Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition)
zu Floortje hin. »Das wird dir noch leidtun«, flüsterte er dicht an ihrem Ohr. »Euch beiden.«
Dann ließ er sie los, und auf ein geknurrtes Wort von ihm hin trat auch Jian zurück, und Jacobina zerrte Floortje mit sich fort, den Hang hinauf. Floortje warf immer wieder ängstliche Blicke über ihre Schulter zurück, aber Kian Gie schien sie nicht weiter zu verfolgen.
Drei einheimische Männer waren mit Herrn Beyerinck in eine angeregte Diskussion vertieft und zeigten wiederholt hinter sich; schließlich nickte Beyerinck und wies mit einem Kopfrucken in die entsprechende Richtung. »Hier entlang! Wir sind bald da!«
»Danke«, hauchte Floortje, als sie den Beyerincks hinterherstapften.
Jacobina erwiderte nichts darauf, aber ihre Finger verschränkten sich mit denen Floortjes, drückten sie einmal ermunternd und hielten sie dann fest.
Pling . Die Uhr auf dem Schränkchen im Vorraum gab den letzten Schlag zur vollen Stunde an, als Jacobina müde durch das Schlafzimmer schlich. Es war ein sehr kleines Haus, das die Beyerincks hier am Hang des Rajabasa besaßen, mehr eine Hütte, aber mit Küche, einer schmalen Veranda und angrenzendem Stall, in dem die Hühner aufgeregt gackerten.
Im Türrahmen warf sie noch einen Blick zurück. Wie Brotlaibe lagen die drei Kinder der Beyerincks neben Ida quer im großen Bett; alle vier verschwitzt und verschmiert von Ruß und Dreck, alle vier in einem Zustand zwischen schockstarrem Wachsein und ängstlichem Zittern, dem schweren Schlummer der Erschöpfung und unruhigem Halbdämmer, dem die babu der Familie beizukommen versuchte, indem sie neben dem Bett kniete, allen vieren abwechselnd über die Köpfe strich, sanft auf sie einmurmelte und ein Wiegenlied summte.
»Mitternacht«, ließ sich Herr Beyerinck vernehmen, als Jacobina über die Schwelle trat und im trüben Licht einer Lampe auf das Zifferblatt der Uhr spähte, von der nur noch das einförmige tock-tock des Pendels zu hören war; sonst ein solch beruhigendes, geradezu einschläferndes Geräusch, hatte es jetzt etwas Lauerndes, das an den Nerven zerrte. »Fünf Stunden haben wir von Ketimbang hier herauf gebraucht«, fügte er hinzu. Mit verschränkten Armen lehnte er an der Wand, während seine Frau zusammen mit Floortje und zwei einheimischen Frauen am Buffetschrank zugange war.
»Ich danke dem Herrn, dass wir uns hier endlich sicher wissen können«, warf Johanna Beyerinck über ihre Schulter hinweg ein.
Jacobina nickte; es fühlte sich an, als hätten sie weitaus länger dafür gebraucht, mindestens eine ganze Nacht. Sie ging zu einem der beiden Fenster, die mit Bambusjalousien verhängt waren. Mit dem Zeigefinger schob sie die Jalousie ein Stück zur Seite und spähte hinaus. Dunkel zeichneten sich die Umrisse der Einheimischen ab, die rings um das Haus auf der Erde kauerten; eine formlose, unruhige und flüsternde Masse, abgesehen von den wenigen Stellen, an denen Laternenschein Köpfe und Gesichter aus der Dunkelheit schnitten; es mochten wohl ein paar Tausend sein. Vom Vulkan war hier oben nicht viel zu sehen, ein schwarzer Nebel hing über der Sundastraße, dick wie aus Unmengen von Ruß, in dem es immer wieder rötlich aufgloste.
»Hier.« Jacobina wandte sich um. Floortje war zu ihr getreten und hielt ihr mit der einen Hand ein gefülltes Glas, in dem es munter sprudelte, und mit der anderen einen Zwieback hin.
»Danke.« Jacobina trank das Glas gierig halb leer, das Selterswasser mit einem Geschmack nach Orangen enthielt, und reichte es Floortje zurück, aber die schüttelte den Kopf. »Ich hatte schon. Ist alles für dich.« Floortje nahm ihr das leere Glas wieder ab und trug es zum Buffetschrank zurück. Seufzend ließ sich Jacobina auf dem Boden nieder und drückte ihren schmerzenden Rücken aufrecht gegen die Wand, während sie an ihrem Zwieback knabberte. Als Floortje sich neben sie setzte, legte Jacobina wie selbstverständlich den Arm um die Schultern ihrer Freundin und drückte sie an sich, und Floortje legte ihren Arm quer über Jacobinas Taille und schmiegte das Gesicht gegen ihr Brustbein.
Eine Weile lauschten sie den krachenden Schlägen, die von der Insel von Krakatau herüberdrangen, und dem gleichmäßigen Gemurmel der Einheimischen. Allah il Allah war immer wieder zu hören, wenn sie ihren Gott flehentlich um Beistand und Rettung anriefen, Allah il Allah .
»Du hast mir gefehlt«, flüsterte Floortje irgendwann.
»Du mir auch«, flüsterte Jacobina zurück.
»Wir haben uns viel zu
Weitere Kostenlose Bücher