Das Herz der Savanne - Afrika-Roman
Mein Haar soll glänzen wie Feuer. Horatio mag es so am liebsten.
Sie zog sich ein frisches Hemd an und traf zeitgleich mit den Journalisten in der Halle ein. Auch Horatio hatte seine Arbeitskleidung gegen ein blitzweißes Hemd getauscht. So groß und aufrecht stand er in der Halle, dass Rose Salden fand, dass er viel zu wenig schwarz und viel zu sehr wie ein Bass aussah. Sie unterdrückte ein neuerliches Stöhnen und wandte sich an die Journalisten: »Bitte, folgen Sie mir in den Salon und nehmen Sie Platz.«
Mama Elo, mittlerweile angetan mit einer weißen Rüschenschürze, servierte mit einem freundlichen Lächeln die Ziegenkäsetaler und selbst gemachte Limonade.
Rose setzte sich währenddessen an die Stirnseite des Tisches, platzierte die Zeitungsleute rechts, ihre Töchter links von sich und registrierte schmallippig, dass sich Horatio ganz selbstverständlich neben Ruth setzte. »Nun, wie können wir Ihnen helfen? Was möchten sie über uns und unser Leben erfahren?«, fragte Rose die Gäste. Sie saß, ganz Dame, aufrecht am Tisch, hatte die Hände gefaltet vor sich gelegt und neigte den Kopf beim Sprechen leicht zur Seite.
Der Journalist lächelte. »Verzeihung, aber waren Sie dabei, als Ihre Tochter den größten Schatz der Nama aus den Fängen der Diamanthaie befreite?«
Rose verzog leicht den Mund. »›Das Feuer der Wüste‹ war, wie Sie mittlerweile wissen dürften, seit Jahrzehnten im Besitz unserer Familie. Meine Mutter hat diesen Schatz für die Nama bewahrt, nachdem mein Vater im Hereroaufstand den Tod gefunden hatte. So wurde mein ganzes Leben von diesen Geschehnissen beeinflusst. Ruth ist mehr oder weniger zufällig in dieses Abenteuer hineingestolpert.«
Ruth reckte sich bei diesen Worten, wollte protestieren, doch als Horatio unter dem Tisch ihre Hand drückte, beruhigte sie sich augenblicklich.
»Das wissen unsere Leser bereits. Heute möchten wir erfahren, wie die Vergangenheit, wie der Diamant und die damit zusammenhängenden Ereignisse das Leben auf Salden’s Hill verändert haben. Unser Thema ist die Farm heute, nach den dramatischen Ereignissen.«
Rose räusperte sich, um etwas zu erwidern, aber Horatio war schneller. Er deutete auf den Teller mit den Ziegenkäsetalern. »›Das Feuer der Wüste‹, der wertvolle Diamant der Nama, ist für immer im Atlantik versunken. Aber wir haben ihn natürlich nicht vergessen. In unseren hausgemachten Käsetalern wird der Schatz der Nama weiterleben.«
Der Journalist beugte sich nach vorn, nahm ein Käsestück und schaute es prüfend an. »Ein Diamant lebt als Käse weiter? Das ist interessant, das müssen Sie näher erklären.«
Mama Elo, die sich wie ein Türsteher einer Nachtbar neben dem Türrahmen postiert hatte, lächelte breit und hob in Horatios Richtung den Daumen.
»Das ist doch nichts als eine Spielerei.« Ungeduldig fingerte Rose an ihrer Perlenkette. »Wissen Sie, die Schwarzen genießen hier große Freiheiten.«
Aber der Journalist hörte nicht auf sie, sondern wies mit seinem Stift auf Horatio. »Also?«
Horatio lächelte. »Das ›Feuer der Wüste‹ war zwar ein Diamant, aber die Kräfte, die ihm zugeschrieben wurden, rührten nicht von seinem materiellen Wert. Er war ein Symbol. Ein Symbol für die Kraft und Stärke der Nama, eine stete Erinnerung daran, was dieses Volk ausmacht. Unser Käse ist ebenfalls mehr als nur ein Stück gepresste Ziegenmilch. Auch er ist ein Symbol. Kosten Sie, dann werden Sie schmecken, was ich meine.«
Der Stift des Journalisten flog über das Blatt. Zeile um Zeile notierte er, was Horatio soeben ausgeführt hatte. Rose hielt die Augen geschlossen und stöhnte gequält, Corinne aber lächelte und zog den Saum ihres Rockes unauffällig ein Stückchen höher. Ruth schaute bewundernd und fassungslos zugleich auf den Mann neben ihr. Er wirkte so stolz, beinahe hoheitsvoll. So überzeugt von dem, was er sagte, dass sie auf der Stelle glaubte, der gepresste Ziegenmilchtaler verliehe wirklich ein wenig von der Kraft und Stärke der Nama.
»Es ist Käse, nichts als Käse!«, widersprach Rose heftig. »Wir sind Farmer. Unsere Bestimmung liegt gewiss nicht darin, schwarze Symbole so aufzuarbeiten, dass die Leute sie sich in den Mund stecken können! Was der Mann da spricht, ist schierer Unfug. Vielleicht ist für ihn das Stück Ziegenmilch eine Verbindung zu den Wurzeln seines Volkes oder was auch immer. Für die Besitzer von Salden’s Hill ist es einfach ein Produkt, das auf traditionelle Weise
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