Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition)
unterschiedlichem Besatz, und auf dem Boden reihten sich elegante Schuhe und Reiterstiefel aneinander. Jacobina ging in die Knie und suchte mit Blicken den Boden ab. Ein Lächeln blitzte auf ihrem Gesicht auf, als sie in einem Stiefel Lolas Schopf entdeckte. Sie zog die Puppe heraus und richtete sich wieder auf, wobei sie mit dem Kopf einen der Kleiderbügel streifte, der ins Schwingen geriet; hastig hielt sie ihn fest und damit den Uniformrock davon ab, herunterzurutschen. Das Revers klaffte auf, und aus der Innentasche lugte ein Tütchen aus Transparentpapier hervor; darin etwas, das wie die Ecke einer Photographie aussah. Jacobina schluckte, und unwillkürlich sah sie sich um, ob jemand sie beobachtete. Die Neugierde zerrte an ihr, und sie schluckte noch einmal, schob dann den Uniformrock notdürftig wieder zurecht. In ihren Fingerspitzen prickelte es, und das schlechte Gewissen durchzog sie, als sie die Puppe auf dem Boden ablegte, das Tütchen aus der Innentasche herauszog und den Inhalt in ihre Handfläche gleiten ließ.
Jacobina blieb der Mund offen stehen. Es waren gleich mehrere sepiafarbene Photographien, in einem Studio aufgenommen, zwischen einer Topfpalme und der Nachahmung einer antiken Säule, über die ein gemustertes Tuch drapiert war. Auf den Bildern waren einheimische Frauen zu sehen, nackt, wie sie sich unbeholfen auf dem Boden räkelten; die Frau auf einem der Bilder hielt die Beine gespreizt. Doch was Jacobina am meisten erschreckte und anwiderte, war der Ausdruck, den sie auf den Gesichtern der Frauen erkennen konnte. Steinerne Gleichgültigkeit. Eine Koketterie, die gekünstelt und dadurch abstoßend wirkte. Abneigung. Furcht.
Schwere Stiefelschritte näherten sich, und Jacobina schrak zusammen. Die Photographien fielen ihr aus der Hand und segelten zu Boden; sie ließ sich auf die Knie fallen und sammelte sie hastig ein, vergewisserte sich, dass sie keine übersehen hatte, bevor sie sie mit zitternden Fingern wieder in das Tütchen schob und aufsprang, um es in die Tasche zurückzustopfen. Unmittelbar vor dem Zimmer blieben die Schritte stehen, dann ging die Tür auf.
Jacobina drückte sich schnell zwischen die Uniformröcke, die nach feuchtem Staub rochen, und zerrte den Vorhang hinter sich zu; mit geballten Fäusten schnitt sie sich selbst eine Grimasse und lauschte dann angestrengt in den Raum hinein.
Die kräftigen Schritte des Majors bewegten sich auf sie zu; offenbar war er nicht allein, denn sie konnte ihn leise murmeln hören. Vorsichtig spähte Jacobina durch den schmalen Spalt zwischen dem Rand des Vorhangs und der Wand hindurch.
Der Major tauchte in ihrem Blickfeld auf, wie er sich gerade aus seinem Uniformrock schälte und ihn achtlos aufs Bett warf, sich dann schwer auf den Rand der Matratze fallen ließ. Auf den angewinkelten Ellenbogen zurückgelehnt, streckte er die Beine von sich und sagte lächelnd etwas zu der zweiten Person im Raum; Jacobina war nicht sicher, ob er Malaiisch sprach, zumindest verstand sie kein Wort, wenn der Tonfall auch durchaus freundlich schien.
Eine kleingewachsene, schmale Gestalt stellte sich in ein paar Schritt Abstand vor ihn hin: Ningsih, in einem grün und braun gemusterten Sarong und grüner Bluse. Anmutig ließ sie sich auf die Knie nieder und packte erst den einen Stiefel, den sie dem Major unter sichtbarer Anstrengung vom Fuß zog und auf den Boden legte, dann den anderen. Vincent de Jong entledigte sich seiner Strümpfe und winkte dann Ningsih mit dem Zeigefinger zu sich heran. Gehorsam rutschte sie näher; er umfasste ihren Nacken, beugte sich vor und küsste sie, bevor er sich an der Vorderseite ihrer Bluse zu schaffen machte und sie ihr von den Schultern streifte. Seine Hände strichen über ihre Brust und ihren Rücken, dann knöpfte er sein Hemd auf, zog es aus dem Hosenbund und warf es beiseite, während er lächelnd auf Ningsih einmurmelte.
Jacobina konnte den Blick nicht abwenden, so falsch es ihr auch vorkam. Die Oberarme des Majors waren kräftig und stark, mit ausgeprägten Muskeln; Muskeln, wie sie sich auch auf seiner Brust und seinem Bauch abzeichneten, wenn er auch um die Taille herum schon etwas weich und füllig zu werden begann. Einzelne Härchen, rot leuchtend auf der hellen Haut, kräuselten sich auf seiner Brust, und quer über seinen Torso und über eine Schulter liefen die wulstigen Grate längst verheilter Narben.
Er lehnte sich zurück, öffnete die Gürtelschnalle und die Hose, hob die Hüften an und
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