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Das Herz der Kriegerin

Das Herz der Kriegerin

Titel: Das Herz der Kriegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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meine Unterarmklinge hervorschnellen und versetzte mir einen Schnitt in die Hand. Mein Blut heilte die Wunde des Pferdes augenblicklich und nur einen Atemzug später war auch der Schnitt in meiner Haut wieder verschwunden.
    »Das war sehr großzügig von dir«, sagte ich, als Sayd mit seinem Pferd neben mich trat.
    »Dass ich ihm das Geld gegeben habe?« Er winkte ab. »Du weißt, dass es mir nichts bedeutet. Es sind Münzen, die dazu geschaffen wurden, um sie wegzugeben.«
    »Aber nicht an Männer, die dir ohne zu zögern das Leben genommen hätten.«
    »Das haben sie nicht. Und wie ich schon sagte, es sind arme Teufel. Wenn man der Stärkere ist, zeugt es nur von Großmut, dass man den Schwächeren vergibt.«
    Hier zeigten sich wieder einmal jene Eigenschaften, die ich an ihm so sehr schätzte und auf denen letztlich die Feindschaft mit Malkuth gründete, der nicht zögern würde, Unterlegene abzuschlachten und Menschen zu unterjochen.
    Als ich Sayd voller Stolz und Zuneigung ansah, erwiderte er meinen Blick nicht, doch ich bemerkte, dass er lächelte.
    Die Sonne hatte ihren Zenit bereits überschritten, als wir die Kirchenruine erreichten. In dieser Jahreszeit kam die Dunkelheit schnell, doch uns würde sie nicht beeinträchtigen. Der stets um die alten Steine raunende Wind klang wie ein Willkommenslied in meinen Ohren. Dieser Ort wirkte auf mich stets friedvoll und beruhigend.
    Das alles überwuchernde tote Gras schien im vergangenen Jahr noch dichter geworden zu sein. Bei unserem letzten Besuch hier – einmal im Jahr schauten wir nach unserem Anwesen – hatte man den Zugang noch mühelos finden können. Jetzt irrten wir tatsächlich eine Weile umher, ehe wir den eisernen Ring fanden, unter dem sich ein Mechanismus verbarg, mit dessen Hilfe man die steinerne Luke recht schnell öffnen konnte. Jared hatte ihn höchstpersönlich konstruiert und in seiner Raffinesse konnte er durchaus mit dem Tor unserer Ordensburg mithalten. Natürlich war es sehr unwahrscheinlich, dass Sterbliche den schweren Stein, der einst eine Grabplatte gewesen sein musste, einfach so bewegen konnten, doch wenn sie es versuchten, würde obendrein der Mechanismus verhindern, dass sie Erfolg hatten. Nur wenn man den Ring auf eine bestimmte Weise drehte, schnappte das Schloss auf – so wie jetzt, als ich ihn betätigte.
    In dem darunterliegenden Loch herrschte zunächst nur Schwärze, doch wenn man genauer hinsah, konnte man die Leiter erkennen, die in eine der Schachtwände eingelassen war. Über diese kletterten wir nacheinander hinunter, jeweils mit einem Arm voller Bücher.
    Es war nicht das erste Mal, dass wir hierher Aufzeichnungen und Gegenstände brachten. In den vergangenen Jahrzehnten hatten wir einiges an Wissen angehäuft, seien es kostbare Schriftrollen oder kopierte Bücher. Um ein wenig Gold in unsere Taschen zu spülen, hatten meine Brüder und ich zudem an Stränden Ausschau nach Treibgut von Schiffen gehalten. Es war erstaunlich, was sich alles an der Küste ansammelte. Natürlich hatten auch menschliche Strandräuber ein Auge darauf geworfen, aber wir kamen ihnen regelmäßig zuvor.
    Als ich Bedenken äußerte, dass es eigentlich Diebstahl war, antwortete Sayd mit einem Schulterzucken: »Die Männer auf diesem Schiff brauchen es nicht mehr, und die Besitzer auf dem anderen Ende des Meeres wissen um die Gefahren einer Überfahrt. Mit diesen Waren können wir über Jahre hinweg Gutes tun, also überlassen wir es besser nicht den anderen.«
    Und auch wenn die Sache vom Standpunkt der Ehre ein wenig zweifelhaft war, hatte er recht, denn das Gold ermöglichte nicht nur das Betreiben eines Taubenschlages, wir unterstützten damit auch unser Dorf und Notleidende, die uns über den Weg liefen, wie heute die Räuber.
    Unten angekommen machte Sayd Licht. Nacheinander flammten die Öllampen auf, die mich an den Übungsraum in Malkuths Burg erinnerten. Aus den diffusen Schatten tauchten Kisten und Truhen auf. Da dieser Ort auch als Zuflucht in Notzeiten gedacht war, befanden sich die Chroniken und die Schätze nicht gleich im ersten Raum.
    Wir schritten auf eine Tür zu, die so niedrig war, dass Sayd sich beim Eintreten bücken musste. Der Raum dahinter war früher einmal eine Krypta gewesen, bevor wir die Gebeine fortgeschafft und an einem anderen Ort bestattet hatten.
    Anschließend hatten wir Wände errichtet, um aus der weitläufigen Krypta sechs verschiedene Räume zu machen, in denen Flüchtlinge untergebracht werden

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