Das Herz Des Daemons
möglich, dass er vonjetzt an eine glühende Verteidigerin an der Schule hatte: immerhin saß Mrs Jamis im Elternbeirat.
Julien hatte sich schon den Stuhl zurückgezogen, als er innehielt und zu mir hersah. »Es sei denn, Dawn möchte gleich gehen.«
Damit hatte ich mein Stichwort. Er war ein grandioser Schauspieler. Ich nickte-, schob mir die nächste Portion Eis in den Mund und stand auf.
»Ja bitte. Ich bin ziemlich müde.«
Susan und ihre Mutter schienen zwar einen Moment etwas verblüfft ob meiner überraschenden Aufbruchsstimtnung, nahmen es aber widerspruchslos hin. Immerhin war das mit dem »müde« ja auch nicht zu abwegig, nachdem ich heute schon in der Turnhalle hatte dekorieren müssen und es inzwischen obendrein fast elf war. Ich vertilgte die Eisreste in Rekordgeschwindigkeit, während ich gleichzeitig zu Mülleimer und Spülmaschine hinüberging, wo ich Packung und Löffel entsorgte.
Keine fünf Minuten später saß ich schon auf dem Beifahrersitz der Vette. In der kalten Nachtluft fröstelnd winkte Susan mir von der Haustür aus noch einmal zu, bedachte Julien mit einem »bis Morgen auf dem Ball«, während er um den Wagen herum zur Fahrerseite ging, und zog sich dann schnell ins Haus zurück.
»Und?«, fragte ich, kaum, dass Julien hinters Steuer geglitten war, seine Tür geschlossen hatte und losfuhr. Auch wenn Susan und ihre Eltern offenbar nichts gemerkt hatten, ich kannte ihn. Seine Anspannung war für mich regelrecht spürbar. Die Bewegung, mit der er seine Brille in die Innentasche seiner Jacke schob, sagte mir überdeutlich: Er war frustriert und zornig.
»Die Adresse gehört zu einem abbruchreifen
Mietshaus, das einer Horde Clochards und Junkies als Unterschlupf dient. - Adrien war nicht dort. Ebenso wenig hatte irgendeiner vonihnen jemanden gesehen, der mir auch nur entfernt ähnelt.« Er spreizte die Hände am Lenkrad. »Allerdings waren ein paar der Junkies der Auffassung, dass ich ihnen mein Geld dalassen sollte. Und meine Jacke gleich mit.«
Ich hielt den Atem an.
Dass er ungerührt weitersprach, zog meinen Magen zusammen. »Als ich ablehnte, meinte einer von ihnen, ein Messer hervorholen zu müssen.«
Erschrocken sah ich ihn an. Er blickte weiter auf die Straße.
»Er ist ziemlich ungeschickt selbst hineingefallen.«
»Wird er ...?«
»Er ist schon. - Und ehe du fragst: Ich habe dafür gesorgt, dass sich keiner der Beteiligten an mich erinnert. Nicht dass die Cops ihnen ein einziges Wort glauben würden. - Eine Leiche mehr bei irgendwelchen Streitigkeiten
um
den
nächsten
Schuss.
Fall
abgeschlossen.«
»Bist du verletzt?«
Seine Antwort war ein Blick aus dem Augenwinkel unter gehobenen Brauen hervor. Wie konnte ich fragen!
Ein paar menschliche Junkies waren keine Gegner für einen Vourdranj. Vor allem dann nicht, wenn jemand Spielchen mit ihm spielte.
»Ich habe mir Sorgen gemacht, als du so lange nicht wiedergekommen bist.«
Julien schnaubte, doch dann nahm er meine Hand in seine und drückte sie. »Ich war kaum aus dieser Bruchbude heraus, als die nächste SMS kam. Diesmal war es ein Schrottplatz, noch mal fünfzehn Meilen nördlich von Norcross.« Natürlich. Er würde auch dieses Handy von nun an immer bei sich tragen. »Auf dem Gelände
haben
mich
zwei
frei
laufende,
zähnefletschende Vierzig-Kilo-Wachhunde erwartet.« Mit einem Kopfschütteln kam er meiner Frage zuvor. »Nein, mir ist nichts passiert. Sie waren auf der Erde und ich auf den Dächern der aufgestapelten Autos. Wir sind uns nicht in die Quere gekommen.« Für eine Sekunde schlossen seine Finger sich fester um meine, bevor er sie ans Lenkrad zurücknahm. Der Lederbezug knirschte unter seinem Griff. »Aber auch da war nichts. Nichts außer rostigem Schrott, ausgelaufenem Öl und alten Reifen.«
Obwohl seine Stimme scheinbar vollkommen gelassen klang, als er weitersprach: Ich konnte die Frustration in der Tiefe dennoch hören - und den Zorn. »Er lässt mich Phantome jagen. Und er wird es wieder tun. So lange, bis ich ihm unabsichtlich gebe, was er will. - Was auch immer das ist.«
Die Frage danach, ob er bei der nächsten SMS wieder auf die Jagd gehen würde, hatte sich vonAnfang an erübrigt. Auch wenn noch so viele sich als bösartige falsche Fährte entpuppen würden, so konnte ihn doch die nächste zu Adrien - oder wenigstens einem Hinweis - fuhren. Julien hatte keine Chance, dieses Spiel zu gewinnen: weil er in diesem Fall zu einhundert Prozent berechenbar war.
Draußen huschte der
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