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Das Herz der Hoelle

Titel: Das Herz der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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verfaulten. Anschließend hat er ihm von unten nach oben den Bauch aufgeschlitzt.«
       Auch der Mörder Sarrazins hatte also mit dem Tod gespielt. War er auch der Mörder von Sylvie Simonis? Ein Lichtloser? Oder derjenige, der die Wundergeheilten angestiftet hatte?
       In Gedanken sah ich die eingeritzte Baumrinde unter den Kiefernadeln vor mir: ICH BESCHÜTZE DIE LICHTLOSEN. Ich hatte nur eine Gewissheit: Manon konnte Sarrazin nicht umgebracht haben, denn sie befand sich zum Tatzeitpunkt bereits im Kloster Scholastyka.
       Svendsen fuhr fort:
       »Der Mistkerl hat sein Opfer bei lebendigem Leib gemartert. Er hat seine Eingeweide langsam aus dem Bauch herausgezogen und in der Badewanne gewässert, während der Typ noch am Leben und bei Bewusstsein war.«
       Mir lief es eiskalt den Rücken herunter. Ich erinnerte mich daran, dass der Gendarm an den Handgelenken keine Fesselmale gehabt hatte.
       »Sarrazin war nicht gefesselt.«
       »Nein, aber bei der toxikologischen Analyse wurden Spuren hochwirksamer paralysierender Substanzen nachgewiesen. Er konnte sich nicht rühren, während der andere ihn zerschnippelte.«
       Ich sah den Tatort noch einmal vor mir. Der zusammengekrümmte Leichnam in der Haltung eines Fetus. Die im Wasser schwimmenden Gedärme. Die surrenden Mücken in der verpesteten Luft.
       »Und die Insekten?«
       »Wir haben Eier von Fleisch- und Käsefliegen gefunden. Das ist ganz und gar ungewöhnlich so wenige Stunden nach dem Tod. Es ist der gleiche Wahnsinn wie bei der Simonis, Mat. Das steht außer Zweifel.«
       »Ich danke dir. Haben sie dir den Bericht geschickt?«
       »Valleret mailte ihn mir freundlicherweise.«
       »Nimm jedes Detail unter die Lupe. Es ist sehr wichtig.«
       »Wie wär’s, wenn du mir etwas mehr erzählst?«
       »Später. All diese Tatsachen lassen eine Methode erkennen.« Ich zögerte, dann fuhr ich fort, wobei ich meinen Gedanken beim Sprechen präzisierte. »Eine Art … Übermethode, die eine Person über andere Mörder entwickelt …«
       »Ich verstehe nichts«, sagte Svendsen, »aber es hört sich ziemlich spannend an.«
       »Sobald ich wieder in Paris bin, werde ich dir alles erklären.«
       »Das ist unser Deal, mein Lieber.«
       Ich vertiefte mich abermals in meine Ermittlungsakte und versuchte ein weiteres Mal verborgene Muster, Querverbindungen und Übereinstimmungen zwischen all diesen Tatsachen aufzuspüren.
       Die Glocken läuteten 11 Uhr im Kloster, als ich von meinen Notizen aufsah. Ich hatte nicht bemerkt, wie die Zeit vergangen war. Die Stunde des Mittagessens der Benediktinerinnen. Der richtige Augenblick, um mich zu verziehen – ich liefe keine Gefahr, Manon zu begegnen, die zusammen mit den Schwestern speiste. Ich streifte mir mehrere Pullover über und zog dann meinen Mantel an.
       Ich eilte im Laufschritt unter den Arkaden entlang, als mir eine Stimme zurief:
       »Hallo.«
       Manon saß am Fuß einer Säule, eingemummt in eine Parka. Ein Schal und eine Mütze rundeten das Outfit ab. Ich schluckte mit Mühe – meine Kehle war plötzlich wie ausgetrocknet.
       »Wie wär’s, wenn du mir erklären würdest …?«
       »Was erklären?«
       »Wo du dich den ganzen Tag über versteckst, seit du hergekommen bist.«
       Ich ging auf sie zu. Ihr Gesicht schimmerte in Rosatönen. Die Haut war in der Kälte leicht rot angelaufen.
       »Muss ich mich dir gegenüber rechtfertigen?«
       Sie hob beide Hände hoch, als wäre meine Aggressivität eine auf sie gerichtete Waffe.
       »Nein, aber mach dir nichts vor. Niemand kann sich hier frei bewegen.«
       »Das glaubst du, weil es dir gut ins Konzept passt.«
       Sie löste sich von der Säule und räkelte sich. Ihr Nacken war von vollendeter Anmut.
       Sie fragte lächelnd:
       »Kannst du das näher erläutern?«
       Ich baute mich breitbeinig und mit durchgestrecktem Oberkörper vor ihr auf. Die Karikatur des Polizisten, der den starken Mann markiert. Aber meine Kehle war noch immer trocken, und ich musste zweimal ansetzen, ehe ich herausbrachte:
       »Diese Situation sagt dir zu. Hier bleiben, sich in diesem Kloster verstecken, während in Frankreich ein Ermittlungsverfahren über den Mord an deiner Mutter läuft.«
       »Willst du damit sagen, dass ich vor der Polizei geflohen bin?«
       »Du bist vielleicht vor der Wahrheit geflohen.«
       »Ich habe nicht den Eindruck, dass

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