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Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition)

Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition)

Titel: Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
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wir das Licht bitte anlassen?«, wisperte sie. »Lach mich bitte nicht aus, aber … ich hab Angst im Dunkeln.«
    Jacobina blinzelte verblüfft. »Wovor?«
    Floortje schnaufte auf. »Das klingt jetzt bestimmt albern. Aber vor Dingen, die ich eigentlich vergessen möchte.«
    Jacobina rollte sich auf den Rücken und stopfte sich das Kissen im Nacken zurecht. »Das kenne ich«, erwiderte sie langsam und dachte an ihre eigenen schlaflosen Nächte. Jene Nächte, in denen die vielen kleinen Demütigungen wieder aus der Tiefe ihrer Erinnerung aufgestiegen waren und sich wie Blutegel an sie geheftet hatten. »Am Tag denkt man nicht daran, aber im Dunkeln kommt die Erinnerung zurück. Und manchmal wird sie übermächtig, und man kann ihr nicht entfliehen, so sehr man das auch möchte. Bis das Herz wie verrückt schlägt und sich einem der Magen umdreht.« Sie warf Floortje einen Seitenblick zu, und einer ihrer Mundwinkel krümmte sich aufwärts. »Wir können das Licht gerne anlassen. Ich drehe die Lampe nur ein wenig herunter.« Sie rollte sich auf die Seite und fischte unter der Kante des Netzes hindurch, drehte das Rädchen der Lampe so weit herunter, dass noch ein zarter Schein über das breite Bett fiel. »Gut so?«
    »Ja«, hauchte Floortje. »Danke.«
    Ohne sich noch einmal umzuwenden, legte sich Jacobina auf ihrem Kissen zurecht und stopfte das Leintuch um sich herum fest. »Gute Nacht.«
    »Gute Nacht, Jacobina.«
    Stille kehrte ein, und auch die Stadt schien allmählich zur Ruhe zu kommen; nur die Zikaden sirrten beharrlich ihr eintöniges Lied.
    Mit offenen Augen lag Jacobina da, den Körper angespannt. Ihr war unwohl bei dem Gedanken, im Schlaf Floortje aus Versehen zu nahe zu kommen, und bei der Vorstellung, womöglich zu schnarchen und sich damit lächerlich zu machen.
    »Jacobina«, flüsterte es irgendwann neben ihr, »schläfst du schon?«
    Jacobina fühlte sich ertappt. »Ja«, rutschte es ihr heraus, und sogleich schoss ihr das Blut ins Gesicht; mit zusammengebissenen Zähnen schnitt sie sich selbst eine Grimasse.
    Als Jacobina neben sich erstickte Laute hörte und sich zögerlich umdrehte, die beiden sich in die Augen sahen, sprang der Funke über. Floortje brach in schallendes Gelächter aus, ein Gelächter, das von den Wänden des hohen, weiten Raums widerhallte, und Jacobina konnte nicht anders, als einzustimmen. Sie hatte vergessen, wie es war, aus vollem Herzen zu lachen, bis der Bauch wehtat, ohne sich darum zu kümmern, wie sie dabei aussah und was ihr Gegenüber von ihr denken mochte. Leicht fühlte es sich an und lebendig; wie in einem Rausch, der bis in die Fingerspitzen und Zehen kribbelte und im Kopf angenehm vibrierte, und jung fühlte es sich an. Ein Gefühl, das noch anhielt, als das Gelächter abebbte und sie einander glucksend ansahen, außer Atem, die Wangen erhitzt, ihre Gesichter keine Handbreit voneinander entfernt.
    »Du bist richtig hübsch, wenn du lachst«, sagte Floortje zwischen zwei Japsern mit blitzenden Augen.
    Das Lächeln auf Jacobinas Gesicht schrumpfte, verschwand jedoch nicht ganz; lange hielt sie Floortjes forschenden Blick fest. Die Leidenschaftlichkeit, die Floortje versprühte, war wie ein heftiger Windstoß, der ein nur nachlässig angelehntes Fenster aufriss und den schlecht gelüfteten, muffigen Raum dahinter durchpustete und alles darin durcheinanderwirbelte. Nach Freiheit roch dieser Wind, der Freiheit, zu tun und zu lassen, was immer Jacobina wollte, und niemandem mehr Rechenschaft ablegen zu müssen. Ein Wind, der an ihr zerrte, sie umschmeichelte und lockte, je mehr Zeit sie mit Floortje verbrachte.
    »Unsinn«, brachte sie schließlich hervor, und es geriet ihr weniger knurrig als unsicher. »Schlaf gut«, fügte sie hinzu und drehte sich wieder um.
    »Du auch«, erwiderte Floortje weich.
    Eine Zeit lang betrachtete sie den Rücken von Jacobinas Nachthemd, wie sich der feste Stoff unter ihren Atemzügen dehnte und wieder zusammenzog. Ihre Brust war ihr eng dabei; sie wünschte sich so sehr, dass es immer so weitergehen konnte, Jacobina immer da wäre, und der Gedanke, bald vielleicht schon ohne sie sein zu müssen, krampfte ihre Brust enger zusammen.
    »Jacobina«, raunte sie ihr zu, »wir werden uns doch auch in Batavia noch sehen, oder?«
    Als von Jacobina nichts anderes kam als gleichmäßige Atemzüge, kuschelte sich Floortje tiefer in die Kissen. »Ich hab dich nämlich sehr gern, weißt du«, wisperte sie, kaum noch hörbar.
    Jacobina kniff die Augen

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