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Das Herz der Nacht

Das Herz der Nacht

Titel: Das Herz der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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erhaschte einige dunkle Flecken auf dem grünen Stoff am Kragen und beugte sich vor. »Ist das Blut?«
    András nickte widerstrebend. Seine Hand zuckte, als Therese die Rüschen beiseiteschob, doch er hielt sie nicht auf.
    »Was ist denn das? Sie muss sich mit der Nadel einer Brosche oder so etwas in den Hals gestochen haben«, vermutete Therese und starrte auf die beiden punktförmigen Wunden am Hals der Comtesse, die tief und irgendwie ungesund aussahen, als wären sie bereits von Eiterfluss befallen. Wie kalt sich ihre Haut anfühlte, als wäre jeder Lebenssaft aus ihr gewichen. Therese erhaschte den Ausdruck von Besorgnis in András’ Miene.
    »Es steht nicht gut um sie, nicht wahr?«
    »Sie lebt, ist aber sehr schwach. Ich würde vorschlagen, jemand aus dem Hause Windisch-Graetz zu verständigen und sie nach Hause bringen zu lassen. Sie wird eine Weile das Bett hüten müssen, ehe sie wieder zu Kräften kommt.«
    Zu Thereses Verwunderung beugte sich András noch tiefer über die Bewusstlose, als würde er an ihr riechen. Nein, vermutlich wollte er nur spüren, wie kräftig ihr Atem war.
    Fürst Kinsky erhob sich. »Äh, ihr braucht mich doch sicher nicht mehr. Lasst die Comtesse nach Hause bringen und übermittelt dem Fürsten Windisch-Graetz und seiner Gemahlin meine Genesungswünsche.« Und schon war er verschwunden.
    »So ein Feigling!«, empörte sich Therese, obwohl sie sich erleichtert fühlte, von seiner Anwesenheit befreit zu werden.
    »Und nun?«
    »Ich schlage vor, Sie bleiben bei der Comtesse und versuchen es noch einmal mit Ihrem Riechsalz, während ich mich auf die Suche nach einem Familienmitglied begebe.«
    Nachdem die Comtesse der Fürsorge ihrer Familie überantwortet worden war, kehrten Therese und András in den Ballsaal zurück. Er tanzte wieder mit ihr und plauderte freundlich, dennoch schien es ihr, als habe sie nicht mehr seine volle Aufmerksamkeit. Es war ihr, als husche sein Blick immer wieder suchend durch den Saal, ehe er sich wieder auf seine Partnerin heftete. Und vielleicht kamen mache seiner Antworten nicht so prompt, wie man es von einem aufmerksamen Begleiter erwarten könnte. Beunruhigte ihn etwas? So kam es Therese vor, obgleich sie das nicht an einer Bemerkung oder einem Gesichtsausdruck festmachen konnte, der einer objektiven Prüfung standhalten würde.
    Sie tanzten einen Galopp, bis sie glaubte, ihr immer schneller werdender Atem müsse gleich ihr Korsett sprengen. Natürlich erwies sich der Graf als so einfühlsamer Begleiter, dass er Therese nach den letzten Takten von der Fläche führte und einen bequemen Sessel für sie suchte, während die anderen Paare sich für den nächsten Tanz fanden.
    Therese ließ sich in dem gepolsterten Sessel mit den geschwungenen Goldfüßen nieder und klappte ihren Fächer auf. Mit einem Seufzer fächelte sie sich Luft zu. So kalt diese sternklare Winternacht auch war, hier im Ballsaal und in den angrenzenden Salons herrschte unerträgliche Schwüle. Therese ließ den Blick über die unermüdlichen Tänzer in ihren prächtigen Kostümen schweifen. Trotz der Masken wusste sie bei fast allen Paaren, wer sich dahinter verbarg. Die wenigsten hatten ihrem Karussellpartner mehr als ein oder zwei Pflichttänze auf ihrer Karte vergönnt, und so wogten die Farben nun bunt gemischt durch den Saal.
    András verließ sie, um ein Glas Champagner von einem der Tabletts zu nehmen, die herumgetragen wurden. Nutzte er die Gelegenheit, ein paar der Gäste ungewöhnlich scharf zu mustern? Er interessierte sich für die Männer, nicht für die Damen an ihrem Arm. Wen er wohl suchte? Wie ernst er wieder einmal dreinsah. Erst als er mit dem Glas in der Hand zurückkehrte und es ihr reichte, lächelte er wieder.
    »Woran denken Sie? Sie sind doch nicht etwa schon müde? Fürstin, das kann ich nicht glauben! Sie werden sich doch nicht von den walzersüchtigen jungen Dingern in den Schatten stellen lassen!«
    Therese sah ein wenig abwesend zu ihrem Spötter auf.
    »András, ich bin eine alte Frau, und ja, ich bin ein wenig müde,obwohl es vielleicht kaum etwas Schöneres geben kann, als sich in Ihrem Arm zum Klang des Walzers durch den Saal zu drehen.«
    »Das mit der alten Frau kann ich so nicht stehen lassen! Therese, Sie sehen blendend aus, und das wissen Sie auch. Haben Sie heute noch nicht genug Komplimente bekommen, dass Sie mich auf diese Weise geradezu zwingen, Ihnen mit einem solchen zu widersprechen?«
    Therese schüttelte den Kopf. »Lieber Freund, das

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