Das Herz der Kriegerin
ist geschehen?«, fragte ich.
»Meine Kinder!«, kreischte die Frau, während sie verzweifelt mit ihren Fäusten die Brust des Mannes bearbeitete. »Sie sind noch da drin!«
Aus der Tür schlugen grelle Flammen und der Dachstuhl drohte, jeden Augenblick niederzustürzen. Würde dort noch eine lebende Seele sein?
Der Mann schien nicht dieser Überzeugung zu sein, seine Augen schwammen in Tränen um seine Kinder, während er versuchte, seine Frau mit aller Kraft davon abzuhalten, ihr Leben aufs Spiel zu setzen. »Marie, sei doch vernünftig, es ist Gottes Wille!«
Gottes Wille? Ich konnte verstehen, dass die Frau sich damit nicht abfinden wollte. Und ich wollte es genauso wenig.
»Laurina, nein!«, rief Sayd, der meine Absicht erriet. Doch da zerrte ich bereits meine Decke vom Sattel herunter.
»Führt der Brunnen Wasser?«, fragte ich die Eheleute, die mich verdutzt ansahen.
»Ja, aber Ihr wollt doch nicht …«
Ohne auf die Worte des Mannes zu hören, rannte ich zu dem flach ummauerten Brunnenschacht, zerrte in Windeseile einen Eimer Wasser nach oben und tränkte die Decke. Dann warf ich den Mantel ab, warf mir die Decke über und rannte zum Haus.
Eigentlich hätte ich die Decke nicht nötig gehabt, denn mein Elixier würde schon dafür sorgen, dass meine Haut in der Glut nicht verschmorte. Aber mit der Decke konnte ich die Kinder schützen – und den Eltern glaubhaft machen, dass ich nur ein Mensch war, der Mut bewies.
Als sich die Flammen um mich schlossen, war ich zunächst geblendet von dem grellen gelben Licht, doch meine Augen passten sich nach einer Weile an und so konnte ich meinen Weg durch das Haus finden. Das Wasser auf der Decke verdampfte rasch, doch mein Elixier überzog meine Haut mit Feuchtigkeit, die gegen das Feuer gefeit war. Einzig meine Lunge fühlte sich an, als würde sie verbrennen, und obwohl ich sicher nicht ersticken würde, beeilte ich mich, die Treppe hinaufzukommen, denn im unteren Raum fand ich die Kinder nicht.
Während ich die Leiter erklomm, knackte und ächzte es bedrohlich über mir. Das Feuer mochte ich vielleicht überleben, doch ich wollte mich auf keinen Fall von dem Dachstuhl begraben lassen.
Lange brauchte ich nicht nach den Kindern zu suchen. Der Junge und das Mädchen lagen vor der Treppe auf dem Boden, offenbar hatten sie versucht, nach unten zu gelangen, doch das Feuer hatte ihnen den Weg abgeschnitten. Noch hatten die Flammen sie nicht berührt, aber der Qualm hatte ihren Lungen schweren Schaden zugefügt. Als ich mich über sie beugte und kein Lebenszeichen mehr fand, stieß ich einen Fluch aus, riss mir dann den linken Ärmel meines Wamses auf und löste meine Unterarmklinge aus.
Ich wusste nicht, ob ich den Tod überlisten konnte, doch ich wollte auch nicht umsonst durchs Feuer gegangen sein. Ich versetzte zunächst den Kindern eine kleine Wunde an den Handgelenken, dann mir selbst. Rasch strich ich mein Blut auf den Schnitt und flößte den Kindern auch noch welches durch den Mund ein. Wenn auch nur noch ein Funke Leben in ihnen war, würde mein Blut sie heilen.
Während ich die Unterarmklinge wieder zurückschob, blickte ich besorgt zum Dachstuhl auf. Ringsherum war es so heiß wie in Heimdalls Werkstatt, lange würde das Holz den Flammen nicht mehr widerstehen.
Als sich die Kinder auch nach weiteren Augenblicken nicht rührten, hüllte ich sie zum Schutz gegen die Flammen in die Decke, hob mir beide unter die Arme und trug sie nach unten. Das Feuer machte sich mittlerweile über den Fußboden her, es wurde Zeit, dass wir hier rauskamen.
So schnell wie möglich drang ich mit den Kindern durch die Flammenwand vor der Tür. Als die Decke dabei Feuer fing, schüttelte ich sie schnell ab, trat hinaus und bettete die beiden ein Stück vom Haus entfernt ins Gras.
Dabei sah ich, dass mein Blut die Wunden an den Armen der beiden bereits geschlossen hatte. Bestand also noch Hoffnung?
Ehe ich auf den Atem der Kinder lauschen könnte, kam die Frau zu mir gerannt. Ihr Mann stand noch immer wie angewurzelt an seinem Platz, und ich hoffte nur, dass er nicht mitbekommen hatte, dass meine Augen leuchteten.
Auch jetzt hielt ich meinen Kopf vorsichtshalber noch gesenkt, denn ich spürte, dass meine Lebensquelle heftig in mir pulsierte. Diese Geste missdeutete sie und fragte panisch: »Was ist mit ihnen? Sind sie tot?«
»Das weiß ich nicht«, antwortete ich. Dabei wusste ich es ja. Der Tod ließ sich eben nicht betrügen, nicht einmal von uns …
Als die Frau
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