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Das Herz der Hoelle

Titel: Das Herz der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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garantiert wurde, waren im Angebot. In einem Nebenraum hatte Pat einen Maquis eröffnet, wie die Schwarzafrikaner sagen: ein schwarz betriebenes Restaurant, wo man sich die Hände mit Omo wusch und die Belüftung zu wünschen übrig ließ.
       Ich durchquerte das Geschäft. Schwarze plauderten, auf Flag-Kisten sitzend, über afrikanisches Bier und über die Fruchtstände von Bananen. Dann bahnte ich mir einen Weg ins Restaurant, das brechend voll war. An den Blicken, die man mir zuwarf, erkannte ich, dass ich nicht willkommen war. Ich hatte die touristische Zone schon lange verlassen.
       Ich erreichte eine Treppe. Die rhythmische Musik, die den Fußboden erzittern ließ, kam aus dem Kellergeschoss. Ich stieg hinab, wobei mir Musik und Hitze in einem betäubenden Schwall entgegenschlugen. Vergitterte Lampen beleuchteten die Stufen. Unten versperrte mir ein Zerberus im Trainingsanzug vor einer eisernen Schiebetür den Weg. Ich zeigte den Stempel vor. Der Mann zog die Schiebetür widerwillig zu sich heran, und ich tauchte in eine echte Traumlandschaft ein. Ein kleines, finsteres, vibrierendes, wie von Licht gesprenkeltes Nachtlokal – eine phosphoreszierende schwarze Gänsehaut.
       Die Wände waren blau und rosenrot gestrichen und mit fluoreszierenden Sternen verziert; Säulen stützten eine Decke, die sich zu verziehen und nach unten durchzubiegen schien. Als ich die Augen zusammenkniff, sah ich, dass unter der Decke Fischernetze gespannt worden waren. Vor den Toren von Paris, mehrere Meter unter der Erde, hatte man hier eine Bar im Seemannsstil geschaffen. Auf den Tischen, die mit karierten Tischdecken bezogen waren, standen Sturmlaternen. Zumindest glaubte ich deren Umrisse zu erkennen, denn der Raum war von einer wogenden Menschenmenge gefüllt, die unter den Netzen tanzte. Ich dachte an einen wunderbaren Fang schwarzer Schädel, bunt gemusterter Tuniken, wie Atlas glänzender Etuikleider …
       Ich schob mich durch die Meute auf der Suche nach Claude.
       Im hinteren Teil des Raums, auf einer von rosa und grünen Lichtstreifen gemusterten Bühne, schwang eine Gruppe die Hüften, wobei sie immer wieder wie zwanghaft die gleichen Akkorde skandierte. Echte afrikanische Musik, fröhlich, sinnlich, primitiv. In einem Lichtblitz entdeckte ich einen Gitarristen, der seinen Kopf drehte, als wäre er frei beweglich; neben ihm ein Schwarzer, weit nach hinten gebeugt, der seinem Saxophon Heultöne entlockte. Das hier war kein Rhythm and Blues und auch kein Zouk von den Antillen. Diese Musik überwältigte die Sinne, ließ die Eingeweide erbeben und stieg in den Kopf wie ein Voodoo-Zauber.
       Die Paare tanzten mit geschmeidiger Langsamkeit. Schweißgebadet schlängelte ich mich weiter durch die Menge wie auf dem Grund eines tiefen Beckens. Im Vorübergehen erspähte ich bekannte Gesichter – die ich zuvor vergeblich gesucht hatte. Der Geschäftsführer von Femi Kuti, der Sohn des zairischen Präsidenten, Diplomaten, Fußballspieler, Radiomoderatoren … Alle waren sie hier versammelt, ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit oder Nationalität.
       Schließlich erblickte ich Claude in einem Alkoven, wo er mit anderen Männern an einem Tisch saß. Ich trat näher, sodass ich das zwielichtige Gesicht meines Spitzels deutlicher erkannte. Eine Plattnase, hinter der sein Gesicht fast verschwand, eine gerunzelte Stirn, die Anspannung und Unruhe verriet, und große, überraschte Augen, die unentwegt schrien: »Ich bin unschuldig.« Er hob den Arm:
       »Mat! Mein Toubab -Freund! Komm, setz dich zu uns!«
       Ich nahm Platz und grüßte die anderen Typen am Tisch mit einem Kopfnicken. Nichts als Muskelprotze – wahre Hünen, zweifellos aus Zaire – und gedrungene Kolosse – Kongolesen. Sie grüßten kühl zurück. Alle hatten den Bullen gewittert. Ich schlug als Zeichen des Friedens den Schoßteil meines Mantels über meine Waffe.
       »Trinkst du was?«
       Ich nickte, ohne die anderen Männer am Tisch aus den Augen zu lassen – ein Joint machte die Runde, der Rauch schwebte in bläulichen Fäden über den Köpfen. Schon hielt ich einen Scotch in der Hand.
       »Kennst du den von Mamadou?«
       Ohne meine Antwort abzuwarten, sagte Claude, nachdem er an der Tüte gezogen hatte:
       »Eine junge Weiße will heiraten. Sie stellt ihren Verlobten ihrem Vater vor. Mamadou, ein Schwarzer von einem Meter neunzig. Ihr Vater zieht ein schiefes Gesicht. Er quetscht den Verlobten aus. Er

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