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Das Herz der Savanne - Afrika-Roman

Das Herz der Savanne - Afrika-Roman

Titel: Das Herz der Savanne - Afrika-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Eure Kinder wären ebenfalls so rein wie Schnee. Sie könnten in jede Schule gehen, auf die Universität. Sie könnten beim Farmerwettbewerb gewinnen, und eure Tochter wäre die Ballkönigin.«
    Ruth seufzte tief. Mit einem Mann wie Robert Outwater an ihrer Seite wäre ihr jeder gut. Jeder würde sie grüßen und nach ihrem Wohlbefinden fragen. Alles wäre leichter, das ganze Leben. Warum also stand sie nicht auf, vergaß Horatio und ritt heim, um mit Robert Outwater einen wundervollen Abend zu verbringen? Alles sprach für ihn. Warum blieb sie sitzen, starrte auf die Viehtreiberhütte, als käme von dort die Antwort?
    Mit einem Mal glaubte sie, die Angeln der Tür quietschen zu hören, ein Knarren von altem Holz. Dann war es wieder still. So still, wie es nur am Rande der Kalahari sein kann. So still, dass man das Blut in den Ohren rauschen hört.
    Ruths Blick hing an der Hütte. Wenn es doch Robert und Corinne waren, die sich dort vergnügten?
    Sie erhob sich schwer wie eine alte Frau und stieg den Hügel hinab. Einmal stolperte sie und wäre beinahe hingefallen. Ein anderes Mal verfing sich ihre Stiefelspitze in einem Büschel rauen Steppengrases. Sie schnitt sich in den Finger, als sie an dem Gras riss, und stillte die blutende Wunde mit dem Mund.
    Je näher sie der Viehtreiberhütte kam, umso sicherer war sie, dass sich dort jemand aufhielt, obwohl sich jetzt nichts mehr bewegte, nichts quietschte oder knarrte. Ruth schien es, als schwebte menschlicher Atem über der Hütte, als wäre da plötzlich etwas, das man nicht sehen oder hören oder riechen, sondern nur fühlen konnte. Die Anwesenheit eines anderen Menschen.
    Sie war noch zehn Schritte von der Hütte entfernt, als sie sich bückte und sich versicherte, dass ihr Dolch im Schaft des rechten Stiefels steckte. Sie hatte jedoch keine Angst. Was sollte ihr noch Schlimmes passieren? Hatte sie nicht gerade das Schlimmste erlebt?
    Sie redete sich selbst Mut zu, um weitergehen zu können. Nein, sie hatte keine Angst. Sie war nur so voller Überdruss. Egal, was da war, sie würde sich damit befassen müssen. Aber sie war doch so müde. Wollte am allerliebsten schlafen, sich in ihr Bett legen, das Kissen über den Kopf ziehen und einfach nur schlafen, bis das Leben wieder so war, dass sie es aushalten konnte.
    Noch fünf Schritte trennten sie von der Tür. Jetzt war ihr, als könnte sie den Geruch eines Menschen ausmachen.
    »Ist da wer?«, rief sie. »Komm raus, komm raus und zeig, wer du bist! Oder sag wenigstens etwas!«
    Doch alles blieb still, nur dieses Gefühl, diese Ahnung eines anderen wurde stärker.
    Ruth seufzte. »Wenn du nicht rauskommst, komme ich zu dir hinein.«
    Sie ging die letzten drei Schritte, riss beherzt die Tür auf und blieb erstaunt stehen. »Du?«, fragte sie ungläubig. »Du bist hier?«

Vierundzwanzigstes Kapitel
    » H ör auf damit, ich bitte dich!« Robert Outwater löste heftiger, als er wollte, Corinnes Arme von seinem Hals.
    »Warum? Was ist los? Sonst hast du dich doch auch nicht so geziert.« Corinne schmiegte sich an seine Brust, knöpfte Roberts Hemd auf und ließ die Hand nach unten wandern.
    »Hör auf, verdammt!« Outwater packte sie bei den Schultern und stieß sie von sich. »Hör auf, hab ich gesagt.«
    Corinne stülpte die Unterlippe vor, die sogleich zu zittern begann. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Warum?«, flüsterte sie. »Warum willst du mich plötzlich nicht mehr?«
    Der Käser seufzte. »Dein Mann ist da, hast du das vergessen?«
    Corinne schüttelte den Kopf und ließ die ersten Tränen über ihre Wangen laufen. »Nein, natürlich nicht. Aber was hat das zwischen uns mit Willem zu tun? Ich dachte, du magst mich, ich gefalle dir.«
    »Du begreifst es wirklich nicht, nicht wahr?«
    Corinne schniefte und schüttelte den Kopf. »Hast du ein Taschentuch?«
    Outwater deutete auf den großen Milchtisch, das Herzstück der Käserei. »Nimm dir von dort einen Lappen.«
    Corinne schnäuzte sich wie ein Kind. »Bitte, sag es mir. Habe ich etwas falsch gemacht? Bist du wütend auf mich? Sag mir, was es ist, dann kann ich es abstellen.«
    Robert Outwater ließ sich auf einen Schemel sinken. »Nein, ich bin nicht wütend auf dich«, erwiderte er unsagbar müde.
    »Was ist es dann?«
    »Corinne. Du bist eine verheiratete Frau. Du bist unglücklich und hast dich einsam gefühlt. Ich bin ein unverheirateter Mann, der aus der Fremde kam und ebenso einsam war wie du. Wir haben uns miteinander getröstet. Das war alles.

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