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Das Herz der Hoelle

Titel: Das Herz der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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weitergekommen. Ich war nicht in der Lage, meine Männer auf Erfolg versprechende Fährten anzusetzen. Der Jura hatte nichts gebracht. Gabun hatte nichts gebracht. Und unterdessen waren der Mordkommission neue Fälle übertragen worden … Die Männer meines Teams wandten sich wieder den laufenden Ermittlungen zu. Dumayet hatte recht: Ich war auf der falschen Spur.
       Ich unterbrach diese Scheinmahlzeit, stellte die Speisen in den Kühlschrank und räumte Teller, Schälchen und Essstäbchen in den Geschirrspüler. Ich nahm die Flasche Wodka aus dem Gefrierfach und schenkte mir eine Tasse voll. Ich tat einen kräftigen Schluck. Ein Brennen im Rachen. Ich nahm die Flasche mit und flegelte mich aufs Sofa.
       Ich hatte kein Licht gemacht. Ich blieb im Halbdunkel sitzen und betrachtete die schwarzen Balken an der Decke. Von draußen drang der Lärm des Regens und des Verkehrs herein. Neue Ermittlungsansätze finden. Die Visionen von Luc und die sogenannte Existenz des Teufels ad acta legen. Neue Ideen entwickeln, um im Jura, bei den Insekten, den Flechten und den Säuren weiterzukommen … Ich musste die Ermittlungen eingrenzen. Schließlich hatte ich eine Täterin in Italien und einen Täter in Estland. Ich müsste mich auf den Mörder in Sartuis konzentrieren. Wenn ich meine Serie von Mördern vervollständigt hätte, könnte ich immer noch Metaphysik betreiben.
       Ich führte meine Tasse an meine Lippen und hielt plötzlich inne. Ein Gedanke schoss mir durch den Kopf. Seit Langem – seitdem ich die Lichtlosen entdeckt hatte – hegte ich den Verdacht, dass irgendjemand im Verborgenen die Fäden zog, dass es eine Art »Coach« gab, der diesen »Visionären« half und sie unterstützte. Im Innersten hatte ich nie an die alleinige Täterschaft Agostinas oder Raimos geglaubt. Weder sie noch er besaß die notwendigen Kenntnisse, um die Opfer bei lebendigem Leibe mit nekrophagen Insekten zu traktieren.
       Aber ich hatte diese Idee nicht konsequent zu Ende gedacht.
       Eine Person im Hintergrund, ja, aber nicht nur.
       Ein echter Mörder.
       Ein Mörder, der anstelle der Lichtlosen mordete und dem es auf die eine oder andere Weise gelang, sie davon zu überzeugen, dass sie die Tat begangen hatten.
       Van Dieterling hatte von einem »Über-Mörder« gesprochen.
       Zamorksi von einem »Drahtzieher«.
       Aber beide meinten damit den Teufel persönlich.
       Die Wahrheit sah anders aus: Ein Mensch, ein einfacher Sterblicher, tötete im Schatten der Lichtlosen. Ein Wahnsinniger, der die Überlebenden von Mordanschlägen in ganz Europa aufspürte und sie rächte. Lautete die Inschrift auf der Baumrinde in Bienfaisance nicht: »ICH BESCHÜTZE DIE LICHTLOSEN«?
       Ich musste nicht den Täter im Mordfall Sylvie Simonis finden, sondern einen Mörder für die drei Fälle – und zweifellos noch weitere!
       Ein Mörder, der zwar im Jura lebte, dessen war ich mir sicher, aber in ganz Europa sein Unwesen trieb. Mit Sicherheit ein Mensch, der sich nicht nur mit Säuren und Insekten auskannte, sondern die Lichtlosen auch einer Gehirnwäsche unterzog, sodass sie glaubten, an seiner statt gemordet zu haben …
       Und wieder machte es Klick in mir. Wäre es nicht denkbar, dass dieser Mensch die Lichtlosen selbst erschuf? Dass er in ihr Unbewusstes eindrang und ihnen diese negativen Visionen einflößte?
       Nein, kein Teufel, sondern ein Demiurg.
       Ein Mensch, der bei den drei Morden die Fäden in der Hand gehabt hatte.
       Ein Mensch, der die Visionen herbeiführte, die einer anderen Wirklichkeit zu entstammen schienen.
       Ich dachte mir einen Namen für diesen Drahtzieher aus.
       Der »Höllengast«.
       Ja, man musste dieses ganze diabolische Theater auf die Erde zurückholen. Der leuchtende alte Mann, der fleischfressende Engel, das gehäutete Kind: Diese Visionen waren Erscheinungsformen eines Menschen. Ein Verrückter, der sich schminkte, sich verkleidete und seine Geschöpfe einer Gehirnwäsche unterzog. Ein Mörder, der seine Opfer quälte und mit den Malen Satans kennzeichnete. Ein Wahnsinniger, der sich für Satan hielt und die Lichtlosen selbst erschuf!
       Ein weiterer Schluck Wodka.
       Neue, brennende Überlegungen.
       Wie gelang es ihm, den Wundergeheilten ihre Visionen einzuflößen? Wie trat er ihnen gegenüber in Erscheinung? Keine Antwort. Trotzdem spürte ich, wie meine neue Gewissheit meinen Körper wie eine warme Welle

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