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Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition)

Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition)

Titel: Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
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schwer, damit nicht vorwärtszustürmen und sie stattdessen behutsam auf dem Tisch abzulegen. Er stellte sich dicht neben Jacobina, um ja nichts zu verpassen, zappelte in den Knien und strahlte Jan hinter sich aufgeregt an.
    Jacobina schob sich Ida auf dem Schoß zurecht, löste das Schleifenband der Mappe und klappte sie auf. Vorsichtig hob sie das oberste der Blätter an und schlug es um. »Oh nein«, murmelte sie.
    Statt der erwarteten zart geäderten, fragilen Gebilde in sanftem Rot, Blau, Gelb und Weiß klebten plattgedrückte braune Formen auf dem Papier, die selbst an ihren Umrissen kaum noch als Blüten zu erkennen waren. Giftig gelb gesprenkelt und von einem Feld grauer Schimmelflöckchen umgeben, stieg ein modriger Geruch daraus auf.
    »Die sehen aber nicht schön aus«, ließ sich Jeroen zögerlich vernehmen.
    Jacobina schluckte und hielt Idas Händchen fest, das sich neugierig nach den verfaulten Blüten ausgestreckt hatte. »Nein, die sehen überhaupt nicht schön aus.« Sie versuchte sich an einem Lächeln, das zittrig geriet. »Da habe ich etwas falsch gemacht.«
    Jeroen sah sie von der Seite her an, lehnte sich dann an sie und schmiegte die Wange gegen ihren Arm. »Nicht traurig sein, noni Bina«, sagte er leise. »Wir versuchen es noch mal.«
    »Noch maaaal«, piepste Ida und hopste auf Jacobinas Schoß auf und ab.
    »Ja«, presste Jacobina hervor. »Vielleicht.«
    Zu ihrer Erleichterung rief Melati die Kinder für das nachmittägliche Bad zu sich; Jeroen jagte bereits davon, und Jacobina setzte die strampelnde Ida ab, die sich beeilte, ihrem Bruder zu folgen.
    Schweigend war Jan Molenaar daneben gestanden, die Hände in den Hosentaschen vergraben. »Das tut mir sehr leid«, sagte er nun leise.
    »Ja, mir auch«, erwiderte Jacobina mit belegter Stimme. Sie atmete auf, als sie aus den Augenwinkeln sah, wie er davonging, und gleichzeitig wünschte sie sich, er wäre geblieben. Enttäuschung schnürte ihr den Magen zusammen, und Tränen brannten hinter ihren Augen. Sie kam sich unendlich dumm vor, nicht daran gedacht zu haben, dass die Blüten in der feuchtheißen Luft hier sofort faulen würden. Langsam klappte sie die Mappe wieder zu, verschränkte die Arme darauf und starrte zu den Bäumen hinüber. Ihre Brauen zogen sich zusammen, als sie zwischen den Stämmen eine kleine Gestalt entdeckte. Ein einheimischer Junge war es, den schmalen, haselnussbraunen Leib nur mit einem gemusterten Tuch bekleidet, das er um die Hüften geschlungen hatte. Eine Hand gegen einen Baumstamm gestützt, reckte er sich auf den Zehenspitzen hoch und spähte zum Haus herüber.
    Jacobina erhob sich, um ihn besser erkennen zu können, und wie ein Windstoß wirbelte der Junge herum und war sogleich zwischen den Bäumen verschwunden. Einige Herzschläge lang blickte Jacobina noch zu der Stelle hin, an der der Junge gestanden hatte, dann machte sie sich daran, die Schiffchen zusammenzuräumen, um sie ins Haus zu tragen. Sie hörte Schritte hinter sich und drehte sich um. Eine Hand hinter sich verborgen, kam Jan Molenaar auf sie zu und blieb dicht vor ihr stehen.
    »Das einzig Beständige auf dieser Welt ist die Vergänglichkeit alles Irdischen«, sagte er leise. »Ganz besonders hier in den Tropen.« Er holte die Hand hinter dem Rücken hervor und hielt Jacobina zwischen den Fingerspitzen eine Blüte entgegen. Die wächsernen, ovalen Blütenblätter waren cremigweiß und färbten sich zur Mitte hin dottergelb. Eine Blüte, wie mehrere Bäume im Garten sie trugen und wie Jacobina sie unter anderem hatte trocknen wollen – nicht zuletzt ihres betäubend süßen Dufts wegen, der an manchen Abenden durch die Fenster hereinquoll.
    »Frisch sind sie doch am schönsten«, fügte er hinzu.
    Jacobina nickte und streckte die Finger danach aus, aber Jan Molenaar zog seine Hand einen Deut zurück. »Man trägt sie im Haar.« Er machte eine Geste zu Jacobina hin. »Darf ich?«
    Verlegen nickte sie wieder, und er trat näher, so nahe, dass Jacobina die Wärme seines Körpers auf ihrer Haut spüren konnte und seinen Atem auf ihrem Gesicht. Er roch gut, nach frisch gewaschener Wäsche und ein bisschen wie sonnendurchwärmter Stein und wie grünes Moos.
    »Der botanische Name ist Plumeria«, raunte er ihr zu, während er sich mit der Blüte an ihrem Haarknoten zu schaffen machte, sodass ihr kleine Schauder das Rückgrat hinabrannen. »Wir Europäer nennen sie Frangipani, und hier heißt sie Kemboja.« Er legte den Kopf zurück, um sein Werk zu

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