Das Herz der Savanne - Afrika-Roman
Jetzt ist dein Mann da. Es ist seine Aufgabe, dich glücklich zu machen, nicht meine.«
Corinnes Tränen versiegten auf der Stelle. Wut ließ stattdessen ihre Augen blitzen. »Jetzt verstehe ich! Du hast jemanden gefunden, du hast eine andere. Deshalb brauchst du mich nicht mehr. Du hast mich benutzt. Und jetzt willst du mich wegwerfen wie eine alte Zeitung.«
Der Käser schüttelte den Kopf. »Jetzt dramatisier doch nicht alles so, Corinne. Wir hatten eine schöne Zeit. Sie ist vorbei. Jeder tut jetzt das, was für ihn am besten ist. Dein Mann ist hier, und es ist deine Pflicht, dich um ihn zu kümmern.«
Corinne holte tief Luft. Ihr Gesicht war weiß, ihr Mund eine schmale Sichel. »Ich habe verstanden, Robert Outwater aus Holland, derzeit Käser auf Salden’s Hill. Du willst mich abschieben. Mich, die ich dir Arbeit und Brot gegeben habe!«
Robert lachte auf. »Du? Nein, Corinne, du hast mir gar nichts gegeben. Nur deinen Körper und deine Lust. Du bist hier auf Salden’s Hill noch weniger als ich, denn ich sorge für Umsatz, du dagegen lediglich für Unheil.«
Corinne fixierte den Mann, als schaue sie durch Kimme und Korn. Dann sagte sie sehr leise: »Das wirst du bereuen, Robert Outwater. Das wirst du bitter bereuen. Noch habe ich auf der Farm mehr zu sagen als du.«
»Drohst du mir?« Die Stimme des Käsers war leise, aber hart.
»Ich weiß nicht, ob ich dir drohe. Ich weiß nur, dass du ab jetzt zu meinen Feinden gehörst. Du und die andere Frau.«
Horatio lag in der schmalen Zelle auf seiner Bettstatt, die aus einem harten Brett und einer stinkenden Decke bestand. Er hatte die Arme unter dem Kopf verschränkt und beobachtete eine fette Spinne, die langsam die Wand aus unbehauenen Bruchsteinen in Richtung des ziegelsteingroßen, vergitterten Fensters kroch.
Er hatte keine Ahnung, wie lange er der Spinne schon zusah, denn er zwang seinen Blick auf das Tier, um nicht auf die dreckige Toilette sehen zu müssen, die mitten im Raum stand und einen bestialischen Gestank verbreitete.
Als sein Anwalt ihm die Anklageschrift vorgelesen hatte, war Wut über ihn gekommen. Eine unbändige Wut, die ihn undeutlich und nur in Schemen sehen ließ, die die Geräusche in Watte packte, ihn ganz und gar ausfüllte. Er hatte am ganzen Leib gezittert, bevor er den Stuhl genommen und gegen die Wand geworfen hatte. Noch nie war er so wütend gewesen, noch nie hatte er sich so hilflos und ohnmächtig gefühlt. Nicht einmal die Schläge der Wärter hatte er gespürt, ihren harten Griff, als sie ihn aus dem Besuchszimmer zurück in die Zelle geschleppt hatten. Sie hatten ihn in den winzigen Raum hineingeschleudert wie eine Puppe, hatten einen Eimer eiskalten Wassers über ihn gegossen, der nicht nur seine Kleidung, sondern auch die harte, kratzige Bettdecke durchnässt hatte.
In der Nacht darauf hatte Horatio gefroren. Die Nächte waren kalt in Afrika, besonders am Atlantik, in Swakopmund. Das lag am Benguela-Strom, der sich vor der Küste der Stadt durch das Meer zog. Hier erreichte das Meer niemals zwanzig Grad, selbst an den wärmsten Tagen nicht. Beinahe täglich lag Swakopmund in den Morgenstunden im Nebel, fast immer war es hier kühler als in den anderen Gegenden des Landes. So kalt in der Nacht, dass Horatio mit klappernden Zähnen zusammengekrümmt auf der harten Liege gelegen hatte, bis er es nicht mehr ausgehalten hatte und aufgestanden war, um sich mit Laufen – zwei Schritte bis zur Tür, eine halbe Drehung, zwei Schritte bis zum Fenster – warm zu halten. Vergeblich.
Noch immer waren seine Sachen klamm, noch immer die Decke feucht. Doch jetzt störte ihn das nicht mehr. Er war weit weg, dort, wo es keine Gedanken und keine Gefühle gab. Keine Wut, keine Angst, keine Sehnsucht, keine Hoffnung.
Er rührte sich nicht einmal, als der Schlüssel in das Schloss geschoben und gleich darauf die Tür aufgedrückt wurde. Ein weißer Wärter erschien, knallte ihm einen halb gefüllten Blechnapf auf den Boden. »Da, Nigger, dein Fressen. In einer Viertelstunde komme ich wieder. Wenn die Schüssel dann nicht leer ist, ernähren wir dich zwangsweise. Wir stecken dir einen daumendicken Schlauch ins Maul und füllen den. Du wirst nicht einmal schreien können, weil der Schlauch deine Schreie erstickt.« Die Tür wurde zugeworfen, der Schlüssel im Schloss gedreht.
Horatio erhob sich. Er hatte keinen Hunger. Seit sein Anwalt da gewesen war, hatte er nichts mehr gegessen. Sein Anwalt. Pfft! Ein Mann mit schneeweißer Haut
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