Das Herz des Highlanders: Roman (German Edition)
wir uns nicht bald auf den Weg machen.«
Grace schaukelte ihren Neffen, die Versuchung war groß, die Augen zu schließen und gemeinsam mit ihm einzuschlafen. Was tat sie da nur, ihn schon in diesem jungen Alter auf eine Reise mitzunehmen?
Drei Flüge, und von einem zum nächsten wurden die Flugzeuge deutlich kleiner. Ein Jet von Virginia nach Boston, eine Propellermaschine von Boston nach Bangor in Maine, und dann eine sechssitzige Sportmaschine, die wahrscheinlich Kufen hatte anstatt der Räder für den letzten Reiseabschnitt von Bangor nach Hause.
Was hoffte sie, in Pine Creek vorzufinden?
Und wie viele Lügen würde sie noch erfinden müssen, bis Marys Geist schließlich aus ihrer Asche aufstand und sie ins Hinterteil biss?
KAPITEL 3
D as Erste, was ihm an ihr auffiel, war das Baby, das sie in einem Träger auf der Brust trug. Das Zweite war das Fehlen eines Eherings.
Jenes erste kleine Detail hätte die zweite Tatsache eigentlich bedeutungslos machen sollen, aber Greylen MacKeage war noch nie vor einer Auseinandersetzung, geschweige denn einem Baby davongelaufen. Außerdem zweifelte er selten an seinem Instinkt. Nicht wenn er so stark auf eine Frau reagierte wie diesmal.
Die Härchen in seinem Nacken sträubten sich, als sie im Flughafen von Bangor auf ihn zukam. Sie wirkte verloren und müde und sah aus, als brauche sie dringend Unterstützung. Doch erst als sie zu dem Piloten mit dem ›Sutter‹-Schild in der Hand ging, wurde er wirklich hellhörig. Sie würden zusammen im selben Flugzeug nach Pine Creek sitzen.
Und das war ein Segen für Grey. Er brauchte die Ablenkung durch eine schöne Frau, um nicht daran denken zu müssen, dass er bald tausend Meter über der Erde im Himmel hängen würde, und nichts zwischen ihm und dem Boden als Luft. Er konnte sich schwer entscheiden, was schlimmer war – die zu erwartenden tausend Meter Höhe auf dem nächsten Teil seiner Flugreise von Bangor nach Pine Creek oder die zehntausend Meter Höhe, die er auf dem Flug von Chicago hierher von der Erde entfernt gewesen war. Eigentlich war es völlig egal. Egal welche von beiden Entfernungen – wenn man runterfiel, war die Erde in beiden Fällen zu hart.
»Sie sind Grace Sutter?«, fragte der ungeduldige Pilot, als sie vor ihm stehen blieb und vorsichtig ihre Taschen abstellte.
Sie nickte.
»Sind Sie verwandt mit Mary Sutter?«
Sie nickte wieder.
Grey, der ebenso ungeduldig war wie der Pilot, den Flug hinter sich zu bringen, faltete schweigend seine Zeitung zusammen, in der er gelesen hatte. Er kannte Mary auch.
»Sie sehen gar nicht aus wie Ihre Schwester«, sagte der Pilot und musterte sie skeptisch von oben bis unten, als würde er ihr nicht glauben.
Grey glaubte ihr. Diese Frau sah etwas älter aus als Mary, aber das mochte auch an dem erschöpften Zustand liegen, in dem sie sich offensichtlich befand. Ihr weich wirkendes, zerzaustes blondes Haar war länger, heller und ein wenig wilder. Die Engelform ihres Gesichts und der Rand ihres Kinns waren genau wie bei ihrer Schwester, doch sie war fast zehn Zentimeter kleiner als diese. Und ihre Augen? Na ja, sie waren von einem tieferen, flüssigeren Blau, betont von einer makellosen Haut in der Farbe frisch gefallenen Schnees. Doch wenn man die Schwestern nebeneinander stellte, hätte sogar ein Blinder die Ähnlichkeit sehen können.
Er hatte die verdammte Hoffnung, dass der Pilot nicht blind war.
Grey kannte Mary Sutter als Nachbarin. Sie besaß eine kleine Kräuterfarm auf der Westseite seines Berges. Genau das Land, das er vergeblich seit zwei Jahren hatte kaufen wollen. Den MacKeages gehörten beinah vierhunderttausend Morgen bester Maine-Wald, und das Land der Sutters lag genau an einer sehr schönen Ecke davon.
Zwei Jahre lang verkaufte Mary ihm nun schon Eier, Kräuter und sogar Ziegenkäse, aber ihr Land wollte sie ihm nicht verkaufen.
Grey hatte sie nicht weiter bedrängt. Er brauchte ihre einundsechzig Morgen nicht wirklich, wollte eigentlich nur seine
Westgrenze damit begradigen. Das Einzige, was er von Mary hatte bekommen können, außer Nahrungsmitteln, war das Versprechen gewesen, dass, falls sie sich je entschließen würde zu verkaufen, er der Glückliche sein würde.
Und so war Grey es zufrieden gewesen, dass sie gute Nachbarn waren. Als Marys Dach repariert werden musste, hatte er Morgan und Callum geschickt, um es in Ordnung zu bringen. Auch wenn sie ihn nicht um Hilfe gebeten hatte.
Mary Sutter war eine unabhängige Frau. Das hatte
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