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Das Herz der Kriegerin

Das Herz der Kriegerin

Titel: Das Herz der Kriegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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sinken. Sayd streichelte mir über das Haar und hielt mich – glücklicherweise, denn ich wusste nicht, was ich getan hätte, wenn er mich in diesem Augenblick zurückgestoßen hätte.
    »Sorge dich nicht. Wie du gehört hast, hatte auch er eine andere Frau zwischenzeitlich. Ohne von dir zu wissen, aber dennoch. Du brauchst dir wirklich keine Vorwürfe zu machen. Du hast getan, was jede Frau getan hätte und …« Er stockte kurz, sah mich dann an und streichelte meine Wange. »Und wenn du dich vielleicht einst für mich entscheidest, machst du mich zum glücklichsten aller Männer.«
    Nur zu gern hätte ich jetzt etwas entgegnet, doch ich konnte es nicht. Sicher, ich fühlte mich ihm wesentlich näher als Gabriel, doch ich wusste auch, dass dies anders würde, wenn jener erst die verlorenen Teile seiner Seele wiederfand.
    Auf dem Weg zurück wollte ich noch kurz nach Jeanne schauen, sicherstellen, dass sie nach dieser Nacht ruhig schlief. La Hire, der Fluchende, hatte sich persönlich bereit erklärt, ihre Tür zu bewachen, doch es würde kein Problem sein, ihn zu überwinden.
    Allerdings vernahm ich wenig später Schritte hinter mir. Wer folgte mir um diese Zeit? War es Sayd? Oder jemand, der auf dem Weg zu Jeanne war?
    Als ich mich umwandte, erkannte ich Gabriel. Offenbar war er auf der Suche nach mir gewesen.
    »Ich möchte mit dir reden«, sagte er leise und setzte ein unsicheres Lächeln auf. Zunächst regte sich mein Trotz, doch dann rief ich mich zur Ordnung. Was würdest du tun, wenn du dein Gedächtnis verloren hättest?, fragte ich mich und sagte dann sanft: »Dann lass uns ein Stück den Wehrgang entlanggehen.«
    Oben angekommen, konnten wir die Schäden begutachten, welche die englischen Katapulte hinterlassen hatten. Riesige Brandflecke zogen sich über die Steine, an manchen Stellen waren nur schmale Übergänge geblieben. Aber Orléans war nicht in die Knie gezwungen worden.
    »Nun, worüber möchtest du mit mir reden?«, fragte ich und versuchte, mich nicht einlullen zu lassen von seiner Nähe, seiner Gestalt, seinem Gesicht, von dem ich so viele Nächte geträumt hatte.
    »Über das, was ich vorhin erzählt habe. Es tut mir leid, dass es dich traurig gemacht hat.«
    »Du kannst nichts dafür«, entgegnete ich. »Das Meer hat dir deine Erinnerung genommen. Du weißt nicht, wie lange du im Wasser warst?«
    Gabriel schüttelte den Kopf. »Nein, das weiß ich nicht. Ich weiß nur, wie ich in dem fremden Land wach wurde.«
    »Erinnerst du dich denn wirklich an gar nichts? Nicht daran, wie du mich einst vom Strand aufgelesen hast? Oder wie du mich lehrtest, wie ein Assassine zu kämpfen? Kannst du überhaupt noch kämpfen?«
    »Das kann ich. Und ich muss sagen, dass es mir eine höllische Angst einjagt.«
    »Die brauchst du nicht zu haben, denn das ist deine Natur! Du warst einst ein Ritter, ein sehr guter Ritter. Und du bist es noch.« Ich wandte mich ihm zu, nahm sein Gesicht zwischen meine Hände. Wie sehr schmerzte es mich, ihn anzusehen und zu wissen, dass er nicht mehr wirklich hinter diesen Augen war!
    »Ich habe immer gewusst, dass du zu mir zurückkommen würdest. Ich bin sogar ins Wasser gegangen, um es zu überprüfen. Unsere Art kann nicht durch Wasser sterben. Und ich kann auch nicht durch Feuer sterben. Wir sind etwas Besonderes. Vor vielen Jahren hast du dich für dieses Leben entschieden, und ich war froh darüber, denn du warst mein Ein und Alles.«
    Erschüttert schwieg Gabriel, dann legte er seine Hände auf meine. Kurz meinte ich, etwas in seinen Augen aufblitzen zu sehen, doch das war schneller fort, als er es hätte greifen können. Ich gab ihm einen Kuss, dann ließ ich ihn wieder los.
    »Was die andere Frau angeht … Ich bin dir nicht böse deswegen. Es war gut, dass du dir eine Gefährtin gesucht hast. Und du sollst wissen, dass ich dich noch immer liebe, auch wenn …« Ich verstummte. Nein, das konnte ich ihm nicht sagen. Erst sollte er wieder zu sich finden und vielleicht fanden auch wir irgendwann wieder zueinander.
    Schweigend sahen wir uns an und setzten unseren Weg dann fort.
    »Dieses Mädchen, diese Jeanne«, sagte er schließlich.
    »Was ist mit ihr?«
    »Sie ähnelt dir ein wenig. Ist dir das schon aufgefallen?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Bisher nicht.«
    »Doch, ihr seid euch ähnlich. Und das nicht nur in der Haarfarbe, auch in der Gestalt und, soweit ich das beurteilen kann, im Wesen, aber …« Das Lächeln, das er mir schenkte, war das des alten Gabriel.

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