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Das Herz der Nacht

Das Herz der Nacht

Titel: Das Herz der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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ordnen. Ich komme bald wieder. Kümmere dich derweil um die Pferde. Satyr hat heute Großartiges geleistet. Gib ihm eine Extraportion Futter.«
    Goran nickte und verbeugte sich, während András das Haus verließ. Er lief zum Kärntnertor und in die Weite des Glacis hinaus. Vielleicht würde ihm hier in der weiten nächtlichen Schneelandschaft die Lösung des Rätsels gelingen. Er lief, dass er nur noch ein huschender Schatten vor dem Weiß war. Der eisige Wind prickelte ihm im Gesicht und zerrte an seinem Haar. Er genoss es, sich endlich wieder einmal richtig zu bewegen, seine Gedanken jedoch blieben in den immer selben Bahnen. Die Fragen wollten keine Antworten finden. Vielleicht lenkte ihn sein Blutdurst zu sehr ab? Er dachte an Therese, und die Bilder wollten sich nicht mehr verscheuchen lassen.
    András gab es auf, gegen seine Natur anzukämpfen. Er entschied sich für einen Abstecher zu den Häusern an der Landstraße und stillte dort seinen Durst, ehe er sich auf den Rückweg machte. Im Osten begann die Nacht bereits vor der nahenden Sonne zu fliehen. Ihre Strahlen raubten dem Himmel seine Farbe, nur um ihn ein wenig später in ein zartes Rosa zu tauchen.
    Es wurde für ihn höchste Zeit!
    András umrundete das Palais des Erzherzogs Albert, das über ihm auf der Bastei thronte, und folgte der Straße entlang der Mauern der Augustinerkirche.
    Was zur Hölle war das?
    Der Vampir blieb wie versteinert stehen, als er den Körper auf der Schwelle zu seinem Palais entdeckte. Reglos, seltsam verrenkt. Tot!
    War das etwa Goran?
    Er war so schnell an seinem Ziel, als habe er sich an der einen Stelle in Luft aufgelöst und erst auf der Schwelle vor dem Tor wieder zusammengefügt. Ein Blick genügte. Nein, nicht sein Diener. Er gönnte sich einen Augenblick der Erleichterung, in die der Geruch des Toten drang. Und noch ehe er sich fragen konnte, wie diese Leiche hierher gekommen war, sah er klarer, als ihm lieb sein konnte, warum ausgerechnet dieser Körper hier lag. Nun hatte er ihn also doch noch gefunden. Wenn auch nicht in einem Zustand, wie er ihn für eine Befragung gebraucht hätte: der dreiste Messerdieb, der auch gleich eines seiner Beutestücke seinem Besitzer zurückbrachte. Bis zum Heft in seiner Brust versenkt, nachdem die Schneide zuerst seinen Hals aufgeschlitzt hatte.
    András sah auf die Blutlache herab und schüttelte gequält den Kopf. Er hatte den Dieb gefunden? Sollte er nicht lieber sagen, der Dieb wurde ihm präsentiert nach den Bedingungen dessen, der die Fäden des Spiels offensichtlich noch immer in Händen hielt?
    Die Tür öffnete sich, und Goran winkte seinen Herrn mit einem besorgten Blick zum sich aufhellenden Morgenhimmel herein. Dann bemerkte er den Toten auf der Schwelle, und der Mund klappte ihm auf.
    »Ja, hier haben wir unseren Einbrecher Jakob Grossler und, wie du siehst, noch ein weiteres unserer Messer«, bestätigte András grimmig, was sein Diener mit Entsetzen zu begreifen begann.
    »Ein nettes Geschenk in den Morgenstunden, findest du nicht? Und ich kann dir versichern, unser Einbrecher hat sich hier auf unserer Schwelle nicht selbst die Kehle durchgeschnitten und die Klinge ins Herz gestoßen. Dafür hat ein anderer gesorgt, der bereits in Schönbrunn beschlossen hat, mit seinem Geruch nun offen hervorzutreten, und seinen Handlanger daher nicht mehr benötigte. Nur noch, um uns ein weiteres Präsent samt seiner Verachtung vor die Füße zu werfen. Doch ich schwöre dir, Goran, ich werde sie ihn bitter schlucken lassen. Das Maß ist voll. Mehr lasse ich mir nicht bieten.«
    András hob den toten Körper auf und trug ihn in die Küche, wo er ihn achtlos zu Boden fallen ließ.
    »Ich weiß nicht, woher dieser andere Vampir gekommen ist noch was er hier in Wien zu finden hofft. Will er mich vertreiben, um die Stadt zu seinem alleinigen Revier zu machen? Er wird erfahren, dass dieser Versuch ein großer Fehler war! So überlegt, wie er vorgeht, ist er zwar sicher kein Frischling mehr in seinem ersten Jahrzehnt, dennoch haftet seinem Geruch auch nicht die Erfahrung eines Meisters an. Er wird mich kennenlernen! Und wenn er sich nicht ganz schnell aus meinem Bannkreis zurückzieht, dann bleibt mir nichts anderes übrig, als ihn zu vernichten, auch wenn ich das lieber vermeiden würde. Er hat grundlos den Fehdehandschuh geworfen, nun muss er auch die Folgen tragen!«
    Eine Schwere überfiel András mit einer Heftigkeit, dass er sich an der Tischkante festhalten musste. Die ersten

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