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Das Herz der Hoelle

Titel: Das Herz der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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aufzuräumen. Ich hab das schon seit Langem vorgehabt, aber ich hatte nicht den Mut, mich dem Haus auszusetzen, verstehst du?«
       »Bist du sicher, dass ich nicht rauchen darf?«
       Sie warf mir einen vernichtenden Blick zu.
       »Ich habe die ganze Bude auf den Kopf gestellt, vom Dachboden bis zur Garage. In der Garage hab ich das da gefunden.«
       Sie griff nach dem Umschlag und hielt ihn hoch. Gegenstände rutschten heraus: ein umgekehrtes Kreuz, ein blutverschmierter Abendmahlskelch, mit braunen und weißlichen Substanzen überzogene Hostien, schwarze Figurinen, die an kleinasiatische Dämonen erinnerten. Ein Sammelsurium satanistischer Utensilien. Ich fragte mich mit lauter Stimme:
       »Was bedeutet das?«
       »Das weißt du ganz genau.«
       Ich fasste die Hostien mit spitzen Fingern an. Bei den Substanzen, die sie befleckten, handelte es sich vermutlich um Kot und Sperma. Was die Kerzen betraf, so verlangte eine satanistische Überlieferung, dass man sie für schwarze Messen mit menschlichem Fett vermischte.
       »Luc recherchierte über den Teufel«, sagte ich mit unsicherer Stimme. »Diese Sachen sind vermutlich …«
       »Hör auf. Ich habe Blutspuren auf dem Dachboden gefunden. Und außerdem Spuren einer anderen Substanz. Luc praktizierte dort Rituale. Er masturbierte auf diese Hostien. Er führte sich dieses Kruzifix in den After ein! Er betete den Teufel an! In unserem Haus!«
       »Luc stellte Nachforschungen über Satanisten an und …«
       Laure schlug mit den flachen Händen auf den Tisch:
       »Luc praktizierte seit Monaten satanistische Rituale.«
       Es verschlug mir die Sprache. Das war absurd. Luc würde sich niemals mit solchen Freveltaten abgeben. Wollte er etwas überprüfen? Stand er unter jemandes Einfluss? Vielleicht ein neuer Hinweis auf die Gründe seines Selbstmordversuchs … Ich fragte etwas unbedarft:
       »Was soll ich tun?«
       »Nimm dieses Dreckszeug und verschwinde.«
       Sie hatte in einem gereizten und erschöpften Ton gesprochen.
       Ich schob die Gegenstände zurück in den Umschlag. Es ekelte mich, sie zu berühren. Laure sagte mit scharfer Stimme:
       »All das stand geschrieben. Und es ist auch dein Fehler.«
       »Was soll das heißen?«
       »Eure Religion. Eure großartigen Reden. Ihr habt immer geglaubt, über den anderen zu stehen. Über dem Leben.«
       Ohne zu antworten, verschloss ich den Umschlag. Sie brach in Tränen aus:
       »Und dieser verflixte Beruf als Polizist … Er ist immer eine Ausrede gewesen. Diesmal muss man sich mit der Wahrheit abfinden. Luc hat den Verstand verloren.« Sie schüttelte den Kopf und lächelte fast zwischen den Tränen. »Satanismus …«
       »Luc war ein aufrichtiger Christ, das kannst du nicht in Abrede stellen. Er hätte sich niemals auf solche Praktiken eingelassen.«
       Zwischen zwei Schluchzern sagte sie hämisch lächelnd:
       »Gib dir einen Ruck, Mathieu. Die Theorie von den beiden Extremen, hast du nie davon gehört?«
       Ich sah geplatzte kleine Aderchen im Weiß ihrer Augen. Ihre Nase lief, aber sie machte keine Anstalten, sie abzuwischen.
       »Wenn man etwas auf die Spitze treibt, schlägt es in sein Gegenteil um. Durch seinen überzogenen Hang zur Mystik ist Luc ein Satanist geworden. Das ist doch ein bekanntes Prinzip, oder?« Sie schnaubte. »Alle Religionen haben eine extreme Seite, die schließlich ihre Grundwerte auf den Kopf stellt.«
       Ihr Sermon verwunderte mich. Es passte nicht recht zu ihr, über die Grenzen der Mystik nachzudenken. Trotzdem hatte sie recht. Ich selbst hatte mich mit dieser Umkehrung der Pole im Katholizismus beschäftigt. Die wunderbaren Ausführungen Huysmans’ über Gilles de Rais, den Waffengefährten Jeanne d’Arcs, der ein inbrünstiger Mystiker war und zu einem Serienmörder wurde. Huysmans analysierte, wieso ab einer bestimmten Stufe der mystischen Versenkung nur noch der Exzess zählt und wieso man in diesem Rausch leicht auf die andere Seite des Spiegels gerät.
       »Gib mir etwas Zeit«, versuchte ich es noch einmal. »Ich werde eine Erklärung finden …«
       »Nein«, versetzte sie, während sie aufstand. »Ich möchte nichts mehr von irgendwelchen Nachforschungen hören. Und ich will auch nicht, dass du ihn nochmal im Krankenhaus besuchst. Falls Luc durch eine glückliche Fügung wieder aufwachen sollte, ist es ein für alle Mal vorbei mit eurer krankhaften Gläubigkeit

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