Das Herz Des Daemons
sich die anderen die Mäuler zerreißen, es war mir egal - dennoch war es einer der längsten Schulwege meines Lebens.
Dass etwas zwischen Julien und mir nicht stimmte, entging natürlich auch Beth, Susan, Neal, Tyler und den anderen unserer Clique nicht. Zu meiner Erleichterung war Neal klug genug, es - zumindest für den Moment - bei
irgendwie
zornigen
und
zugleich
seltsam
triumphierenden Blicken in Juliens Richtung zu belassen. Wenn er etwas zu ihm gesagt hätte ... Die Kombination aus Sorge, Ärger und seinem Hunger machte Julien mehr als gefährlich. Und wenn es um Neal ging ... Ich wollte mir gar nicht vorstellen, was dann vielleicht geschehen wäre.
In der zweiten Pause meinte Cynthia, die ein oder andere dumme Bemerkung machen zu müssen,
während Julien für mehrere Minuten verschwunden war. Ich ließ sie stehen. Als er wiederkam, wusste ich, dass seine Augen heller waren, auch ohne sie hinter der Brille sehen zu können.
Abgesehen von dieser einen Gelegenheit, oder wenn sein Stundenplan tatsächlich noch von meinem abwich, war Julien nach wie vor die ganze Zeit in meiner Nähe. Doch er versuchte nicht, mich zu berühren. Seine stumme, beinah ergebene Distanz führte allerdings dazu, dass ich mich immer schlechter fühlte. Er war hier bei mir, obwohl er vermutlich sein Leben damit riskierte, sollte bekannt werden, dass er gar nicht Adrien war. Er war bei mir, obwohl es keinen Zweifel mehr daran gab, dass die Jagd auf seinen Bruder - den ja alle für ihn hielten - begonnen hatte. Was bedeutete, dass jede Stunde, die er mit mir verbrachte, eine Stundewar, die er bei seiner Suche nach Adrien verlor. Zudem versuchte er eine Möglichkeit für mich zu finden, aus den Plänen, die der Rat mit mir hatte, herauszukommen, obwohl ihn auch das wieder Zeit kostete. Zeit, die er für die Suche nach Adrien hätte nutzen können. Undich?
Ich zeigte ihm die kalte Schulter, weil er mir nichts über seine Vergangenheit erzählen wollte. - Ich kam mir unendlich schäbig dabei vor. Und trotzdem konnte ich nicht anders.
Susan und Beth taten den ganzen Tag ihr
Möglichstes, mich aus meinen trüben Gedanken zu reißen. Das Thema: der Halloween-Ball!
Beth musste leider am Abend des Balls im Ruthvens arbeiten. Eine ihrer Kolleginnen war ganz kurzfristig ausgefallen und zudem konnte sie das Geld gut gebrauchen. Immerhin sparte sie fürs College, und der Chef des Ruthvens hatte jedem, der bereit war, an Halloween zu arbeiten, einen dicken Bonus versprochen. Was natürlich Beth die Entscheidung bedeutend leichter gemacht hatte.
Susan erging sich in Spekulationen, wer aus unserer Stufe als was kommen und wer mit wem beim Ball erscheinen würde. Dabei ging ihr Blick einige Male zu Julien hin, so als würde sie überlegen, ob es wohl dabei bleiben mochte, dass er und ich zusammen hingehen würden. Sie verdrehte nur die Augen, als ich ihr offenbarte, dass ich immer noch kein Kostüm hatte. Der Nachmittag zog sich nicht weniger zäh dahin als der Vormittag. Fach reihte sich an Fach - Biologie, Erdkunde, Politik -, es hätte alles eins sein können. Die Strichmännchen und Kästchenmuster auf meinem Block füllten mit jeder Stunde mehr Seiten. Ich zählte nicht, wie oft ich in den Nachmittagspausen nur einen Atemzug davor war, mit Julien zu reden, um das, was zwischen uns stand, zu klären und unser beider Elend zu beenden. Fakt war: Ich tat es nicht! Und fühlte mich weiter elend.
Kurz vor Schulschluss erfuhren wir schließlich auch, wo der Halloween-Ball in diesem Jahr denn nun stattfinden sollte: Entgegen allen Spekulationen - und zur allgemeinen Verblüffung - hatte doch die Turnhalle den Zuschlag erhalten. Cynthia reagierte natürlich entsprechend zickig. Da die Entscheidung erst jetzt, gerade mal zwei Tage vor dem Ball selbst, gefallen war, blieb kaum noch Zeit für die Vorbereitungen. Weshalb Mr Arrons sich zu einem geradezu verzweifelten Schritt hinreißen ließ: Alle Mitglieder des Dekorationsteams sowie eine vonihm handverlesene Auswahl an Freiwilligen war am nächsten Tag vom Unterricht freigestellt, um die Turnhalle entsprechend herrichten zu können. Dass das, was wir normalerweise entspannt in zwei oder drei Tagen hätten schaffen können, jetzt in einem Tag gestemmt werden musste, löste bei einigen alles andere als Begeisterungsstürme aus. Daran änderte sogar die Befreiung vom Unterricht nichts.
Das Schweigen zwischen Julien und mir dauerte auch auf dem Nachhauseweg an und ich verzog mich direkt in mein
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