Das Herz des Highlanders: Roman (German Edition)
und drehte den Kopf in Richtung Wohnzimmer.
Grace stand auf, nahm Michael das Baby ab und bettete es an ihrer Schulter. »Jetzt muss er ein Bäuerchen machen«, sagte sie erklärend dazu und ging langsam zur zerborstenen Küchentür, um angelegentlich durchs Fenster daneben zu sehen. »Und Marys … tja, also sie steht auf dem Tisch neben Ihnen, in der Keksdose.«
Sie schloss die Augen und wartete auf die Explosion.
Sie kam nicht. Das einzige Geräusch im Raum war das leise Knacken des Hauses unter dem zunehmenden Gewicht des Eises auf dem Dach.
Grace öffnete die Augen und beobachtete, wie Michael MacBain vorsichtig die Keksdose nahm und in den Händen hielt. Schmerz und Kummer hatten seine Züge in pure Verzweiflung verwandelt. Er versuchte, den Deckel zu öffnen, doch der rührte sich nicht.
»Ich – ich habe ihn mit Klebstoff versiegelt«, sagte Grace leise.
Als hätte er sie nicht gehört, kratzte er stur mit dem Daumen rund unter dem Deckel – bis er schließlich nachgab. Er nahm den Deckel ab, steckte die Finger in die Dose, zerbröselte
etwas der Asche zwischen seinen Fingern und ließ die Asche zurück in die Dose rieseln.
Grace wischte die Tränen ab, die ihr über beide Wangen liefen. Diesem Mann waren im wahrsten Sinne all seine Träume und Hoffnungen für die Zukunft zu Asche geworden.
Bis auf das Kind, das sie jetzt auf dem Arm hatte und von Herzen liebte.
Michaels Kummer war so herzzerreißend, dass Grace beinah schwach geworden und mit ihrem Geheimnis herausgeplatzt wäre. Sie hatte die Macht, Michael einen Teil seines Schmerzes zu nehmen, indem sie ihm seinen Sohn gab.
Und damit würde sie auch das Versprechen halten, das sie Mary gegeben hatte.
Doch ihr eigenes Herz würde zum zweiten Mal in diesem Monat brechen.
Grace ging still aus der Küche und ins untere Schlafzimmer, schloss die Tür leise hinter sich. Sie legte sich mit dem Baby aufs Bett und ließ ihren Tränen freien Lauf. Michael MacBain sollte sich in Frieden von Mary verabschieden können. Er verdiente es, dafür etwas Zeit zu bekommen.
Und sie konnte seinen Kummer nicht mehr länger mit ansehen.
KAPITEL 9
E in ohrenbetäubender Lärm ließ Grace schon im Morgengrauen wieder hochschrecken. In ihrem Hof bellte ein Hund, der etwas zu jagen schien, das noch lauter dagegen protestierte, gejagt zu werden. Ein Mann brüllte, und wenn sie nicht irrte, meckerte dazu eine Ziege.
Grace kletterte aus dem Bett und legte ein Kissen an ihren Platz, damit das Baby nicht herausrollen konnte. Sie schlüpfte in ein Paar von Marys Schuhen, das sie gestern gefunden hatte, und machte sich auf den Weg in die Küche. Anzuziehen brauchte sie sich nicht, sie hatte in den Kleidern geschlafen.
Sie öffnete die zerbrochene Küchentür genau in dem Moment, als ein Huhn in großer Panik draußen vorüberflatterte, gehetzt von einem riesigen, schwarzen Hund, der kläffend hinter ihm über das Eis schlitterte.
»Ben!«, brüllte ein Mann. »Lass den Vogel in Ruhe und komm her!«
Er knallte die hintere Klappe seines Pritschenwages zu und stieg ungerührt in das Fahrzeug ein. »Ins Auto mit dir, Ben!«, schrie er allerdings noch einmal.
Grace stolperte die Verandatreppe hinunter und wäre beinah ausgerutscht, als sie die eisbedeckte Einfahrt betrat. »Warten Sie! Was machen Sie denn hier?«, rief sie hinter dem Mann her, der gerade die Autotür schließen wollte.
Er stieg wieder aus und musterte sie, als müsse er sich verteidigen. Grace kam rutschend vor ihm zum Stehen und musste sich am Auto festhalten, um nicht auf dem Boden zu landen. Sie machte einen kleinen Schritt rückwärts.
Er roch nach Bauernhof, und so wie seine Kleider aussahen, hatte er bei seinen Tieren in der Scheune geschlafen. Sein verwittertes Gesicht war so faltig und düster rot, dass Grace nicht sicher war, ob das vom Wetter kam oder eine Kuh ihm gegen die Wange getreten hatte. Die rechte Seite seines Mundes war so ausgebeult, als hätte er einen Golfball darin.
»Ich bring Ihre verfluchten Viecher zurück«, erklärte er mürrisch und spuckte eine kräftige Portion braunen Kautabak-Saft auf den Boden.
Grace machte noch einen Schritt rückwärts.
Er hob seine kurze, schwielige Hand und zählte an den schmutzigen Fingern ab: »Drei Katzen, eine Ziege und sechzehn Hühner. Zwei sind verendet – ich werd sie nicht ersetzen. Die Hühner sind alt und legen nicht mehr genug Eier, um sich ihr Futter zu verdienen.«
»Aber … aber warum bringen Sie sie hierher?«
»Sie
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