Das Herz des Bösen: Roman (German Edition)
gelesen?«
»Nein«, sagte Ellen und sah ihren Mann mit einem Blick an, der sagte, schaff dieses Mädchen sofort aus meinem Haus.
»Schreckliche Geschichte. Die Täter haben dem armen Kerl offenbar fast den Kopf abgesäbelt. Hier, wollen Sie mal lesen?« Sie fischte ihre Stofftasche vom Fußboden, kramte darin herum und zog eine ordentlich zusammengelegte Zeitungsseite heraus, die sie entfaltete und Ellen gab.
Ellen warf einen Blick auf die grelle Schlagzeile Älteres Ehepaar in entlegener Hütte brutal ermordet und das körnige Schwarzweißfoto von zwei Leichensäcken auf Bahren, umringt von Polizisten mit grimmigen Gesichtern. »Warum bewahren Sie so etwas auf?«, fragte sie.
Nikki zuckte mit den Achseln. »Was macht mein Sandwich, Stuart? Brauchen Sie Hilfe?« Sie erhob sich von dem Sofa und ging in die Küche.
Was war hier los, fragte Ellen sich, bemüht, die Ruhe zu bewahren. »Ich denke, wir sollten versuchen, Ihre Eltern zu erreichen«, hörte sie sich sagen, so zaghaft, dass sie ihre eigene Stimme kaum erkannte.
»Geht nicht. Mein Handy hat keinen Empfang, und Ihre Leitung ist tot.«
Einen Moment lang war es vollkommen still.
»Woher wissen Sie, dass unsere Leitung tot ist?«, fragte Ellen.
Nikki schenkte ihr ein süßes Lächeln. »Oh. Weil mein Freund das Kabel durchgeschnitten hat.« Dann ging sie entschlossen zur Haustür und öffnete sie.
Ein junger Mann füllte den Türrahmen. Wie aufs Stichwort zuckte ein Blitz am Himmel und ließ die kalte Wut in seinen Augen aufleuchten, die zu einem brutalen Lächeln verzogenen Lippen und die glänzende Klinge der Machete in seiner Hand.
»Hi, Babe«, sagte Nikki kichernd, als der junge Mann in die Hütte trat.
»Darf ich dir die Zeitungsausschnitte von morgen vorstellen.«
Stuart stürzte zu der Schublade mit diversen Küchenmessern, aber trotz jahrelangen regelmäßigen Trainings wurde er von dem gnadenlosen jungen Mann mühelos überwältigt. Mit seiner Machete schlitzte er in einer fließenden, beinahe anmutigen Bewegung Stuarts runzeligen Hals auf. »Ellen«, hörte sie ihn wimmern, ein Gurgeln in seiner offenen Kehle, bevor er zusammenbrach, während der junge Mann über ihm stand und mehrfach auf Stuarts reglosen Körper einhieb, bis dessen Augen, die immer voller Leben gewesen waren, sich stumpf zur Decke verdrehten.
»Stuart!«, rief Ellen und drehte sich hilflos im Kreis, weil sie wusste, dass es keinen Ausweg gab. Sie spürte das Mädchen in ihrem Rücken, Hände, die grob ihr Haar packten, ihren Kopf in den Nacken rissen und ihre Halsschlagader für die Klinge des Henkers entblößten. Sie spürte den Schnitt in ihrer Kehle, sah voller Entsetzen die Blutfontäne, die in hohem Bogen aus ihrem Körper schoss, und hörte, wie die Luft aus ihrer durchlöcherten Lunge entwich. Sie dachte an Todd und Ben und fragte sich, ob ihre beiden Söhne zur Beerdigung der Eltern kommen würden. »Sie waren sich selbst genug«, konnte sie sie auch jetzt noch vorwurfsvoll sagen hören. »Es passt, dass sie gemeinsam gestorben sind.«
Fünfzig Jahre zusammen, dachte sie. Eine so lange Zeit. Und dann war es plötzlich ohne jede Warnung vorbei. Das ist viel zu heftig, um lange zu dauern , erinnerte sie sich an die Worte, die ihr Mann vorhin über das Unwetter gesagt hatte.
Sie sank auf die Knie, sah, wie der Raum sich vor ihren Augen drehte, und fragte sich, wie lange es dauern würde, bis man sie fand.
Das Letzte, was sie sah, bevor ein letzter Stoß des Messers ihre Augen ein für alle Mal schloss, war das warmherzige, liebevolle Gesicht ihrer Mutter.
KAPITEL 1
»Brianne«, rief Valerie an der Treppe, »wie kommst du da oben voran?«
Keine Antwort.
»Brianne«, rief sie ein zweites Mal. »Es ist fast elf. Dein Vater wird jeden Moment hier sein.«
Nach wie vor keine Antwort, was Val nicht überraschte. Ihre Tochter antwortete frühestens nach dem dritten Versuch.
»Brianne«, tat sie ihr den Gefallen, »wie kommst du mit dem Packen voran?«
Eine Tür ging auf, nackte Füße tapsten eilig über den Flur im ersten Stock, eine schulterlange, braune Mähne und lange Beine huschten vorbei, der schockierende Anblick eines G-Strings aus schwarzer Spitze samt passendem Push-up- BH mit jeder Menge nackter Haut dazwischen. Die Fäuste hatte sie mit vertrauter Ungeduld in die schlanken Hüften gestemmt. »Ich würde prima vorankommen, wenn du mich nicht dauernd unterbrechen würdest.« Briannes Worte purzelten die mit grünem Teppich ausgelegten Stufen herunter
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