegt,
wie gut du hier her passt, so als gehörtest du nach Umbria.“,
sagte Mai aufgeregt.
„ Außerdem
sind wir ja jetzt Freunde und deshalb sollte ich dir auf jeden Fall
von meiner Fähigkeit erzählen. Es ist doch egal, wie
verrückt dir das alles vorkommen muss, denkst du nicht auch?“
Kate musste lächeln.
Besonders der Gedanke, dass Mai sie als Freundin betrachtete löste
es aus.
Mai hatte
wahrscheinlich Recht, auch wenn Kate sich nicht vorstellen konnte,
was verrückter sein konnte als einen Drachen zu streicheln.
Je mehr
außergewöhnliche Dinge sie erfuhr, desto größer
wurde ihr Interesse an der Welt aus Eis. Ein Zauber ging davon aus
und versuchte sie in seinen Bann zu ziehen. Nein, dachte Kate, der
Zauber hatte sie längst gefangen und er würde sie nicht
sobald loslassen. Sie wollte von weiteren Wundern hören, aber
vor allem wollte sie welche sehen.
„ Ich besitze
die meist verbreitete Fähigkeit, was kaum noch eine Bedeutung
hat. Früher waren wir viel mehr. Aber in dem Krieg sind etliche
Fähigkeiten gänzlich verloren gegangen.“
Kate lauschte
aufmerksam und versuchte die schrecklichen Bilder aus ihrem Kopf zu
vertreiben, die sich bei Mais Worten in ihre Gedanken schlichen.
„ Aus Neid hat
man jagt auf jene gemacht, die anders waren.“
„ Wie
traurig.“, flüsterte sie. Mai stimmte ihr zu und rutschte
von dem Rücken des Drachen. Leichtfüßig und ohne
einen Laut landete sie neben ihm.
„ Seit ich
sechs Jahre alt bin, kann ich mich kontrolliert verwandeln.“,
sagte sie leise. „In einen weißen Tiger.“ Sie
wartete.
„ Wie? Du
meinst einen echten Tiger? Mit Fell und so?“ Ihrer Stimme
konnte man anhören, dass Kate es nicht glaubte. Mai verdrehte
die Augen.
„ Natürlich
mit Fell. Was denn sonst.“
„ Das muss ich
sehen. Ich kann es mir einfach nicht vorstellen.“, sagte Kate.
Drachen waren das Eine und Menschen, die etwas ähnliches wie
Magie gebrauchten das Andere, aber ein Mädchen, dass sich in
einen Tiger verwandelte, erschien Kate selbst in ihren Gedanken als
unmöglich. Auch wenn es einiges erklären würde. Zum
Beispiel die Tatsache, dass Menschen Angst vor ihr hatten oder die
Kraft die Mai unübersehbar besaß. Und dann war da noch die
Leichtigkeit in ihren Schritten. Wie eine Katze, dachte Kate.
Es war angenehm mit
nackten Füßen über den weichen Schnee zu laufen.
Schuhe hatte Kate noch nie gemocht, egal ob in dieser oder der
anderen Welt. Sie waren steif und es fühlte sich an, als
pressten sie ihre Zehen zusammen. Nur wenn sie barfuß ging, war
sie frei.
Deshalb trug sie
auch keine Schuhe, als sie zu einem weiteren Treffen mit Jill gingen.
Dieses Mal ging es um verschiedene Techniken, die jeder Einzelne von
ihnen lernen musste.
„ Jeder von
euch hat eine andere Stärke und dass müssen wir nutzen.“,
hatte Jill ihnen erklärt. Auch sollten sie alle Kleidung tragen,
von denen sie dachten, dass sie sich schnell darin bewegen konnten.
Kate trug eine Jeans und das Oberteil ihres
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