Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition)
die Rüschen ihres alten elfenbeinhellen Sommerkleides mit den blauen Blumen bei jedem Schritt hin und her wogen ließ, schlenderte sie die Stufen hinunter in den Hof, der in morgendlicher Stille dalag.
Der bullige Türhüter am Eingangstor hatte sie sogleich entdeckt; breitbeinig und mit verschränkten Armen, das grobe, bärtige Gesicht finster zusammengezogen, wandte er sich ihr zu. Floortje schenkte ihm ihr strahlendstes Lächeln und ging an einem der steinernen Löwen vorbei. Leise summte sie vor sich hin, während sie zwischen den Bäumen herumflanierte, hier über eine Rinde streichelte, dort spielerisch an einem Blatt zupfte, sich schließlich auf die Zehenspitzen stellte und mit hochgerecktem Arm eine Blüte aus einem Frangipanibaum rupfte, andächtig daran schnupperte und sie gedankenvoll zwischen den Fingern drehte und dabei die bohrenden Blicke des Türhüters unentwegt auf sich spürte.
Wie ein böser Traum schien es ihr, dass sie am Vortag einige Momente lang versucht gewesen war, ihr Leben zu beenden. Es war der Gedanke an Jacobina gewesen, der sie schließlich dazu bewogen hatte, sich zusammenzureißen und die Scherbe aus der zitternden Hand zu legen. Jacobina würde sicher nicht einfach so aufgeben; Jacobina, die in Ketimbang auf Sumatra in Haft saß. Floortje schuldete es ihr, dass sie wenigstens versuchte, hier herauszugelangen und ihr zu Hilfe zu kommen. Sollten alle ihre Pläne scheitern, hätte sie immer noch Gelegenheit genug, sich das Leben zu nehmen.
Mit der ausgestreckten Hand strich sie zärtlich über die Baumrinde, während sie um den Stamm eines Baumes herumschritt, der nicht allzu weit vom Tor entfernt war, auf den aber die dahinterstehenden Bäume die Sicht vom Haus her verstellten. Aufseufzend lehnte sie sich mit dem Rücken dagegen und hielt sich die Blüte immer wieder geziert vor die Nase. Sie hatte genug Zeit. Bis heute Mittag , hatte Kian Gie gesagt und ihr einen Kuss auf die Wange gegeben, bevor er sich von ihr herunterrollte, seinen Morgenrock überstreifte und das Zimmer verließ, um drüben, auf seiner Seite des Stockwerks, ein Bad zu nehmen. Floortje hatte schnell ihr Nachthemd wieder heruntergezogen, war aus dem Bett gesprungen und hatte sich mit gespitzten Ohren weit aus dem geöffneten Fenster gelehnt. Sobald sie das Hufgeklapper und Räderknirschen hörte, das sich von den Stallungen her über den Hof bewegte, dort kurz verstummte, dann wieder anhob und hinter dem sich schließenden Tor verklang, hatte sie sich in aller Eile gewaschen und angezogen und zufrieden im Spiegel betrachtet, bevor sie hinuntergegangen war; selbst bei genauer Betrachtung fiel nicht gleich ins Auge, dass sie in ihrem Hemdchen ihr gesamtes Bargeld bei sich trug, und allzu eindringliche Blicke würden zur Not von den Rändern der roten Stoffblume abgelenkt, die sie tief in ihren Ausschnitt geschoben hatte.
Floortje schmiegte sich dekorativ an den Baumstamm und seufzte erneut, halb sehnsüchtig, halb traurig. Sie zwirbelte eine Haarsträhne um den Zeigefinger und schielte immer wieder unter halb gesenkten Lidern zum Türhüter ihn, lächelte schüchtern und sah schnell wieder weg. Beim nächsten Mal ließ sie den Blick länger auf ihm ruhen und kräuselte die Lippen auf eine Art, von der sie gelernt hatte, dass sie verführerisch wirkte.
Abrupt wandte ihr der Türhüter den Rücken zu, über dem der lange dünne Zopf baumelte, warf dann aber doch unter zusammengezogenen Brauen einen verwirrten Blick über seine Schulter. Floortje lächelte ihn mit schräg gelegtem Kopf an und senkte dann scheu den Kopf, während die Spitze ihres festen Schuhs Linien in den Boden kratzte. Sie drückte den Rücken durch, sodass der Stoff des Kleides über ihren Brüsten spannte, und warf dem Türhüter erneut ein Lächeln zu, schelmisch dieses Mal.
Langsam drehte er sich wieder um, vermied dabei aber, Floortje anzusehen; dennoch glaubte sie zu erkennen, wie sich seine Wangen färbten. Seine Augen huschten wieder zu ihr hin, und sie schenkte ihm ein hinreißendes Lächeln unter flatternden Wimpern. Einer seiner Mundwinkel zuckte, dann breitete sich ein Grinsen auf seinem Gesicht aus.
Mit gekrümmtem Zeigefinger winkte Floortje ihn zu sich heran, und seine abwehrende Geste beantwortete sie mit einer flehentlichen Pantomime. Er zögerte, sah rasch zum Haus hin, dann straffte er sich und kam mit einem Wiegeschritt auf sie zu, der gleichermaßen energisch wie selbstgefällig ausfiel.
Das Grinsen auf dem
Weitere Kostenlose Bücher