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Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition)

Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition)

Titel: Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
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geschlossenen Augen lag der Junge darin; nur manchmal schien ein Schauder durch ihn zu laufen, und ab und zu war ein Wimmern zu hören, als litt er Schmerzen. Melati, die vor dem Bett kniete und die Stirn des Kindes mit einem feuchten Tuch betupfte, fing Jacobinas Blick auf, und sie las darin die gleiche Sorge, die gleiche Furcht, die sie selbst umtrieb.
    » Kabar Jagat?«, erkundigte Jacobina sich flüsternd nach Melatis Sohn. Sie nahm an, dass Melati auf irgendeine Weise Kontakt mit ihrer Familie im Kampong von Batavia hielt, wenn sie auch nicht genau wusste, wie. Vielleicht über einen der Fischer oder Bootsleute in Ketimbang, denn immer wenn Melati nach einem Ausflug mit Frau de Jong von dort zurückkehrte, hatte sie ein Strahlen in den Augen, das gleichermaßen glücklich wie sehnsüchtig wirkte.
    Ein kleines Lächeln schien auf dem Gesicht der babu auf, und sie nickte. »Jagat baik .«
    »Gut«, hauchte Jacobina beruhigt und schmiegte die Wange in Idas Haar.
    Angstvoll lauschte sie ins Haus hinein; die gedämpften Stimmen aus dem Salon waren kaum zu hören unter dem Rauschen des Meeres. Doktor Dekker saß nun schon geraume Zeit mit den de Jongs beisammen, um seine Diagnose mit ihnen zu besprechen; je mehr Zeit verstrich, desto banger war Jacobina zumute, und dass dieses Gespräch hinter geschlossener Tür stattfand, trug nicht gerade zu ihrer Beruhigung bei. Sie fuhr zusammen, als sich die Tür öffnete und die Stimmen lauter wurden.
    »… machen wir das so«, konnte sie den Arzt auf Holländisch sagen hören, dann warf der Major murmelnd etwas ein. »Nein, keine Sorge, Herr Major. Da können Sie sich ganz auf mich verlassen. Ich schaue morgen nochmal vorbei und …« Seine Stimme und die des Majors entfernten sich in Richtung der Haustür.
    Jacobinas Pulsschlag beschleunigte sich, und sie wechselte einen beklommenen Blick mit Melati, während sie Ida fester an sich drückte und ihr den Rücken streichelte.
    Frau de Jong erschien im Türrahmen. Die Hände zu Fäusten geballt, die Augen gerötet und verschwollen, betrachtete sie von dort aus ihren Sohn. Melati stand hastig auf, nahm Tuch und Schüssel und ging mit einer kleinen Verneigung an ihrer Herrin vorbei hinaus.
    »Was hat der Arzt gesagt?«, wandte sich Jacobina leise an Margaretha de Jong.
    Wie in Trance stand sie da und rührte sich nicht; Jacobina glaubte schon, sie hätte sie nicht gehört, und setzte gerade dazu an, ihre Frage zu wiederholen, da öffnete Margaretha de Jong den Mund.
    »Nur ein Fieber«, kam es tonlos über ihre Lippen. »Nur ein kleines Fieber. Nichts Ernstes.« Sie nickte schwach, als müsste sie sich selbst davon überzeugen. »Ja. Nur ein kleines Fieber.« Als hätte sie einen Schlag in den Magen bekommen, krümmte sie sich plötzlich zusammen; sie schluchzte auf, presste eine Faust vor den Mund und wirbelte herum, rannte über den Korridor hinweg, riss die Tür zu ihrem Schlafzimmer auf und schlug sie hinter sich zu.
    Jacobina zuckte ebenso zusammen wie Ida, die einen Jammerlaut von sich gab, während fühlbar neue Schluchzer in ihr aufstiegen. »Shhtt, meine Kleine«, flüsterte Jacobina ihr zu und strich ihr über den Kopf. »Ist ja gut.« Sie sah zu Jeroen hinüber, und Tränen stiegen ihr in die Augen, als sie Frau de Jong hinter der Tür laut weinen hörte.
    In Reiterhosen und hohen Stiefeln, die obersten Knöpfe seines Hemds geöffnet, trat der Major ein, und Jacobinas Schultern versteiften sich. Seine Schritte waren schleppend, als er an Jeroens Bett trat, und erstaunlich behutsam ließ er sich auf dem Rand der Matratze nieder. Erschöpft wirkte er, das Gesicht aschfahl und die Linien darin tief eingegraben. Er sah verschwitzt und staubig aus; so schnell wie Doktor Dekker hier eingetroffen war, musste Vincent de Jong wie der Teufel nach Teluk Betung geritten sein. Seine Pranke legte sich auf den Kopf des Jungen, und der Daumen strich behutsam, aber mit leichtem Zittern über Jeroens Schläfe. Vorsichtig versuchte Jacobina mit Ida im Arm aufzustehen, um den Major allein zu lassen.
    »Bitte bleiben Sie«, raunte er, ohne sie anzusehen. Er schwieg einige Wimpernschläge lang, dann fuhr er mit rauer Stimme fort: »Ich bitte Sie vielmals um Entschuldigung, Fräulein van der Beek. Obwohl ich weiß, dass das, was ich mir neulich Ihnen gegenüber erlaubt habe, unverzeihlich ist.« In seinem harten, unbeugsamen Gesicht zuckte ein Muskel. »Unverzeihlich als Mann einer Frau gegenüber. Als Ehemann und Vater. Als Ihr Dienstherr.

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