Das Herz Des Daemons
hindurch. Beunruhigt stellte ich Terpentin und Creme ins Waschbecken und stand auf.
»Was ist?«
Er nahm mich überhaupt nicht wahr. Mit der Hand fuhr er sich durchs Haar, klickte weiter. »Julien?«
Erst jetzt schaute er auf. »Adrien soll in Norcross sein.«
»Was? Woher ...?« Ich sah auf das Handy. Natürlich.
»Eine SMS. Genauer gesagt, die dritte heute. Die beiden anderen kamen, während wir aufbauen waren.«
Sein Ton verriet, wie sehr es ihn ärgerte, dass er nicht auch dieses Handy stets und ständig bei sich trug - es zumindest heute nicht bei sich getragen hatte. Aber da war noch etwas ...
»Wer hat sie geschickt?«
»Die Nummer war unterdrückt. Jedes Mal.«
Jetzt wurde mir klar, was ich noch in seiner Stimme gehört hatte. Die Karte in diesem Handy gehörte Adrien. Das bedeutete, nur die Mitglieder des Rates würden versuchen meinen Leibwächter unter dieser Nummer zu erreichen. Oder jemand, der sie von ihnen bekommen hatte. Aber keinem davon würde einfallen, »Adrien« per SMS und mit unterdrückter Rufnummer mitzuteilen, wo sein Bruder sich gerade aufhielt. Außer einem ...
»Bastien?«
»Vermutlich.« Die Lippen zu einem harten Strich zusammengepresst versuchte er offenbar noch immer irgendeinen Hinweis auf den SMS-Schreiber zu finden. Schließlich gab er mit etwas, das wie ein Fluch klang, auf.
Ich ballte die Fäuste. Auch wenn wahrscheinlich keiner von uns beiden wirklich daran glaubte, dass Bastien binnen so kurzer Zeit erfolgreich gewesen war, wo Julien bisher versagt hatte: Bastien war klar, dass
»Adrien« jedem Hinweis nachgehen würde, der ihn auch nur eventuell zu seinem Bruder führte. Vor allem wenn er nicht wusste, von wem dieser Hinweis kam. Und da
»Julien« ein Todesurteil sicher war, wenn er den Fürsten in die Hände fiel ... Dieser miese Bastard!
»Du wirst hinfahren, oder?« Eigentlich war meine Frage rein rhetorisch gemeint, doch Julien zögerte.
»Was ist, wenn das Ganze ein Trick ist, um mich von dir wegzulocken?« Er umklammerte das Handy so fest, dass seine Knöchel weiß hervortraten.
Ich biss mir auf die Lippe. Möglich war es. Nach der Sache mit dem Crystal sogar wahrscheinlich. Und Julien würde mich nicht allein lassen, wenn auch nur der Hauch einer Chance bestand, dass mir während seiner Abwesenheit irgendetwas zustoßen könnte. Aber mitnehmen konnte er mich auch nicht. Schließlich wusste er nicht, was ihn in Norcross erwartete.
Konnten
Lamia
sich
irgendwelche
widerlichen
Krankheiten einfangen? Wenn ja, wünschte ich Bastien hiermit das ganze Sortiment an den Hals.
»Würde-er versuchen an mich heranzukommen,
solange ich mit irgendjemand anderem zusammen bin?«
»Ich denke nicht.« Julien musterte mich fragend.
»Dann kannst du mich zu Susan fahren - zum Kürbisschnitzen.« Sie hatte mich vorgestern schon gefragt, ob ich ihr heute Nachmittag helfen wollte, das zweite halbe Dutzend Kürbisse zu bearbeiten, das ihre Mutter Anfang der Woche in einem Halloween-KürbisAnfall zusätzlich
zu
den
bereits
vorhandenen
angeschleppt hatte. Da hatte ich zu ihrer Enttäuschung dankend abgelehnt. Auch wenn es ziemlich kurzfristig war: Sie würde mich mit offenen Armen empfangen. »Ich sage ihr nur schnell Bescheid, dass ich doch komme, und ziehe mich um. Dann können wir.«
Als ich an ihm vorbei in mein Zimmer wollte, hielt er mich am Arm zurück. Sekundenlang sah er mir schweigend in die Augen. Dann küsste er mich. Langsam und zärtlich. Dennoch vergaß ich dabei, wie man Luft holte. Entsprechend atemlos war ich, als er seinen Mund von meinem löste - und mit einem Schritt rückwärts wieder Distanz zwischen uns brachte. Schlagartig saß in meiner Kehle ein Kloß. Warum konnte er
nicht
mehr
Vertrauen
in
seine
eigene
Selbstbeherrschung haben?
Mein Lächeln misslang. Ich flüchtete in mein Zimmer, zerrte mir die Sachen vom Leib und wühlte in meinem Kleiderschrank nach etwas, das sich auch nur halbwegs zum Kürbisschnitzen eignete, während ich gleichzeitig mit Susan t telefonierte, um herauszufinden, ob sie den Kürbissen heute noch immer zu Leibe rücken wollte. Natürlich wollte sie - genau genommen war sie schon dabei, die ersten zu massakrieren - und natürlich war meine Anwesenheit und Hilfe dabei nach wie vor mehr als willkommen. Sie freute sich riesig, als ich ihr versprach gleich da zu sein. Meine Jagd im Kleiderschrank allerdings endete damit, dass ich wieder genau die Jeans und denPullover anzog, die ich mir heute schon zuvor mit
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