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Das Herz der Nacht

Das Herz der Nacht

Titel: Das Herz der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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bereit. Ich werde Sie bei Sonnenuntergang erwarten.«
    »Und wenn nicht?«, fragte Therese bang.
    »Dann sagen Sie mir die Worte, wann immer Sie möchten. Ich werde Sie nicht drängen. Befragen Sie Ihr Herz und Ihren Mut. Sie werden es wissen, wenn Sie bereit sind.«
    Der Graf schwieg, und auch Therese sagte nichts mehr. Sie lehnte sich nur gegen ihn und versuchte seinen Körper durch die Schichten der Kleider und Decken zu erspüren. Da war wieder diese Kälte, die seine Haut ausstrahlte, doch es war eine andere Kälte als die des Herzens, die sie so gut von ihrem Gatten kannte. Bei András war nur die Haut eisig. Unter ihr loderte eine Glut, die sie neugierig machte und ein wenig ängstlich. Wohin würde sie das alles führen? Falls sie sich noch im Strom ihres Lebensflusses befand, dann schoss dieser geradewegs auf einen riesigen Wasserfall zu, der sich ins Bodenlose zu verlieren schien.
    Die Kutsche rollte auf die Freyung hinaus. Therese konnte die Silhouette des Schottenklosters durch das Fenster sehen. Dann ertönte der Ruf des Kutschers, und die Räder standen still. Fast widerwillig löste sie sich von seiner Schulter. András öffnete den Schlag. Er reichte der Fürstin die Hand und half ihr aus der Kutsche.
    »Schlafen Sie wohl, meine Freundin«, sagte er zum Abschied.
    Therese spürte, wie ihre Stimme zitterte, als sie ihm antwortete: »Sie auch, liebster Freund András. Und morgen reisen wir ins Zauberland. Ich erwarte Sie bei Sonnenuntergang.«
    Er beugte sich noch einmal über ihre Hand. »So sei es!«
    András war beunruhigt. Und das kam nicht oft vor. Vielleicht verstärkte dieser Umstand seine Rastlosigkeit noch. Ruhelos ging er in seinem Palais auf und ab, trat in den Hof und dann wieder durch das große Tor auf die Straße hinaus. Jedes Mal, wenn er auf seinen Diener traf, sah dieser in fragend aus seinen dunklen Augen an. András blieb stehen und stieß einen Seufzer aus.
    »Ja, du hast recht. Ich führe mich wie ein Verrückter auf. Wobei das die Sache nicht ganz trifft. Du meinst, ich sei nicht ich selbst? Ja, das stimmt. Eine Ahnung, die mir ganz und gar nicht gefällt, treibt mich um. Ob ich es dir verrate? Aber ja, obgleich ich es selbst noch nicht fassen kann. Es sind nicht nur die Dinge, die in und um mein Haus geschehen. Der kleine Einbrecher ist nur eine Laus im Pelz, die einen zwickt und die man dann zwischen den Fingern zerquetscht. Da ist etwas Größeres, Gefährlicheres! Bereits bei meinem vergeblichen Versuch, den Messerdieb im Gefangenenhaus in meine Hände zu bekommen, konnte ich ihn wittern. Er hat mir Grossler direkt unter meinen Fingern entwendet!«
    Der Zorn ließ seine Stimme zittern, aber Goran wich nicht zurück und hielt dem Blick seines Herrn stand. Er würde nicht ruhen, bis er alles erfahren hatte. Ja, András schätzte viele Eigenschaften an seinem Diener: Er war zuverlässig und mutig, stark und flink, ausdauernd und verschwiegen. Und er war in der Treue zu seinem Herrn und dem Bedürfnis, für ihn zu sorgen und ihn zu schützen, beinahe nervenaufreibend hartnäckig.
    András beantwortete die von seinen Händen gestellte Frage. »Du willst wissen, was mich heute Nacht aus dem Gleichgewicht gebracht hat? Du meinst, trotz unserer Befürchtungen wurde der Friede unseres Heims in dieser Nacht nicht entweiht? Ja, das ist richtig. Und dennoch steigt die Provokation mit jeder Nacht. Er war dort! Ich habe den fremden Vampir gewittert und nicht nur das. Ja, das erstaunt dich zu Recht! Taucht er frech unter irgendeiner Maske versteckt in Schönbrunn auf! Nein, ich konnte ihn nicht finden und ihn mir vornehmen, aber die Spur, die er mit seinem Zeichen zurückgelassen hat, die fand ich sehr wohl: bleich und ohne Bewusstsein hingegossen auf einem Canapé!«
    Goran wiegte den Kopf hin und her und kaute auf seiner Lippe.
    »Was meinst du? Dass uns das nicht betrifft? Glaubst du denn, der Zufall hat ihn auf diesen Ball geführt? Es ist dir lieber, als wenn er hier rund um unser Heim seine Spiele treibt?«
    András überlegte und sagte dann zögernd: »Vielleicht hast du recht, und ich versuche einem Zufall eine Botschaft zu entreißen, die er nicht in sich trägt. Und dennoch lässt es mir keine Ruhe. So deutlich habe ich seine Witterung bisher noch nicht aufgenommen. Er war wie ein Phantom, das mehr meiner Einbildung zu entspringen schien. Und nun lag sie da, wie eine Visitenkarte, um sich offiziell vorzustellen.«
    András ging zur Tür. »Ich muss versuchen, meine Gedanken zu

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