Das Herz der Dunkelheit: Psychothriller (German Edition)
vor, heute Abend damit weiterzumachen.
Wobei sie die alten Jagdgründe von Cal dem Hasser im Sinn hatten – Hot-Hot-Hot und Menagerie, zwei der Lieblingsclubs des Killers – und nicht zu vergessen die Promenade, über die der selbst ernannte »Freudenjunge« stolziert war, als Mildred ihn vor zwei Jahren das erste Mal zu Gesicht bekommen hatte.
David hatte sich heute Morgen aus Boston gemeldet, hatte Sam auf seinem Handy angerufen, da bei ihnen zu Hause nur der Anrufbeantworter angegangen war. Sam und Grace hatten sich darauf verständigt, dass das Hochzeitspaar vor seiner Rückkehr nicht erfahren musste, was los war.
»Alles okay, mein Sohn?«
»Alles bestens, Dad!«
»Sicher?«
Es war immer schwer, Sams Vater etwas vorzumachen.
»Hat die Braut schon genug von dir?«, hatte Sam versucht, das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken.
»Um genau zu sein, hat die Braut gestern Abend gesagt, ich sähe fantastisch aus.«
»Grüß sie von uns!«
»Ist Grace bei dir?«
»Natürlich nicht, Dad! Ich bin in der Arbeit, und Grace und Joshua verbringen den Tag bei Claudia.«
Was David Becket schließlich beschwichtigt hatte.
Er ließ Sam vom Telefon, damit er den Rest des Tages in Angriff nehmen konnte. Das Team würde heute so vielen von Miamis Jachthäfen und Anlegestellen wie nur möglich einen unauffälligen Besuch abstatten.
Die Baby – Coopers alter Cruiser – vor seinem Verschwinden von ihm in die Luft gesprengt – ging ihnen beiden durch den Kopf.
Der Tatort der Morde bei seinem letzten bekannten Gemetzel.
Bis hin zum Muttermord.
Auch wenn bei der unüberschaubaren Zahl von Booten und Schiffen in allen möglichen Formen und Größen, die auf Miamis Wasserwegen, in der Biscayne Bay und dem Ozean dahinter angelegt hatten oder unterwegs waren, die Chancen, den Dreckskerl und irgendein neues Boot ohne konkrete Anhaltspunkte oder einen Tipp zu finden, fast gegen null gingen.
Umso mehr Grund für Sam, dankbar für Névé zu sein.
Ein sicherer Hafen.
33
3. Mai
Sam und Martinez hatten das Wochenende über durchgearbeitet, hatten ihre Hoffnungen bei ihrem eigenen Fischzug durch die Jachthäfen nicht allzu hoch gehängt, da sie um das Risiko wussten, dass Cooper jederzeit wieder den Anker lichten und verschwinden konnte.
Darin war er ein Meister, Cal der Hasser.
Und es gab keine neuen Hinweise, die den Detectives irgendeine andere Richtung aufzeigten.
Sie brauchten einen offenen Verstand, und Augen und Ohren – ihre eigenen, die des restlichen Einsatzteams und die ihrer üblichen Informanten auf der Straße –, die auf alles achteten, was sie zu dem »Herzmörder«, wie die Medien den Täter inzwischen nannten, führen könnte.
Magda hatte mehr als gut reagiert. Sie hatte Grace am Sonntagnachmittag mit offenen Armen empfangen, ein Gästezimmer bereits in einen Behandlungsraum umfunktioniert und sogar ein Wartezimmer für ihre Patienten hergerichtet.
»Aber das ist dein Esszimmer!«, hatte Grace protestiert.
»Ich gebe keine Dinnerpartys«, hatte Magda abgewunken. »Es wird das erste Mal sein, dass dieses Zimmer benutzt wird, seit ich eingezogen bin.«
»Es ist eine Zumutung für dich«, hatte Grace beharrt.
»Du zahlst Miete.«
»Nicht genug.«
»Nimm es oder lass es bleiben!«
Sie hatten sich auf kaum mehr als eine symbolische Miete geeinigt, gerade genug, um die Sache auf eine professionelle Basis zu stellen. Magda weigerte sich, aus Grace’ Nöten auch noch Profit zu schlagen.
»Wenn ich mir das so ansehe«, sagte die ältere Frau an diesem Montagmorgen, während sie das Arrangement erneut betrachtete, »frage ich mich, warum wir uns nicht schon früher überlegt haben, unsere Kräfte zu bündeln.«
»Du warst in Kalifornien«, erinnerte Grace sie. »Und dann kam Joshua.«
»Und irgendwann wird er auf eine richtige Schule gehen und einen Haufen Freunde haben, die er nach Hause einladen will, vielleicht über Nacht, und dann werdet ihr beide, du und Sam, vermutlich froh sein, zu Hause ein Zimmer mehr zu haben.« In Magdas Lächeln lag eine Spur Bedauern. »Für mich ist es etwas anderes – meine leeren Räume kommen mir wie ein Vorwurf vor.«
Sie hatte sich vor fast zehn Jahren von ihrem untreuen Ehemann, einem orthopädischen Chirurgen, scheiden lassen, und ihr einziger Sohn, ein Schönheitschirurg, lebte mit seiner Familie in Washington, DC. Sie sah sie nur selten.
»Der Gedanke, sich eine Praxis zu teilen, ist schon verlockend«, gab Grace offen zu. »Auch wenn mein Home
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