Das Herz der Kriegerin
Lohn und Brot genommen.«
»Die werden sie auch brauchen, um das Grab zu finden«, entgegnete Jared nachdenklich, nachdem er noch einen Schluck Kaffee getrunken hatte. »Es liegt laut der Geschichte von Ashala klaftertief unter dem Sand, nur die wirklich alten Lamien wissen, wo es zu finden ist. Früher soll es so gewesen sein, dass die Lamien einander von diesem Ort berichtet haben. Der Haken daran ist allerdings, dass nur weibliche Lamien, jene, die auch andere erschaffen können, das Wissen geteilt haben. Ashala war dazu erstens nicht mehr in der Lage und zweitens gab es auch keine weitere weibliche Lamie in ihrem Gefolge.«
»Willst du damit sagen, dass die Lamien früher ihre Nachfolgerinnen selbst herangezogen haben?«
»Natürlich haben sie das getan!«, entgegnete Jared, erstaunt darüber, dass sein Freund nichts davon wusste. »Es muss sogar eine Zeit gegeben haben, da lebten sie unbehelligt unter den Menschen und wählten ihre Nachfolgerinnen aus deren Reihen.«
»Und warum hat Ashala keine Nachfolgerin herangezogen?«
»Darüber lässt sich spekulieren, aber ich nehme an, dass die Lamien ihre Nachfolgerinnen erst erschaffen haben, wenn sie sich mit dem Gedanken trugen, ihr Leben zu beenden. Wie wir an Laurina gesehen haben, ist es nicht ganz einfach, selbst unsere starke Wikingerin wurde bei der Umwandlung zur Lamie kranker als selbst der Schwächste von uns. Unter Umständen sind Mädchen bei der Umwandlung auch gestorben. Daher wurde eine neue Lamie erst geschaffen, wenn die alte wusste, dass sie in die Wüste gehen würde.«
Jared lächelte, als er bemerkte, dass ihm die anderen mit offenem Mund wie einem Märchenerzähler zuhörten. Für ihn selbst waren viele Dinge zwischen Himmel und Erde ebenfalls noch ziemlich unverständlich, aber mit jedem Jahr mehrte sich sein Wissen. Die Gruft der Schlafenden zu finden, hatte er sich eigentlich erst für später vorgenommen, doch wenn es jetzt vonnöten war, sie zu finden …
»Und wie sollen wir nach Hinweisen suchen?« Ashar zog die Stirn kraus. »Wenn alles nur mündlich überliefert wurde?«
»Die Derwische haben Hinweise bekommen, nicht wahr? Also wird uns das auch gelingen. Dass die Lamien dieses Wissen nur untereinander geteilt haben, bedeutet nicht, dass nicht doch eine von ihnen Niederschriften darüber gemacht hat. Wenn ich bedenke, dass es vielleicht in dieser Gruft unzählige Schriftrollen mit Wissen über die Lamien und frühere Zeiten gibt …«
Jareds verklärter Blick schweifte in die Ferne, doch dann fing er sich wieder und setzte hinzu: »Wie gesagt, ich glaube schon, dass es irgendwelche Anhaltspunkte gibt.«
»Vermutlich verfasst in einer Sprache, die keiner von uns entziffern kann«, raunte Saul.
»Stimmt nicht«, warf Jared ein. »Wie ihr wisst, bin ich ziemlich gut im Entziffern fremder Schriften. Ich bin mit Sumerisch und Aramäisch fertiggeworden, dann werde ich auch mit einer Schrift der Lamien fertig. Immerhin sind die so was wie unsere Großmütter und haben sicher ähnlich gedacht wie wir auch.«
»Wonach sollen wir denn suchen?«, fragte Malik, der wie immer am praktischsten war. »Sicher wird es auf dem Markt keinen Stand geben, an dem diese Schriften verkauft werden. Und falls doch, tippe ich darauf, dass die Händler nicht wissen, was sie da in den Körben haben.«
»Da hast du recht, und wenn ich ehrlich bin, weiß ich auch nicht so genau, wie wir vorgehen sollen. Besorgt am besten alles, was in einer euch unbekannten Sprache verfasst wurde. Schriften über die Wüste, Reiseberichte, alte Karten, vielleicht auch irgendwelche Werke griechischer Schreiberlinge, denn es war angeblich eine ihrer Göttinnen, welche die junge Lamia einst zur Unsterblichkeit verdammt hat. Griechisch könnt ihr doch alle noch, oder?«
»Mit ein wenig Anstrengung sicher«, entgegnete Malik und verstummte mit gerunzelter Stirn, als würde er sich sogleich in seinem Kopf auf die Suche nach den verschwundenen Vokabeln machen.
»Gut, dann wissen wir jetzt wenigstens, wie wir anfangen können. Ich würde vorschlagen, du, Saul, und Ashar, ihr beide macht euch auf die Suche nach Schriftstücken in Kairo, Malik und ich suchen in Alexandria. Dort haben die Derwische auch die Schriftrolle gefunden, nicht wahr?«
Malik, der immer noch schwieg, nickte.
»Also gut! Hat jemand etwas gegen die Aufteilung?«
Die Männer schüttelten die Köpfe.
»Nun denn, lasst uns Kaffee trinken und etwas essen. Ich brenne darauf, mir wieder meinen eigenen Hummus
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