Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition)
auf ihre Freundin gegenüber, dann auf Floortje. »Die liebe Geertje hier ist die Hohepriesterin über Klatsch und Tratsch in Batavia! Stellen Sie sich also lieber mal gut mit ihr!«
Floortjes Magen zog sich zusammen, und ihre Finger krampften sich um den Fächer in ihrem Schoß.
Geertje Leeuwenhoeck lachte, und ihr schmales, braunes Gesicht legte sich dabei in zahlreiche Falten. »Da dürfte sich unser bezauberndes Fräulein Dreessen wohl kaum Sorgen machen müssen! – Nein, was mich schon den ganzen Abend beschäftigt, ist Ihre wunderbare Robe. Darf ich?« Sie streckte ihre überlangen knochigen Finger nach Floortje aus, die unmerklich aufatmete und nickte.
Bewundernd strich Frau Leeuwenhoeck über die Goldstickerei auf dem kaum handbreiten Ärmel. »Eine wunderbare Arbeit!«
»Ja, nicht wahr?« Begeistert sah Floortje an sich selbst herunter. Die breite Goldstickerei zierte auch den quadratischen Ausschnitt, der Floortjes Dekolleté besonders vorteilhaft hervorhob, und den Saum der malachitgrünen Seidenrobe, die sich bis zur Hüfte eng an ihren Leib schmiegte, um dann in quer verlaufenden Raffungen bis zum Boden zu reichen und auf der Rückseite zu einer winzigen Schleppe auszulaufen; ellenbogenlange Handschuhe, passende Schuhe und Pompadourbeutel sowie die goldenen, mit Smaragden besetzten Ohrhänger, die Edu ihr mitgebracht hatte, als er sie im Hotel abgeholt hatte, vervollständigten die große Abendtoilette.
»So was in der Art würde mir auch gefallen«, meinte Frau Leeuwenhoeck. »Ist das von Tabardi ?«
»Von Rouffignac «, gab Floortje zur Antwort und schlug bescheiden die Augen nieder.
»Qualität hat eben ihren Preis«, seufzte ihr Gegenüber.
»Ich kann da gar nicht hingucken«, Frau de Groots Fächer wies auf Floortjes schmale Leibesmitte. »Es sei denn, Sie versichern mir, dass Sie zwei Wochen nichts gegessen haben oder jetzt gerade keine Luft mehr bekommen! Der liebe Edu kann Ihre Taille doch bestimmt mit den Händen umspannen, oder nicht?«
»Ich weiß es nicht«, gab Floortje kichernd zurück. »Er hat es noch nicht versucht!«
»Das sollte er dann aber schnellst… Griet! Huhuuu!« Frau de Groot reckte ihren Arm hoch und ließ ihre Hand aufgeregt auf und ab flattern. »Griet! Hier sind wir!«
Neugierig sah Floortje der aparten Dame entgegen, die lächelnd auf ihren Tisch zuschritt und erst Frau de Groot, dann Frau Leeuwenhoeck auf Malaiisch und mit Wangenküsschen begrüßte. Das satte Mitternachtsblau ihrer mit silbernen, goldenen und kupfernen Fäden üppig bestickten Robe harmonierte gut mit ihren blauen Augen, ihrem goldenen Teint und dem mahagonidunklen Haar, das sie in schlichter Manier aufgesteckt trug; um ihren Hals lag ein schweres Collier mit Saphiren, und an ihren Ohrläppchen schaukelten die dazu passenden Ohrgehänge.
Frau de Groot wies einladend neben sich und winkte einem Diener, der sofort einen weiteren Stuhl herantrug, auf dem sich die Dame in Blau niederließ, während sie sich auf Malaiisch einen schnellen Wortwechsel mit Frau de Groot und Frau Leeuwenhoeck lieferte, deren Mienen Besorgnis und Mitgefühl widerspiegelten, bis Frau de Groots Blick sich mit dem von Floortje traf.
»Achje, entschuldigen Sie – wie unhöflich von uns!« An die Dame neben ihr gewandt und ihr den Unterarm streichelnd, fuhr sie auf Holländisch fort: »Mach dir nicht allzu viele Gedanken, bei Kindern in dem Alter ist das häufig so. Ein bisschen Unwohlsein am Abend, und am nächsten Morgen sind sie wieder quietschfidel! – Griet, das ist das besagte Fräulein Dreessen, das uns alle in den letzten Tagen in solche Verzückung versetzt hat. Und das, liebes Fräulein Dreessen, ist Margaretha de Jong, ohne die Batavia nicht das wäre, was es ist.«
»Oh, Sie sind Frau de Jong?«, rief Floortje begeistert aus und schüttelte ihr kräftig die Rechte. »Ich freue mich sehr, Sie endlich kennenzulernen, ich habe schon so viel von Ihnen gehört! Herr Bomberger hat erst gestern von Ihnen geschwärmt, und Jacobina ist eine Freundin von mir. Jacobina van der Beek – wir haben uns auf dem Schiff nach Batavia kennengelernt.«
»Tatsächlich?« Frau de Jong lächelte, wirkte aber ein wenig ratlos. »Ich wusste nicht einmal, dass unsere noni Bina eine Freundin hat. Ich fürchte, ich weiß überhaupt sehr wenig Persönliches von ihr.« Sie lachte auf, ein dünnes Lachen, das freudlos klang, und jetzt erst bemerkte Floortje, wie gehetzt ihr Blick wirkte, beinahe fiebrig. Suchend sah sich Frau de Jong
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