Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition)
zu ihm hinübergespäht, ob etwas in seinem Gesicht, an seinem Blick ihr verriet, dass er noch immer diese fremde, exotische Schönheit der Frauen hier begehrte.
Jan blieb stehen. Er schlang die Arme um ihre Taille, verschränkte die Finger hinter dem Rücken ihres cremehellen Kleides mit den grünen Ranken und zog sie an sich. »Was ist los?«
»Nichts.« Jacobina wich seinem forschenden Blick aus und bog den Oberkörper zurück, um sich ihm zu entwinden, doch er hielt sie unnachgiebig fest und sah sie weiter eindringlich an.
»Floortje ist unglaublich hübsch«, entfuhr es ihr, und mit brennenden Wangen senkte sie den Kopf. Als von Jan nichts kam, sah sie ihn vorsichtig von unten herauf an.
Seine Stirn hatte er in Falten gelegt, dann glitt ein Ausdruck des Verstehens über sein Gesicht. »Und du fürchtest, ich würde einen Vergleich ziehen zwischen dir und deiner Freundin und dann womöglich nichts mehr von dir wissen wollen?«
Beschämt ließ Jacobina den Kopf hängen.
Jan schien zu überlegen; dann löste er seine Hände von ihrem Rücken und nahm sie stattdessen bei der Hand. Verwundert und auch ein wenig beklommen ließ Jacobina sich mitziehen, den Kiesweg entlang und dann über eine Rasenfläche.
»Siehst du diesen Baum?«, rief er aus, als sie stehen blieben. »Schau ihn dir an!«
Jacobina musterte den schlanken, grauborkigen Stamm und die länglichen, dunkelgrün glänzenden Blätter mit dem gewellten Rand, zwischen denen in Bündeln Blüten hingen, die schmalen, an den Enden gekräuselten Blütenblätter sternförmig angeordnet und von einer Farbe wie noch nicht ganz reife Zitronen. Ratlos sah sie Jan an, der den Arm hochreckte, eine der Blüten abzupfte und ihr hinhielt. »Riech mal.«
Jacobina nahm die Blüte und schnupperte vorsichtig daran, und mit einem seligen Laut ließ sie den Atem wieder ausströmen. Ein voller, runder Duft war es, aber nicht so betäubend wie der der Frangipani, sinnlich und frisch und ein bisschen wie Vanille; sie glaubte, ihn in einer von Endahs Tinkturen schon einmal gerochen zu haben.
»Cananga«, erläuterte Jan. »Auch Ylang-Ylang genannt. Das bedeutet Blume der Blumen. «
Jacobina nickte, obwohl sie immer noch nicht so recht verstand, was er ihr damit sagen wollte.
Jan legte die Hand gegen die glatte Baumrinde. »Das bist du, Jacobina. Genauso schlank und hochgewachsen. Diese Blätter, diese Blüten, dieser Duft – das bist du.«
Blume der Blumen. In Jacobinas Gesicht zuckte es, während sie die Blüte zwischen ihren Fingern betrachtete, die sich so weich anfühlte und doch auf eine Art kein bisschen fragil. Während sie ihre andere Hand um die Muskatnuss zur Faust ballte und gegen die Tränen ankämpfte, die ihr in die Augen stiegen.
Jan trat zu ihr, umschloss ihr Gesicht mit seinen Händen und hob es zu sich an. »So vielfältig wie die Natur hat Gott auch uns Menschen geschaffen. Die Frangipani und der Hibiskus stechen einem mehr ins Auge. Aber das macht die Cananga nicht weniger schön. Und für mich bist du schön, Jacobina.« Ein kleines Grinsen blitzte auf seinen Zügen auf. »Seit gestern vielleicht noch ein klein wenig mehr.«
Jacobina schoss das Blut ins Gesicht. Sie wollte sich ihm entziehen, aber er hielt sie unnachgiebig fest.
Das Bellevue konnte nicht allein mit einem Badehaus, sondern sogar mit einem überdachten, von einer Quelle gespeisten Schwimmbecken aufwarten. Nur mit einer langen Pyjamahose bekleidet, war Jan hineingesprungen; seine Aufforderungen, auch ins Wasser zu kommen, hatte Jacobina abgelehnt, obwohl neben einem weiteren männlichen Gast auch eine ältere Dame in Sarong und Kebaya ihre Schwimmrunden drehte. Stattdessen hatte sie sich damit begnügt, den Saum ihres Sarongs gerade so weit hochzuraffen, dass er noch die Rüsche am Knie ihrer Unterhosen verhüllte, und die Beine ins Wasser gehalten. Immer wieder war Jan zu ihr hergeschwommen, hatte sie geneckt und gelockt und eine Handvoll Wasser auf sie gespritzt. Einen Augenblick war sie zu langsam gewesen, und Jan hatte sie beim Arm gepackt und ins Wasser gezogen. Halb erschrocken, halb verärgert war sie wieder aufgetaucht und hatte dann doch nicht anders gekonnt, als mit Jan mitzulachen. Und als Jan sie im Wasser in seine Arme zog und küsste, hatte der scherzhafte Zuruf der älteren Dame sie dahingehend beruhigt, dass dies zumindest in Buitenzorg nicht als unschicklich betrachtet wurde.
Erst als sie auf ihr Zimmer gegangen war, um sich abzutrocknen und umzuziehen, hatte ihr
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