Das Herz der Savanne - Afrika-Roman
sein und mir aus deiner Wolle einen Schal stricken. Ich würde ihn über dem Herzen tragen, sodass du immer bei mir wärst.«
»Himmel hilf, das ist ja nicht zum Aushalten«, stöhnte Ruth neben Horatio.
»Findest du mich schöner als meine Schwester?«, heischte Corinne weiter nach Komplimenten.
»Deine Schwester hat die Anmut eines jungen Kälbchens, in dir aber schlummert eine Gazelle.«
»Genau«, flüsterte Ruth. »Eine Gazelle. Gefundenes Fressen für jede Hyäne. Mir wird schlecht, wenn ich noch länger zuhören muss.«
Robert steckte nun seinen Finger in den Sahnetopf und umrandete Corinnes Lippen. Sie schnappte nach dem Finger, leckte mit geschlossenen Augen daran. Robert presste derweil seinen Mund auf ihre linke Brust, saugte daran wie ein Säugling.
Ruth sah, wie Corinne erbebte. »Komm«, hörte sie die Schwester mit dunkler Stimme locken. »Komm, besorg es mir.«
Und Robert nahm Corinne um die Hüften, warf sie auf sein Lager. Mit einer Hand riss er ihr die Arme über den Kopf und hielt sie fest, während seine andere Hand Corinnes Schenkel spreizte.
Sechzehntes Kapitel
H oratio lag im Bett, den Arm um Ruth geschlungen. Ihr Kopf lag auf seiner Brust, ihr Haar kitzelte in seinem Gesicht. Er spürte ihren warmen Leib an seinem, ihren Atem auf der Haut – und er wäre glücklich gewesen, wenn es da nicht etwas gegeben hätte, das ihn zutiefst beunruhigte.
Über den Pontoks der Eingeborenen stand eine weiße Rauchsäule. Deutlich hatte Horatio sie gesehen, als sie von der Käserei zurückkamen. Eine Rauchsäule. Weiß und steil.
Er hatte an sich halten müssen, um nicht sofort zu den Pontoks zu laufen. Aber er wollte Ruth nicht beunruhigen.
Ruth hatte vor Empörung über Corinne kein Wort herausgebracht. Nur mit dem Kopf hatte sie geschüttelt. Immer und immer wieder waren ihr die Haare um die Ohren geflogen. »Hast du das gedacht?«, hatte sie ein um das andere Mal gefragt. »Hast du dir so etwas denken können? Meine Schwester mit dem Käser? Kaum, dass der ein paar Tage hier ist? Hast du das gedacht?«
Horatio hatte das nicht gedacht, war aber nicht überrascht gewesen, als er die beiden im Hinterzimmer gesehen hatte. Corinne war eine unersättliche Frau. Seiner Meinung nach war sie so unersättlich, weil sie eigentlich gar nicht genau wusste, worauf ihr großer Appetit gerichtet war. Deshalb kostete sie von allem und bei Weitem mehr, als sie eigentlich vertrug. Eine graue Seele nannte er Corinne bei sich, und manchmal tat sie ihm sogar leid. So wie ihm alle Menschen leidtaten, denen irgendetwas fehlte, denen es aber nicht gelang, herauszufinden, was.
Corinne, da war er sicher, litt Not. Große Not sogar. Aber da sie sich selbst nicht mit dieser Not beschäftigte, sondern immer nur vertilgte, alles vertilgte, wie ein übles Unkraut, alles in sich hineinschlang – Aufmerksamkeit, Liebe, Zuneigung, Verständnis und noch einmal Aufmerksamkeit –, fragte er sich, ob es seine Aufgabe war, herauszufinden, was sie so dringend benötigte.
»Hast du das gedacht?«, fragte Ruth wieder. »Ich kann es nicht fassen. Ich glaube es einfach nicht. Wie kann sie sich einem fremden Kerl an den Hals werfen? Einem, den sie nicht kennt? Wer weiß denn, was er mit ihr macht? Er könnte sie ins Unglück stürzen. Nur ein Wort zu Willem genügt. Denkt sie gar nicht daran? Vielleicht hat er Frau und Kinder in Holland? Womöglich ist er krank. Das muss sie doch bedenken!«
Horatio schüttelte den Kopf. »Sie ist nicht wie du, Liebes. Sie denkt nicht wie du. Sie genießt zuerst und macht sich gelegentlich hinterher Gedanken.«
Ruth richtete sich halb auf. »Nein, sie ist eine Elster. Alles, was glitzert, muss sie haben. Und hinterher erst findet sie heraus, dass der Diamant nur eine in der Sonne funkelnde Glasscherbe war. Aber dann hat sie sich vielleicht schon geschnitten. Ich muss mit Mutter sprechen. Sie soll ihr sagen, dass sie die Finger von dem Käser lassen soll. Es geht nicht an, dass die Arbeit leidet, weil die beiden sich vergnügen. Oder sich trennen. Und dann rollen die Tränen, und am Ende geht Robert Outwater. Dann stehen wir wieder ohne Käser da.«
Horatio lächelte. »Du bist die einzige Frau, die ich kenne, die in Geschäftsdingen wie ein Mann denkt.« Er drückte Ruths Kopf sanft zurück an seine Brust, strich ihr gleichmäßig über das Haar. »Es ist spät, du musst jetzt schlafen. Lass uns morgen weiter darüber reden.«
Ruth murmelte etwas, das Horatio nicht verstand, aber er streichelte
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