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Das Herz der Nacht

Das Herz der Nacht

Titel: Das Herz der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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noch in der Standesherkunft gleichen.«
    »Das ist wahr«, gab Senator Jenisch zu, »und dennoch gibt es etwas, das eine einzige Waffe und damit einen Täter nahelegt. Die Art der Schnitte ist es, die dem Kommissär Kopfzerbrechen bereitet, denn solch ein Muster hat er noch nie gesehen. Die Klinge muss tiefe Scharten aufweisen, um dieses Bild zu ergeben, das aussieht, als wäre die Kehle aufgeschnitten und gleichzeitig aufgebissen worden.«
    Die Tasse entglitt Karolines Händen und zerschellte auf dem Boden. Ihr Mund war zu einem tonlosen Schrei geöffnet. Alle Gäste drehten sich zu ihr um und musterten sie angesichts ihres Entsetzens erstaunt.
    »András, kann das möglich sein?«, hauchte sie und verriet damit, wie durcheinander sie war. Seit sie vor mehr als zwei Jahren in Hamburg eingetroffen waren und er ihr seinen neuen Namen verkündet hatte, war sie stets bei Peter von Borgo geblieben.
    »Ich weiß es nicht. Ich werde der Sache allerdings nachgehen, so viel sei dir versichert.«
    »Meine Liebe, das ist doch kein Malheur!«, rief die Gastgeberin, die Karolines entsetzte Miene auf die zerbrochene Tasse bezog. »Deike wird die Scherben wegnehmen und den Tee aufwischen. Kommen Sie, ich gebe Ihnen eine neue Tasse.«
    Sie legte den Arm um Karolines zitternde Schultern und führte sie zum Teewagen. Karoline warf András einen hilfesuchenden Blick zu, doch der nickte nur. Sie würden den Abend wie geplant beenden, doch dann würde er sich auf die Jagd begeben und herausfinden, was das zu bedeuten hatte.
    »Meinst du, es ist Ileana?«, raunte ihm Sophie zu, als sie sich später um den Flügel im Musiksalon versammelten und die Gäste hingerissen dem Spiel ihrer Mutter lauschten. Karoline hatte sich anscheinend wieder gefasst und den Vorfall – zumindest vorübergehend – vergessen. In diesem Moment erfüllte sie nur ihre Musik. Für Ängste und Spekulationen war später noch Zeit.
    »Ist es Zufall, oder kommt sie dich – uns alle zu suchen?«, hakte Sophie nach, als sie nicht sofort eine Antwort erhielt.
    »Wenn dies Ileanas Spur ist, dann hat nicht der Zufall sie nach Hamburg geführt.«
    »Dann hat sie uns also aufgespürt.« Das Mädchen legte den Kopf schief.
    »Noch wissen wir es nicht! Lass mich erst die toten Körper aufspüren und die Witterung aufnehmen. Dann kann ich mehr sagen.«
    Sophie ließ nicht locker. »Aber wenn sie es ist, was will sie hier? Meinst du, sie ist immer noch so böse auf dich, dass sie uns töten will und dich mit in ihre Heimat nehmen?«
    András zog eine Grimasse. »Ja, ich nehme an, die Ereignisse in Wien haben nicht dazu beigetragen, sie versöhnlich zu stimmen. Wenn sie nach Hamburg gekommen ist, dann um Rache zu nehmen!«
    Sophie nickte nachdenklich. »Werden wir wieder vor ihr davonlaufen? Wohin reisen wir dieses Mal?«
    András legte seine Hand auf die ihre. »Nein, wir werden nicht noch einmal vor Ileana davonlaufen. Hamburg ist und bleibt unsere neue Heimat. Falls sie uns wirklich aufgespürt hat, dann wird es hier enden.«
    »Du willst sie vernichten«, hauchte Sophie.
    »Wenn sie mit keine andere Wahl lässt, ja«, sagte er hart.
    Sophie schwieg eine Weile. Karoline hatte ihr Stück beendet und nahm den enthusiastischen Beifall mit einem verlegenen Lächeln entgegen. Daran hatte sie sich immer noch nicht gewöhnt.
    »Oh bitte, spielen Sie uns noch etwas«, drängte die Gastgeberin. »Sie sind unser Stern am Hamburger Musikhimmel.«
    Karoline bedankte sich und begann wieder zu spielen. Als sich alle Aufmerksamkeit wieder dem Vortrag zuwandte, sprach Sophie weiter. »Ileana hat dich erschaffen, nicht wahr?«
    »Ja, sie hat mir mein menschliches Leben genommen und mich zum Vampir gewandelt.«
    »Dann ist sie älter als du und hat schon mehr Erfahrung und ist auch stärker?« Sophies Stimme zitterte leicht.
    András streichelte beruhigend ihre Hand. »Du musst dir keine Sorgen machen. Ich lasse nicht zu, dass euch etwas passiert. Habe ich dir das nicht in der Michaelergruft versprochen?«
    »Und was ist mit dir? Wird dir auch nichts passieren?«
    András antwortete mit ruhiger Stimme, die die Lüge bestens verbarg. »Nein, auch mir kann nichts passieren, wenn ich die Sache überlegt angehe.«
    Die Musik verklang und beendete die Gelegenheit, ungehört miteinander zu sprechen. András fiel in den Applaus der anderen Gäste ein, obwohl er – ausnahmsweise – Karolines Darbietung nicht mit der ihr zustehenden Aufmerksamkeit gelauscht hatte. Die Gastgeberin schlug gerade vor,

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