Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Herz der Hoelle

Titel: Das Herz der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
Vom Netzwerk:
November 1972. Diese Passage hat damals für großes Aufsehen gesorgt.«
       »Genau. Der Vatikan nahm den Teufel auch damals schon ernst, aber mit dem Beginn des Pontifikats von Johannes Paul II. ist unsere Position weiter gestärkt worden. Du weißt, dass Karol Wojtyla selbst Teufelsaustreibungen vorgenommen hat.« Er lächelte kurz. »Alles, was du im Keller gesehen hast, wurde von ihm finanziert. Und das Gros unserer Mittel fließt in den Kampf gegen den Teufel. Denn das ist im Grunde der entscheidende Kampf. Das Auge des Zyklons.«
       Ich setzte mich auf den Rand des Säulengangs, mit dem Rücken zur Sonne. Zamorski setzte sich auf einen von Flechten getüpfelten Stein. Seitdem ich mich in diesem Bunker aufhielt, ließ mir eine Frage keine Ruhe:
       »Ist Luc Soubeyras hierhergekommen?«
       »Ein Mal.«
       »Es hat ihm hier bestimmt gefallen.«
       »Luc war ein wahrer Soldat. Aber ich sage es dir noch einmal: Es fehlte ihm an geistiger Strenge und Zucht. Er glaubte so sehr an den Teufel, dass er ihn nicht wirksam bekämpfen konnte.«
       Ich dachte an die satanistischen Gegenstände, die Laure gefunden hatte. Der Kleriker fuhr fort:
       »Um gegen Satan zu kämpfen, muss man ihn auf Distanz halten können, ihm niemals glauben und ihm niemals zuhören. Es ist paradox, aber um ihm in seiner ganzen Realität entgegenzutreten, muss man ihn wie eine Chimäre, ein Trugbild behandeln.«
       Ich drückte meine Zigarette an dem Stein aus und steckte die Kippe in meine Tasche. Zamorski lehnte sich aufrecht gegen eine Säule. Seine breiten Schultern, sein weißer Kragen, sein graues Bürstenhaar: Seine ganze Erscheinung strahlte Klarheit und kämpferische Stärke aus. Eine geheimnisvolle Faszination ging von ihm aus. Und ein merkwürdiges Gefühl der Sicherheit. Ich fragte:
       »Und Sie, glauben Sie an den Teufel? An seine physische und spirituelle Wirklichkeit?«
       Er lachte laut auf:
       »Es würde den ganzen Tag dauern und vielleicht auch noch die ganze Nacht, um deine Frage zu beantworten. Hast du Lohn der Angst gelesen?«
       »Vor langer Zeit.«
       »Erinnerst du dich an das als Motto vorangestellte Zitat?«
       »Nein.«
       »Georges Arnaud schreibt: ›Geografische Genauigkeit ist immer eine Illusion: Guatemala zum Beispiel existiert nicht. Ich weiß es, denn ich habe dort gelebt.‹ Ich könnte dir das Gleiche über den Teufel sagen. ›Das Böse existiert nicht. Ich weiß es, denn ich bekämpfe es seit vierzig Jahren.‹«
       »Das sind Wortspielereien.«
       Zamorski stand auf und atmete mit einem langen Schnaufer aus, der seinen Überdruss signalisierte:
       »Der Teufel ist allgegenwärtig, Mathieu … In all diesen Sekten, in denen verderbte Männer und Frauen den schlimmsten Lastern frönen. In psychiatrischen Kliniken, in denen Schizophrene überzeugt davon sind, besessen zu sein. Aber vor allem in jedem von uns, jedes Mal, wenn unsere Seele auf Abwege gerät, wenn das Verlangen, der Wille und das Unbewusste den Abgrund wählen. Kann man daraus nicht folgern, dass eine reale magnetische Kraft, eine Art schwarzes Loch in uns selbst, unseren Geist anzieht?«
       »Sie glauben also an eine Urgestalt des Bösen, die schon vor der Erschaffung der Welt existierte? Eine nicht erschaffene, transzendente Macht, die das Böse in die Welt gebracht hat?«
       Zamorksi lächelte diskret, flüchtig, wie zu sich selbst gewandt. Er machte ein paar Schritte und kam zu mir zurück:
       »Ich glaube vor allem, dass wir alle Hände voll zu tun haben. Komm.« Er sah auf seine Uhr. »Du hast gleich eine Verabredung.«
       »Was für eine Verabredung?«
       »Um 17 Uhr erwartet dich Manon hier, in den Gärten. Auf der Bank, die du dort unten siehst.«

KAPITEL 85
    In Polen wurde es früher dunkel. Oder es braute sich ein Gewitter zusammen. Oder meine Wahrnehmung von Hell und Dunkel hatte sich verändert. Als ich zu der genannten Zeit in die Klostergärten zurückkehrte, schien es mir, als wären die Bäume, Sträucher und Kirchenfenster bereits in Finsternis gehüllt. Nur ein quecksilbriges Schimmern hielt sich noch zwischen den Nadeln der Tannen, den Zweigen der Buchsbäume, den Figuren der Glasmalereien an den Fenstern.
       Ich ging in den Hof hinein. Plötzlich entdeckte ich einen weißen Fleck am Fuß einer Säule mit dem heiligen Stanislas. Ich sah das helle Haar und musste unwillkürlich an die Oper Manon von Massenet denken, die ich

Weitere Kostenlose Bücher