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Das Herz des Bösen: Roman (German Edition)

Das Herz des Bösen: Roman (German Edition)

Titel: Das Herz des Bösen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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bremsen lassen, war ihm selbst dann noch auf die steilsten Hänge und höchsten Gipfel gefolgt. Sie hatte den ersten Geburtstag ihrer Tochter verpasst, um ihn in den Himalaya zu begleiten, und die Reise damit gerechtfertigt, dass ein einjähriges Kind einen Tag nicht vom anderen unterscheiden konnte und sie Briannes Geburtstag feiern würden, wenn sie nach Hause kamen. Sie schrieb sogar einen Artikel über diesen Trip, der im Reiseteil der New York Times gedruckt wurde.
    Es war der Beginn einer unerwarteten und unerwartet erfolgreichen Karriere, die zu einem abrupten und ebenso unerwarteten Ende gekommen war, als sie eines Tages früher als sonst nach Hause gekommen war, um Evan in ihrem Ehebett anzutreffen, wo er es der niedlichen Jennifer besorgte.
    Damals hatte Val sich eingeredet, dass es ihre Schuld war. Sie war unaufmerksam geworden, selbstzufrieden. Und als Brianne im Laufe der Jahre vom Säugling zum Kleinkind und dann zu einem kleinen Mädchen herangewachsen war, das ihre Mutter brauchte, hatte sie sie zunehmend ungern allein gelassen. Der Kitzel der Gefahr reizte sie nicht mehr so wie früher. Sie war jetzt eine Mutter. Sie hatte Verantwortung. Sie machte sogar Karriere. Es ging nicht mehr nur um sie.
    Obwohl es im Grunde eigentlich nie um sie gegangen war, sondern immer nur um Evan.
    Sogar jetzt noch.
    Wie hatte das passieren können?
    Val hatte sich immer für eine starke Frau gehalten. Sie neigte nicht zum Klagen und war auch keine Heulsuse. Sie hatte so ziemlich jeden Aspekt ihres Lebens im Griff bis auf einen – Evan. Und vielleicht ihre Mutter. Also dann eben zwei. Oder drei, entschied sie, als sie an Brianne dachte. »Brianne«, rief sie in dem erneuten Versuch, die Stimmen in ihrem Kopf zum Schweigen zu bringen, »mach voran.«
    Das Telefon klingelte.
    Wahrscheinlich meine Mutter, die mir zum Geburtstag gratulieren will, dachte Valerie und ging durch den Flur in die Edelstahlküche auf der Rückseite des Hauses. War es möglich, dass sie tatsächlich daran gedacht hatte? Val schüttelte den Kopf. Wahrscheinlich rief sie an, um zu fragen, ob Val ihr auf dem Weg nach Manhattan ein paar Flaschen Merlot vorbeibringen könnte.
    Für einen Moment brach die Sonne durch die schweren Regenwolken, die den Himmel seit einer Woche praktisch lückenlos verdunkelten. Ihre Strahlen fielen durch das große, über zwei Etagen durchgehende Fenster, das eine komplette Wand der Küche einnahm. Val hoffte, dass der Regen endlich aufhören würde. Die Adirondack Mountains waren unbestreitbar schön, aber im Regen machte Zelten keinen Spaß, und Brianne war im Gegensatz zu Val bestenfalls ein widerwilliger Camper.
    »Warum muss ich überhaupt auf diesen blöden Ausflug mitkommen?«, jammerte sie seit Wochen. »Ich würde viel lieber mit dir und deinen Freunden in die Stadt fahren, Shoppen gehen, ein paar Shows ansehen …«
    »Das haben wir doch schon besprochen, Schätzchen, James und Melissa …«
    »… laden dich zu deinem Geburtstag zu einem Wochenende in Manhattan ein, ich weiß. Toll. Aber ich verstehe immer noch nicht, warum ich nicht mitkommen kann.«
    »Weil dein Vater möchte, dass du mit ihm und …«
    »… dem Flittchen?«, fragte Brianne zuckersüß und beobachtete die Reaktion ihrer Mutter. »Guck nicht so schockiert. So nennst du sie.«
    Val nahm sich vor, Jennifer nicht mehr so zu bezeichnen. Zumindest wenn ihre Tochter in Hörweite war. Sie nahm das klingelnde Telefon ab. »Hallo«, meldete sie sich und machte sich auf das verräterische Lallen ihrer Mutter gefasst.
    »Hey du«, sagte stattdessen Evan, so wie er sie seit fast zwanzig Jahren am Telefon begrüßte. Beiläufig, aber intim. Intim, aber beiläufig.
    Ihre Ehe in Kurzfassung.
    »Hey«, ließ sich Val wie ein Echo vernehmen, weil sie Angst hatte, mehr zu sagen. Sie stellte sich ihren zukünftigen Exmann am Steuer seines neuen schwarzen Jaguars vor, Strähnen seines weichen dunklen Haars in den hellblauen Augen, die Lippen zu einem lockeren Lächeln gekräuselt, eine Hand am Lenkrad, die andere unter Jennifers Rock geschoben. »Gibt es ein Problem?«, fragte sie und verdrängte das Bild.
    Er lachte. »Bin ich so durchschaubar?«
    Das ist Teil deines Charmes, dachte Val, ohne es zu äußern. Stattdessen sagte sie: »Du kommst zu spät.«
    »Ungefähr eine halbe Stunde.«
    Val verdoppelte diese Schätzung sofort. Eine halbe Stunde in Evan-Zeit bedeutete mindestens eine ganze Stunde auf der Uhr jedes anderen. »Okay, ich sag es Brianne.«
    »Sag

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