Das Herz der Savanne - Afrika-Roman
einsetzen, wenn der Liebste nicht mehr da war? Sollte Willem mit der Farm machen, was er wollte. Ohne Horatio war Salden’s Hill nicht mehr die Farm, die sie so liebte.
Rose hatte gefragt: »Aha, du bist der neue Verwalter? Wie willst du das machen? Du hast keine Ahnung von der Farmwirtschaft. Hast noch nicht einmal einen Vorarbeiter, der dir helfen könnte. Was interessieren dich also die Papiere? Willst du am Ende noch die Konten sehen? Gar eine Vollmacht haben?«
»Natürlich. Warum nicht?« Willem hatte die Schultern gehoben und gegrinst, die Daumen unter die Hosenträger gehakt. »Was soll schon dabei sein, eine Farm zu leiten? Für mich ist das keine große Sache. Das Wichtigste dabei ist, dass die Kaffern kuschen. Wenn sie merken, dass sie unter Kontrolle stehen, werden sie keine Fehler machen. Man braucht keine Landwirtschaftskenntnisse. Man muss nur wissen, wie die Nigger funktionieren. Im Übrigen finde ich, dass ihr hier auf der Farm viel zu viele von denen durchfüttert. Wenn die Schwarzen ein bisschen mehr rangenommen werden, sind sie fleißiger. Ihr werft ihnen nur die gebratenen Tauben in den Hals. Was zum Beispiel treiben eigentlich die ganzen Kafferfrauen den lieben langen Tag über? Nichts und wieder nichts! Aber sie leben von eurem Geld. Es wird doch nicht so schwer sein, für die Weiber eine Aufgabe zu finden!«
Corinne hatte aufgelacht und sich sogleich an den Hals ihres Mannes gehängt. »Das ist mein Willem. So ist ein richtiger Mann, ein erfolgreicher Geschäftsmann! Du wirst sehen, Mama, bald ist Salden’s Hill ein kleines Schmuckstück.«
Rose hatte geschwiegen. Vorerst. Aber lange würde ihre Geduld nicht mehr reichen. Auch wenn sie es niemals öffentlich zugeben würde, so musste sie sich doch eingestehen, dass sie sich Horatio zurückwünschte. Horatio, der wusste, was zu tun war, und sich anlas, was er nicht wusste. Horatio, der die Arbeiter mit Freundlichkeit und Nachdruck dirigierte, sodass sie ihre Arbeit gern taten. Horatio, der ihre kleine Ruth zum Lachen brachte und mehr arbeitete, als es je ein Verwalter auf der Farm getan hatte. Er war schwarz, sicher, das war ein leider unübersehbarer Makel. Doch in Roses Augen war er mit jedem Tag ein bisschen weißer geworden. Natürlich würde sie noch immer alles dafür tun, dass diese Geschichte mit Ruth und ihm und dem gemeinsamen Kind ein Ende fand, aber das hatte nicht mehr oberste Priorität. Manche Dinge entwickelten sich besser, wenn man sich nicht einmischte.
Willem war da weitaus gefährlicher. Was hatte er nur vor? Rose erinnerte sich noch lebhaft an ein Projekt, bei dem er den südwestafrikanischen Wüstensand nach Europa verkaufen wollte. Mit ihrem Geld! War daraus etwas geworden? Womit verdiente er eigentlich zurzeit sein Geld? Was für ein Job erlaubte ihm, mal eben nebenbei eine Farm zu übernehmen? Was in Gottes Namen tat dieser Mann eigentlich?
Rose saß in ihrem Büro und grübelte. Sie dachte sogar daran, Sergeant Lang anzurufen. Vielleicht konnte der was über ihren Schwiegersohn in Erfahrung bringen. Sie nahm den Hörer des Telefons ab und hatte den Finger schon an der Wählscheibe, als es an der Tür klopfte. Ruth kam herein und setzte sich auf die andere Seite des Schreibtisches.
»Was ist, Kind?«
Ruth räusperte sich. »Ist Post gekommen?«, fragte sie mit rauer Stimme.
»Du meinst von Horatio? Nein, tut mir leid.«
Ruth nickte enttäuscht.
»Aber eine andere Nachricht aus Swakopmund ist eingetroffen.« Rose schwieg und wartete, dass Ruth nachfragte. Doch die blieb stumm, sah ihre Mutter nur mit einem so brennenden Blick an, dass es Rose ins Herz schnitt. »Eine Kopie der Anklageschrift. Willem war so freundlich, Horatio einen Anwalt zu besorgen. Ich habe ihn angeschrieben und um die Kopie gebeten.«
»Willem? Willem hat Horatio einen Anwalt besorgt, obwohl er gleichzeitig behauptet, Horatio wäre in sein Haus eingebrochen?« Ruth blickte ihre Mutter ungläubig an.
»Er ist Pflichtanwalt, mehr nicht. Willem hat den Vernehmern in Swakopmund einfach nur eine Karte mit der Anschrift des Anwalts in die Hand gedrückt. Ich weiß nicht einmal, ob Horatio weiß, wer ihm diesen Anwalt besorgt hat.« Rose legte ihre Hand auf ein Schreiben, das vor ihr lag. »Hier steht, dass Horatio angeklagt ist, bei den van Leuwens eingebrochen zu sein, auf Salden’s Hill den Waffenschrank ausgeraubt, die Zuchtstiere der Nachbarn erschossen und die Flinten und Gewehre der SWAPO ausgehändigt zu haben. Für die übernächste
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