Das Herz Des Daemons
dass du den Weg hierher umsonst gemacht hast, Bastien. Ich weiß nicht, wo mein Bruder sich im Augenblick aufhält. Es überrascht mich, dass die Fürsten dich mit der Suche nach ihm beauftragt haben.«
»Die Fürsten? Nicht doch!« Mit einem verächtlichen Grinsen schob Bastien die Sonnenbrille wieder über die
Augen. »Ich bin auf der Suche nach ihm, weil ich meinem Adoptivvater eine kleine Freude machen will. Er wünscht sich schon ziemlich lange nichts sehnlicher, als diese alte Rechnung mit deinem Bruder zu begleichen. Und nachdem er Dubai ja offenbar ohne Erlaubnis der Fürsten den Rücken gekehrt hat, kann er das jetzt auch endlich tun.«
»Gérard weiß sehr gut, dass es damals in Berlin nur darum ging, Raoul das Leben zu retten. Und du weißt es auch. Du warst dabei.«
»Das Leben zu retten?« Bastien lachte. »So nennst du das also.« Schlagartig wieder ernst zuckte er die Schultern. »Ich weiß nur, dass Raoul in die Sonne gegangen ist, weil er die Schande nicht ertragen hat.«
»Du meinst, weil sein Vater ...« Julien brach ab.
»Warum sollte ich mit dir darüber diskutieren, Bastien?«
»Du hast recht. Warum solltest du.« Bastien winkte nachlässig ab. »Bis heute Nachmittag, Princessa. - Und ich lass es dich wissen, wenn ich deinen Bruder gefunden habe,
DuCranier.«
Nach
einer
weiteren
kleinen
Verbeugung in meine Richtung schlenderte er zu dem Ferrari hinüber und glitt auf den Fahrersitz. Einen Augenblick später spritzte Kies unter den Reiten auf und der Wagen verschwand den Weg hinunter.
Julien schob mich ins Haus zurück und schloss die Tür.
Seine
Züge
waren
absolut
ausdruckslos.
»Frühstücke zu Ende. Ich gehe mich anziehen.« Selbst seine Stimme klang vollkommen gleichmütig. Meine war dafür umso gepresster.
»Was ist damals passiert?« Schweigen antwortete mir. »Julien? - Ihr kennt euch. Woher?«
Langsam sah er mich an. Um ein Haar wäre ich vor ihm zurückgewichen. Diesen Ausdruck hatte ich zuvor schon
in
seinen
Augen
gesehen:
auf
dem
Abbruchgelände; als er eben einen Typen getötet hatte, der den Fehler begangen hatte, mich anzugreiten. Und als er mir am folgenden Tag für einen kurzen Moment die andere Seite seines Wesens zeigte, nachdem ich ihm gesagt hatte, dass ich wusste, was er war. Meine Hand bebte, als ich sie nach ihm ausstreckte. Schneller, als ich reagieren konnte, hatte er Abstand zwischen uns gebracht.
»Nicht jetzt!« Dieses Mal war seine Stimme scharf. Ich ließ denArm fallen. »Julien, bitte ...«
»Wir waren Freunde, Bastien, Adrien und ich. Er war einer der wenigen, die uns auseinanderhalten konnten.«
Entsetzt starrte ich ihn an. Mit einer scharfen Geste schnitt seine Hand durch die Luft. »Das ist sechzig Jahre her. Seitdem hat er uns nur sechs-oder siebenmal zusammen gesehen. Ich bezweifle, dass er noch immer sagen kann, wer von uns wer ist; vor allem wenn er nur einem von uns gegenübersteht...« Der Blick, mit dem er mich bedachte, war hart. »Sei heute Nachmittag einfach vorsichtig, was du zu ihm sagst.«
»Und wer war dieser >Raoul Was ist passiert?«
Julien fuhr sich durch das nasse Haar und schüttelte den Kopf. »Die Geschichte ist lange her und nicht mehr von Bedeutung.«
»Nicht mehr von Bedeutung? « , echote ich ungläubig.
» Soklang das eben aber nicht.«
»Das alles liegt Jahrzehnte zurück. Es hat absolut nichts mit uns zu tun.«
»Es hat mit uns zu tun! Es ist deine Vergangenheit!«
»Mon Dieu, Dawn, kapierst du es denn nicht?« In seiner Stimme war nur mühsam unterdrückter Ärger. »Ich bin nicht stolz auf diese >Vergangenheit<. Ich habe in den letzten sechzig Jahren Dinge getan ...« Er beendete den Satz mit einem scharfen Schnauben. »Mein Leben war zu Ende. Ich habe nur noch existiert. Ein hässliches Spiel gespielt, um irgendetwas zu tun. Es gab nichts für mich. Nichts! - Dann habe ich dich getroffen. Und plötzlich konnte ich wieder träumen. Ich will nicht, dass du ...« Er presste die Lippen für eine Sekunde zu einem Strich zusammen. »Vergiss es!«
»Was ist vor sechzig Jahren passiert?«
Von einer Sekunde zur anderen war seine Miene abweisend und leer. »Nichts!«
»Bitte, Julien, was ist passiert?«
»Wir haben eine Abmachung, erinnerst du dich? - Ich will nicht darüber reden.«
O ja, ich erinnerte mich. Man hätte diese »Abmachung«
aber auch »Erpressung« nennen können. »Und warum nicht? Warum vertraust du mir nicht?«
»Das hat nichts mit Vertrauen zu tun.«
»Ach? Womit dann?
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