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Das Herz der Kriegerin

Das Herz der Kriegerin

Titel: Das Herz der Kriegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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konnten.
    Von einem der hinteren Gemächer führte eine durch eine Falltür gesicherte Treppe noch tiefer in die Erde hinein. Dieses Geschoss hatten wir selbst angelegt. Auch hier entzündete man mit einem Funken mehrere Lampen gleichzeitig, das Licht fiel auf hohe Regale, in denen sich unser Wissen aufreihte. Viele Einbände waren schmucklos, an einigen aber schimmerte Gold oder glitzerten Edelsteine. Überall auf der Welt waren Menschen für uns unterwegs, um diese Bücher zu erwerben, ohne zu wissen, wem sie dienten.
    Ein paar Regale standen noch leer. Weitere zehn Jahre, vielleicht etwas länger, würde hier noch Wissen untergebracht werden können. Doch bereits jetzt dachten wir über einen zweiten geheimen Ort nach, an dem wir unser Wissen aufbewahren konnten.
    Während meine Brüder die Folianten nach unten brachten, sortierte ich sie nach Jahren zu jenen, die wir kurz nach Fertigstellung des Gewölbes hergeschafft hatten. Das waren die Rekonstruktionen der ersten Chroniken gewesen, die damals in Gabriels Haus verbrannten, nachdem uns Malkuth mit griechischem Feuer angegriffen hatte.
    Über unserer Arbeit wurde es Morgen und als ich schließlich den letzten Band in die Regalzeile schob, stand die Sonne hoch am Himmel.
    Nachdenklich stand Sayd neben mir und ließ seinen Blick über die Bücher streifen. Ob auch er sich beinahe an jedes Wort erinnerte, das gesprochen worden war? Hatte er die Bilder ebenso wie ich vor Augen?
    »Zweihundert Jahre«, raunte er schließlich. »Wie mag diese Bibliothek wohl aussehen, wenn wir erst zweitausend Jahre auf der Welt sind?«
    Ein Schauer lief mir über den Rücken. Mittlerweile war die Unsterblichkeit nicht mehr seltsam für mich, dennoch wagte ich nicht, mit auszumalen, wie wir in zweitausend Jahren sein würden.
    »Vielleicht sind wir in zweitausend Jahren auf dem Weg zum Grab der Schlafenden«, gab ich zu bedenken. »Wenn wir nicht schon vorher getötet werden.«
    »Das ist natürlich allein Allahs Wille. Oder der Wille deiner Götter, wie du es auch nehmen möchtest. Aber ich glaube, wir können schon etwas optimistischer sein. Immerhin haben wir mehr als zweihundert Jahre überlebt.«
    Das hatten wir. Und ich hoffte, dass dies auch wirklich für alle galt.
    Nach einer Weile spürte ich Sayds Hand an meiner. Sanft umfasste er sie, und als sich unsere Blicke trafen, sagte er: »Es wird Zeit. Draußen erwartet uns die Sonne.«
    Bevor ich mich von ihm die Treppe hinaufziehen ließ, warf ich noch einen letzten Blick auf meine Chroniken. Wie lange würden sie hier unten schlafen? Würden die Menschen sie überhaupt je zu sehen bekommen? Ich hoffte, dass sie dann bereit für die Wahrheit sein würden.

    Während er die schmalen Treppenstufen hinter sich ließ, die in den Keller seines Unterschlupfes führten, schweiften Malkuths Gedanken gen Süden, über den Ozean hinweg. Wie weit mochten seine Derwische mit ihrer Suche sein?
    Aisha hatte ihnen einige Dschinn beigeordnet, die sie unverzüglich zu ihm bringen sollten, sobald sie etwas gefunden hatten. Doch jeden Tag aufs Neue hielt er vergeblich Ausschau nach der dunklen Wolke, die das Kommen der Dschinn ankündigte. Alles, was sich über der Burg zusammenbraute, war Unwetter, fruchtloses Unwetter.
    Im Keller, nachdem er einen nur spärlich beleuchteten Gang hinter sich gebracht hatte, machte er vor einer Tür halt. Dieser Ort war für ihn der Ort des höchsten Schreckens, dennoch kam er von Zeit zu Zeit her, um zu sehen, was ihm sein Hochmut und seine Ignoranz eingebracht hatten. Nach kurzem Zögern drückte er die Klinke hinunter.
    Der Raum war dunkel, doch das änderte sich, als Malkuth zwei Feuersteine aneinanderschlug und die Flamme an den speziell dafür vorgesehenen Ölzügen in den Wänden der Kammer entlangkroch. Das Licht fiel auf eine hölzerne Bahre, die von einem schwarzen Tuch bedeckt wurde, unter dem sich ein Körper abzeichnete, der zwar mager, aber größtenteils vollständig war. Lediglich der Kopf fehlte, aber das war in diesem Fall unerheblich.
    Malkuth zog das schwarze Tuch ein Stück zurück, bis er die Brust des Toten sah. Über die Stelle, an der der Kopf abgetrennt worden war, spannte sich mehr oder weniger gesunde Haut.
    Da dieser Körper nicht atmete, konnte man ihn für tot halten, doch Malkuth spürte deutlich die leichte Wärme, die von ihm ausging. Sein Grauen unterdrückend, zog er einen kleinen Dolch aus seinem Gürtel und versetzte dem knochigen Arm einen Schnitt. Aus der Wunde floss das

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