Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition)
Mademoiselle?«
»Guten Tag«, erwiderte Floortje zögerlich. »Ich möchte gerne zu Herrn Holtum. Wäre das möglich? – Er wohnt doch noch hier, oder?«, setzte sie rasch hinzu, als sich auf dem Gesicht des Portiers Bedauern abzeichnete.
»Aber ja, Mademoiselle. Er ist nur leider nicht im Haus, sondern zu Proben am Koningsplein.«
»Wann erwarten Sie ihn denn zurück?«
»Oh, Mademoiselle!« Das Bedauern des Portiers schlug sich nun auch in seiner Stimme nieder »Das kann sehr spät werden. Mitternacht vermutlich, auf jeden Fall weit nach Ende der Vorstellung.«
Floortje nickte verstehend und knabberte auf ihrer Unterlippe herum. Sie hätte ihn gerne wiedergesehen, aber sie wollte auch keine kostbare Zeit verschwenden.
»Kann ich Herrn Holtum vielleicht etwas von Mademoiselle bestellen?«
Floortje zögerte, unschlüssig, was sie ihm ausrichten lassen sollte, dann erhellte sich ihre Miene. »Ja! Ehm … Einen Moment bitte.« Sie errötete, wandte sich schnell um und fischte die Stoffblume und einen Geldschein aus ihrem Ausschnitt, was beim Portier dann doch ein leichtes Anheben der Brauen zur Folge hatte. »Wären Sie so freundlich, ihm die hier von mir zu geben und ihm zu sagen, dass Blümchen hier war?«
Mit spitzen Fingern nahm der Portier die angeschmutzte, schweißfeuchte Blüte entgegen. »Blümchen. Sehr wohl, Mademoiselle. Sehr gerne.«
Floortje entfaltete den Geldschein und legte ihn auf den Empfangstisch. »Und könnte ich bitte einen Wagen mieten, der mich zum Hafen bringt?«
»Natürlich, Mademoiselle, sehr gerne.« Er machte ein paar Schritte zur rückwärtigen Tür, steckte den Oberkörper hinaus und rief etwas in den Hof, dann kehrte er zum Empfangstisch zurück. »Kann ich sonst noch etwas für Mademoiselle tun?«
Floortje lächelte; das war das Des Indes , wie sie es ein Jahr zuvor kennengelernt und geliebt hatte.
»Ja. Entschuldigen Sie die seltsame Frage … Aber welchen Tag haben wir heute?«
Der Portier behielt seine höfliche Miene bei. »Sonntag. Den sechsundzwanzigsten August.«
Mit versteinerter Miene, die Augen zu Schlitzen zusammengekniffen, stand Kian Gie im Hof seines Hauses und starrte auf den Türhüter hinab, der sich mit halb heruntergelassenen Hosen wimmernd auf der Erde zusammenkrümmte und ein kleines Bündel gegen seinen nackten Schritt presste; jemand war so mitfühlend gewesen, ihm in ein Tuch eingewickelte Eisstückchen zu bringen. Angstvoll sahen die versammelten Hausdiener und Stallburschen ihren Herrn an, vor allem derjenige, dem die undankbare Aufgabe zugefallen war, Go Kian Gie zu schildern, was sich während seiner Abwesenheit hier zugetragen hatte. Kian Gie schob die Schuhspitze unter einen Arm des Mannes und schubste ihn beiseite. Schweigend betrachtete er das verkrustete Blut auf dem erschlafften Glied, die bläulich und purpurn verfärbten Abdrücke kleiner, regelmäßiger Zähne und die roten Kratzspuren auf den Hoden. Ein Ruck ging durch Kian Gie; mit dem Fuß holte er aus und kickte scharf in die malträtierten Weichteile des Mannes, sodass dieser aufbrüllte und sich auf dem Boden wälzte. Kian Gie schüttelte das Bein aus und ging um den Mann herum; blitzartig schnellte sein Fuß vor, traf den Türhüter in der Nierengegend und gleich darauf mit einem hässlichen Geräusch zwischen den Schulterblättern. Heulend wand sich der Mann auf dem Boden, bis der Absatz von Kian Gies Schuh ihn im Genick festnagelte.
»Aufsatteln«, bellte er auf Baba Malay, und die Stallburschen sprinteten los, um seinem Befehl nachzukommen. Er wandte sich halb zu Jian um. »Den Revolver.« Jian nickte und eilte ins Haus.
Während Kian Gie auf die Pferde wartete, zog er seine Uhr aus der Westentasche und klappte sie auf. Es war Viertel nach zwölf.
Zwei der Stallburschen hetzten mit den beiden in aller Eile gesattelten Pferden über den Hof, und Kian Gie nahm den Fuß vom Nacken des Türhüters. Sobald Jian ihm das Jackett ausgezogen, das Holster umgeschnallt und wieder in die Anzugjacke geholfen hatte, stieg Kian Gie auf.
Die beiden anderen Türhüter öffneten das Tor, und mit Jian dicht hinter ihm jagte Kian Gie auf die Straße hinaus, ohne Rücksicht darauf, was oder wer ihm dabei unter die Hufe geraten mochte.
Entschlossen, sein Eigentum zurückzuholen.
Das sich ohne jeden Zweifel auf dem Weg nach Ketimbang befand.
44
Munter tuckerte die Maschine des Dampfkahns vor sich hin und blies aus dem Schornstein ein Rauchfähnchen gen Himmel. Floortje blinzelte in die
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