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Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition)

Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition)

Titel: Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
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Blütenzungen die Baumrinde überwucherten. Auch Waringinbäume hatten in diesem Garten aus ihren ovalen, spitz zulaufenden Blattschuppen Kapellen gebaut; stattliche Palmen standen zu Alleen stramm, und Frangipanibäume schufen ein Dickicht, dessen süßer Duft schon von Weitem schmeichelte und lockte. Verschiedene Arten von Bambus, von der Zartheit eines Grashalms bis hin zu hoch aufgeschossenen Giganten, gruppierten sich zu Hainen oder Hecken, ebenso wie Baumfarne und die Banyanbäume mit ihren ineinandergedrehten, miteinander verflochtenen Stämmen und Luftwurzeln, und um einige der Baumstämme wanden sich Kletterpflanzen, deren weißen Blüten nach Waldveilchen dufteten. Mangostanen und die rotpelzigen Rambutans hingen in belaubten Zweigen; überall schimmerten in Weiß, Magenta, tiefem Lila und Sonnengelb Kaskaden aus Orchideenblüten hervor, und je nachdem, wohin sich der Blick wandte, waren über oder zwischen den Baumwipfeln die blaugrauen Flanken des Salak und auf der anderen Seite die Zwillingsgipfel des Gedeh und des Pangerango in Sicht.
    Jacobinas Augen folgten zwei Schmetterlingen, die einander mit schnellem Flügelschlag umtanzten. Lächelnd sah sie ihnen hinterher, wie sie auf den Rand des Wäldchens zuflogen, das einem Märchen entsprungen zu sein schien mit den Bäumen, in deren Zweigen gelbe, kerzenähnliche Früchte hingen, und anderen, von denen an langen Schnüren Früchte hingen, die an graubraune Kürbisse oder Würste erinnerten und die deshalb auch Leberwurstbäume hießen, und Bougainvilleen zauberten ein Feuerwerk aus Farbe über ihre Stämme.
    »Es ist wunderschön hier«, murmelte sie hingerissen.
    »Ja«, erwiderte Jan leise neben ihr. »Ich komme auch immer wieder gerne hierher.« Er legte den Arm um sie, drückte sie an sich und küsste sie sanft auf die Schläfe. »Gefällt es dir in Buitenzorg?«, wollte er wissen, während sie weiter über den Rasen schlenderten, sein Arm um ihre Schultern, die andere Hand in der Hosentasche.
    Jacobina drehte die Muskatnuss zwischen den Fingern, die sie unterwegs aufgesammelt hatte. Fast überall lagen die gelblichen Kugelfrüchte auf dem Boden; Jan hatte eine davon mit dem Absatz seines Schuhs aufgetreten und den schwarzen, von einem korallenroten Netz überzogenen Kern, in dem sich die eigentliche Gewürznuss befand, für sie herausgelöst. »Ja, sehr.«
    Tatsächlich fühlte sie sich geradezu trunken von all den Eindrücken der letzten beiden Tage, nachdem Jan sie mit einem gemieteten Wagen am Koningsplein abgeholt hatte. Angefangen bei der Zugfahrt von Batavia nach Buitenzorg, die sie durch den Kontrast zwischen der feurig roten Erde und dem sanften Grün der Getreidefelder, der Palmenhaine und Kakaobäume führte. Kleine Dörfchen aus geflochtenen Bambushütten zogen zwischen Palmen und Bananenstauden vorüber, und auf den flachen Reisfeldern bückten sich in bunter Kleidung die Bauern, um im knietiefen Wasser zu pflügen, zu pflanzen, zu jäten und zu ernten, die Frauen oft mit auf den Rücken gebundenen Säuglingen, und nackte braune Kinder trieben graue Wasserbüffel vor sich her.
    Buitenzorg selbst bezauberte durch blendend weiße, saubere Fassaden in prächtigen Gärten entlang der großzügigen, baumgesäumten Straßen. Angenehm kühl und ruhig war es hier; hier floss das Leben spürbar langsamer dahin als im erstickend heißen Klima Batavias. Während Batavia etwas Mondänes hatte, wirkte Buitenzorg eleganter, aber auch luftiger und lauschiger, und durch die häufigen Regengüsse, die selbst in der Trockenzeit niedergingen, barst die Stadt vor saftigem Grün. Das Hotel Bellevue , von einem gelangweilt und schlechtgelaunt wirkenden Deutschen und seiner eifrigen, freundlichen holländischen Frau geführt, in dem sich Jan ebenfalls eingemietet hatte, damit sie so viel Zeit wie möglich miteinander verbringen konnten, trug seinen Namen zu Recht. Von der Veranda ihres Zimmers aus hatte Jacobina einen atemberaubenden Blick auf den Salak, dessen Rumpf mit Urwäldern und Plantagen grün gepolstert war und dessen nackter Gipfel sich abends in lapislazuliblauen Dunst hüllte, während der Himmel in den prächtigen Farben von Flamingos, Orangen und Lavendelblüten den kurzen Sonnenuntergang feierte. Zwischen den Hängen des Salak und Buitenzorg erstreckte sich ein paradiesisches Tal, in dem die Fächerkronen der Palmen sich beständig wiegten und flatterten wie ein Meer tiefgrüner Straußenfedern und dabei ein trockenes Rascheln und Flüstern von

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